Vampire Academy 04
weiß? Einer der Gründe ist der, dass Nathan versprochen hat, sie zu erwecken, sobald sie ihre Zeit hier abgeleistet hat.“ Ich musste an Sydneys Warnungen denken, weshalb die Alchemisten nicht wollten, dass Menschen von Vampiren erfuhren – weil sie den Wunsch verspüren könnten, sich ebenfalls zu verwandeln. „Das ist es, was den meisten menschlichen Dienern erzählt wurde.“
„Erzählt wurde ?“
„Die meisten sind unwürdig. Oder, was häufiger vorkommt, irgendjemand bekommt Hunger und gibt dem Menschen den Rest.“
Mir war speiübel, und das hing nicht mit Dimitris Nähe zusammen. „Das ist alles so ein furchtbares Chaos.“
„Das braucht es nicht zu sein.“ Ich glaubte nicht, dass er mich abermals schütteln würde, aber in seinen Augen leuchtete ein gefährlicher Glanz. Das Ungeheuer lauerte nur knapp unter der Oberfläche. „Die Zeit läuft ab. Ich war nachsichtig, Roza. Viel nachsichtiger, als ich es mit irgendjemandem sonst gewesen wäre.“
„Warum? Warum warst du geduldiger?“ Ich wollte ihn sagen hören – ich musste ihn sagen hören –, dass er es war, weil er mich liebte, und dass er mich wegen dieser Liebe niemals zu etwas zwingen würde, das ich nicht wollte. Ich musste es hören, damit ich diese erschreckende, zornige Kreatur ausblenden konnte, die ich noch vor wenigen Minuten gesehen hatte.
„Weil ich weiß, wie du denkst. Und ich weiß, wenn ich dich mit deiner Zustimmung erwecke, wärst du eine bedeutsamere Verbündete. Du bist unabhängig und willensstark – das ist es, was dich so wertvoll macht.“
„Eine Verbündete, hm?“
Nicht die Frau, die er liebte.
Er drehte sich ein wenig, sodass sein Gesicht über meinem war. „Habe ich dir nicht einmal gesagt, dass ich immer für dich da sein würde? Ich bin hier. Ich werde dich beschützen. Wir werden zusammen sein. Wir sind dafür bestimmt, zusammen zu sein. Das weißt du.“ In seiner Stimme lag mehr Wildheit als Zuneigung.
Er küsste mich und zog mich an sich. Die vertraute Hitze durchflutete mich, und mein Körper reagierte sofort auf seinen. Doch während mein Körper das tat, schossen mir ganz andere Gedanken durch den Kopf. Ich hatte schon immer geglaubt, dass wir dafür bestimmt waren, zusammen zu sein. Und er hatte mir einmal erklärt, dass er allezeit für mich da sein werde. Auch das hatte ich mir gewünscht – aber ich wollte meinerseits auch gleichermaßen für ihn da sein. Ich wollte, dass wir einander ebenbürtig waren, dass wir dem anderen stets den Rücken deckten. Heute war es jedoch ganz anders abgelaufen. Ich war schutzlos gewesen. Schwach. Noch nie, niemals in meinem Leben war ich so schwach gewesen. Selbst in schrecklichen Situationen, in denen ich unterlegen war, hatte ich meinem Gegner einen anständigen Kampf geliefert. Zumindest hatte ich stets den Willen gehabt zu kämpfen. Heute nicht. Ich hatte Todesangst gehabt. Ich war unfähig gewesen. Ich hatte nichts anderes tun können, als jämmerlich dazusitzen und auf jemanden zu warten, der mich rettete. Ich hatte mich von einem Menschen überwältigen lassen.
Dimitri meinte, die Lösung sei, ein Strigoi zu werden. Während der letzten Woche hatte er das wieder und wieder gesagt, und obwohl ich ihm nicht zugestimmt hatte, fand ich den Gedanken nicht mehr ganz so abstoßend, wie ich es früher einmal getan hatte. In letzter Zeit war dieser Gedanke irgendwie immer da gewesen, eine entlegene Möglichkeit, wie wir zusammen sein konnten. Und ich wollte mit ihm zusammen sein, vor allem in Augenblicken wie diesem, wenn wir uns küssten und das Verlangen zwischen uns knisterte.
Aber dieses Mal … war das Verlangen nicht ganz so intensiv wie sonst. Es war immer noch da, aber ich konnte einfach das Bild nicht abschütteln, wie Dimitri sich gerade verhalten hatte. Mit erschreckender Klarheit wurde mir bewusst, dass ich mit einem Strigoi herummachte. Und das war … unheimlich.
Schwer atmend löste Dimitri sich für einen Moment von meinen Lippen und schaute mich an. Trotz seiner beherrschten Strigoi-Miene konnte ich sehen, dass er mich wollte – in mehr als einer Hinsicht. Es war verwirrend. Er war Dimitri und nicht Dimitri. Er beugte sich wieder vor, küsste meine Wange, dann mein Kinn und dann meinen Hals. Schließlich öffnete er den Mund, und ich spürte die Spitzen seiner Reißzähne …
„Nein“, stieß ich hervor.
Er erstarrte. „Was hast du gesagt?“ Mein Herz hämmerte wie wild, als ich mich auf weiteren Zorn gefasst machte.
„Ähm …
Weitere Kostenlose Bücher