Vampire Academy 03 ● Schattenträume
gelbe Blüten, die wie Trompeten geformt waren. Er strich sachte mit den Fingern über die Ränder einer der Blumen. „Das war der Garten meiner Großmutter.”
„Toll”, erwiderte ich und machte es mir wieder vor dem Apfelbaum bequem. Es sah so aus, als würden wir ein Weilchen hierbleiben. „Jetzt bekomm ich auch noch deine Familiengeschichte zu hören.”
„He, sie war eine coole Dame.”
„Davon bin ich überzeugt. Kann ich schon gehen?”
Sein Blick war noch immer auf die Blüten der Ranke gerichtet. „Du solltest dich nicht über die Familienstammbäume der Moroi mokieren. Du weißt nichts über deinen Vater. Wir könnten verwandt sein.”
„Würde das bedeuten, dass du mich dann in Ruhe lässt?”
Während er zu mir zurückgeschlendert kam, wechselte er das Thema, als hätte es keine Unterbrechung gegeben. „Nein, keine Sorge. Ich denke, wir stammen von verschiedenen Bäumen. Ist dein Dad nicht ohnehin Türke?”
„Ja, wenn meine Mutter recht hat.... he, starrst du meine Brust an?” Er betrachtete mich eingehend, aber sein Blick ruhte nicht länger auf meinem Gesicht. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte ihn an.
„Ich starre dein Top an”, antwortete er. „Die Farbe ist ganz falsch.”
Er streckte die Hand aus und berührte den Träger. Wie Tinte, die sich auf Papier ausbreitete, nahm der elfenbeinfarbene Stoff den gleichen satten Indigoton an wie die Blüten der Kletterpflanze. Wie ein sachkundiger Künstler, der sein Werk betrachtete, kniff er die Augen zusammen.
„Wie machst du das?”, rief ich.
„Es ist mein Traum. Hmm. Du bist keine blaue Person. Nun, zumindest nicht im Farbensinn. Versuchen wir einmal dies hier.” Das Blau leuchtete auf und wurde zu einem strahlenden Dunkelrot. „Ja, das ist es. Rot ist deine Farbe. Rot wie eine Rose, wie eine süße, süße Rose.”
„Oh Mann”, sagte ich. „Ich hatte ja keine Ahnung, dass du sogar in Träumen auf Wahnsinn umschalten kannst.” Er wurde niemals so düster und depressiv, wie Lissa es im vergangenen Jahr gewesen war, aber der Geist ließ ihn manchmal geradezu unheimlich wirken.
Er trat zurück und breitete die Arme aus. „In deiner Nähe bin ich immer verrückt, Rose. Hier, ich werde ein improvisiertes Gedicht für dich verfassen.” Er legte den Kopf in den Nacken und rief gen Himmel:
„Rose ist in Rot
Aber niemals in Blau
Scharf wie ein Dorn
Und kämpft so: Genau!”
Adrian ließ die Arme sinken und sah mich erwartungsvoll an.
„Kann ein Dorn kämpfen?”, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. „Kunst muss nicht immer einen Sinn ergeben, kleiner Dhampir. Außerdem bin ich angeblich verrückt, stimmt’s?”
„Nicht so verrückt, wie ich es bei anderen schon erlebt habe.”
„Hm”, erwiderte er und ging ein Stück weiter, um einige Hortensien zu betrachten. „Ich werde daran arbeiten.”
Ich wollte schon fragen, wann ich wieder in den Schlaf „zurückkehren” konnte, aber unser Gespräch hatte mich an etwas erinnert. „Adrian.... woher weißt du, ob du verrückt bist oder nicht?”
Er wandte sich mit einem Lächeln auf dem Gesicht von den Blumen ab. Ich konnte erkennen, dass er im Begriff war, einen Scherz zu machen, aber dann sah er mich genauer an. Das Lächeln verblasste und er wurde ungewöhnlich ernst.
„Denkst du, dass du verrückt bist?”, fragte er.
„Ich weiß nicht”, antwortete ich und sah zu Boden. Ich war barfuß, scharfe Grashalme kitzelten an meinen Füßen. „Ich habe.... Dinge gesehen.”
„Leute, die verrückt sind, fragen kaum je, ob sie verrückt sind”, bemerkte er klug.
Ich seufzte und schaute wieder zu ihm auf. „Das hilft mir nicht.”
Er kam zu mir zurück und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Ich denke nicht, dass du verrückt bist, Rose. Aber ich denke, dass du eine Menge durchgemacht hast.”
Ich runzelte die Stirn. „Was soll das heißen?”
„Es heißt, dass ich dich nicht für verrückt halte.”
„Danke. Das erhellt manche Dinge. Weißt du, diese Träume fangen wirklich an, mich zu nerven.”
„Lissa hat nichts dagegen einzuwenden”, bemerkte er.
„Du besuchst auch ihre Träume? Kennst du denn gar keine Grenzen?
„Nein, ihre Träume sind Unterricht. Sie wird lernen, wie man das macht.”
„Klasse. Also bin ich nur der Glückspilz, der sich mit deinen sexuellen Belästigungen abfinden muss.”
Er wirkte tatsächlich gekränkt. „Ich wünschte, du würdest dich nicht so benehmen, als sei ich das Fleisch gewordene
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