Vampire Academy 03 ● Schattenträume
geöffnet, und Father Andrew spähte heraus. Er wirkte überrascht, aber nicht erregt. „Rose? Christian? Stimmt irgendetwas nicht?”
„Ich muss Ihnen eine Frage stellen”, antwortete ich. „Es wird nicht lange dauern.” Seine Überraschung wuchs, aber er trat beiseite, um uns einzulassen.
Wir alle blieben in der kleinen Eingangshalle der Kapelle stehen.
„Ich wollte gerade zur Nacht nach Hause gehen”, erklärte Father Andrew. „Ich habe nur noch alles abgeschlossen.”
„Sie haben mir doch erzählt, dass der Heilige Vladimir ein langes Leben gehabt und an Altersschwäche gestorben sei. Ist das wirklich wahr?”
„Ja”, sagte er langsam. „Nach meinem besten Wissen. Alle Bücher, die ich gelesen habe - eingeschlossen der letzten - behaupten das.”
„Aber was ist mit Anna?”, hakte ich nach. Ich klang so, als stünde ich am Rand eines hysterischen Anfalls. Was irgendwie auch zutraf.
„Was soll mit ihr sein?”
„Was ist aus ihr geworden? Wie ist sie gestorben?” All diese Zeit. All diese Zeit hatten Lissa und ich uns über Vlads Ende gesorgt. Über Anna hatten wir nie nachgedacht.
„Ah, hm.” Father Andrew seufzte. „Ihr Ende war nicht so gut, fürchte ich. Sie hat ihr ganzes Leben damit verbracht, ihn zu beschützen, obwohl es Hinweise darauf gibt, dass sie im Alter ebenfalls ein wenig labil wurde. Und dann....”
„Und dann?”, fragte ich. Christian blickte vollkommen ratlos zwischen dem Priester und mir hin und her.
„Und dann, einige Monate nach Vladimirs Tod, beging sie Selbstmord.” Ich presste die Augen für eine halbe Sekunde zusammen und öffnete sie dann wieder. Das war es, wovor ich mich gefürchtet hatte.
„Es tut mir leid”, sagte Father Andrew. „Ich weiß, wie genau Sie die Geschichte der beiden studiert haben. Nicht einmal ich wusste bis vor Kurzem davon, als ich es in einem Buch las. Es ist natürlich eine Sünde, sich das Leben zu nehmen.... aber, nun ja, wenn man bedenkt, wie nahe die beiden einander standen, ist es nicht schwer, sich vorzustellen, wie sie sich gefühlt haben mag, als er nicht mehr da war.”
„Und Sie sagten auch, dass sie anfing, ein wenig verrückt zu werden.”
Er nickte und breitete die Hände aus. „Es ist schwer zu sagen, was diese arme Frau gedacht haben mag. Wahrscheinlich haben eine Menge Faktoren mitgespielt. Warum war diese Frage so dringend?”
Ich schüttelte den Kopf. „Das ist eine lange Geschichte. Danke, dass Sie mir geholfen haben.”
Christian und ich waren bereits auf halbem Weg zum Wohnheim, als er schließlich fragte: „Was sollte das Ganze eigentlich? Ich erinnere mich, dass ihr zwei dieser Sache nachgegangen seid. Vladimir und Anna waren wie Lissa und du, nicht wahr?”
„Ja”, antwortete ich düster. „Hör mal, ich will mich nicht zwischen euch stellen, aber bitte, erzähl Lissa nichts davon. Nicht bevor ich mehr in Erfahrung bringen kann. Sag ihr einfach.... ich weiß nicht. Ich werde ihr erzählen, ich sei plötzlich in Panik geraten, weil ich dachte, ich hätte wieder Gemeinschaftsdienst.”
„Wir sollen sie beide belügen, hm?”
„Ich hasse es, glaub mir. Aber im Augenblick ist es das Beste für sie.”
Denn wenn Lissa wusste, dass sie mich möglicherweise wahnsinnig machte.... ja, das würde sie schwer treffen. Sie würde aufhören wollen, mit ihrer Magie zu arbeiten. Natürlich war es das, was ich mir immer gewünscht hatte.... Aber andererseits hatte ich dieses Glück in ihr gespürt, wenn sie Magie wirkte. Konnte ich ihr das wegnehmen? Konnte ich mich selbst opfern?
Es gab keine einfache Antwort, und ich durfte keine voreiligen Schlüsse ziehen. Nicht bevor ich mehr wusste. Christian fand sich bereit, die Sache geheimzuhalten, und als wir zu den anderen kamen, war ohnehin fast Sperrstunde. Uns blieb nur noch eine halbe Stunde Zeit miteinander, dann mussten wir uns alle trennen, um ins Bett zu gehen - mich eingeschlossen, da die Teilzeitregelung besagte, dass ich nachts keinen Dienst tun durfte. Das Risiko eines Strigoi-Angriffs war zu der Zeit im Allgemeinen ohnehin gering, und meine Lehrer machten sich im Augenblick mehr Sorgen darum, dass ich ordentlich schlief.
Als die Sperrstunde kam, kehrte ich also in das Dhampir-Wohnheim zurück. Und dann, als ich fast schon dort war, erschien er wieder.
Mason.
Ich blieb sofort stehen und sah mich um; ich wünschte, es wäre jemand anders bei mir gewesen, um dies mit anzusehen und die Verrückt-oder-nicht-Frage ein für alle Mal zu klären.
Weitere Kostenlose Bücher