Vampire Academy 04
Karton, und, Gott steh mir bei, er war voller Gartensteine.
„Das kann doch nicht wahr sein“, sagte ich. Auf der anderen Seite des Wohnzimmers blickte Jewa ausgesprochen selbstgefällig drein.
Oksana war richtig begeistert von den Geschenken. „Oh, über die Steine wird Mark sich freuen.“ Sie lächelte mich an. „Es war sehr lieb von Ihnen, all diese Dinge den ganzen Weg hierher zu tragen.“
„Schön, dass ich helfen konnte“, antwortete ich steif.
Die Hintertür wurde geöffnet, und ein Mann kam herein – vermutlich Mark. Er war hochgewachsen und stämmig, und sein graues Haar ließ darauf schließen, dass er um einiges älter war als Oksana. Er wusch sich in der Spüle die Hände und gesellte sich dann zu uns. Mir raubte es fast den Atem, als ich sein Gesicht sah und etwas noch viel Seltsameres entdeckte als den Altersunterschied. Er war ein Dhampir. Einen Moment lang fragte ich mich, ob er jemand anderer war und nicht ihr Ehemann, Mark. Doch das war der Name, mit dem Oksana ihn vorstellte, und die Wahrheit traf mich wie ein Schlag: eine Moroi und ein Dhampir, ein verheiratetes Paar. Sicher, unsere beiden Rassen ließen sich ständig miteinander ein. Aber Heirat? Das war in der Moroi-Welt ein ausgewachsener Skandal.
Ich versuchte, mir die Überraschung nicht anmerken zu lassen und mich so höflich wie möglich zu benehmen. Oksana und Mark schienen sehr interessiert an mir zu sein, obwohl sie diejenige war, die den größten Teil des Redens übernahm. Mark beobachtete nur, und die Neugier stand ihm ins Gesicht geschrieben. Ich trug das Haar offen, daher konnten meine Tätowierungen meinen unversprochenen Status nicht verraten. Vielleicht fragte er sich einfach, wie eine junge Amerikanerin mitten im Nirgendwo gelandet war. Vielleicht dachte er auch, ich sei eine neue Bluthure.
Als ich mein drittes Glas Wasser getrunken hatte, fühlte ich mich langsam besser. Etwa zu dieser Zeit schlug Oksana vor, dass wir essen sollten, und mittlerweile war mein Magen auch bereit dafür. Oksana und Mark bereiteten das Essen gemeinsam zu und lehnten alle Hilfsangebote ab.
Es war faszinierend, das Paar bei der Arbeit zu beobachten. Ich hatte noch nie ein so effizientes Team gesehen. Sie standen einander niemals im Weg und verloren kein Wort über das, was als Nächstes getan werden musste. Sie wussten es einfach. Trotz des entlegenen Fleckchens war die Einrichtung der Küche modern, und Oksana stellte eine Schale mit einer Art Kartoffelauflauf in die Mikrowelle. Mark hatte ihr den Rücken zugekehrt und stöberte im Kühlschrank, aber in dem Moment als sie auf den Startknopf drückte, sagte er: „Nein, so lange braucht es nicht.“
Ich blinzelte überrascht und ließ Blicke zwischen den beiden hin- und herwandern. Er hatte nicht einmal gesehen, welche Zeit sie eingestellt hatte. Dann begriff ich. „Sie teilen ein gemeinsames Band“, rief ich aus.
Beide sahen mich gleichermaßen überrascht an. „Ja. Hat Jewa Ihnen das nicht erzählt?“, fragte Oksana. Ich warf einen kurzen Blick auf Jewa, die wieder ihren aufreizend selbstzufriedenen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte. „Nein. Jewa war heute Morgen nicht sehr mitteilsam.“
„Die meisten Leute hier in der Gegend wissen Bescheid“, erwiderte Oksana und machte sich wieder an ihre Arbeit.
„Dann … dann sind Sie eine Geistbenutzerin.“
Das ließ sie abermals innehalten. Sie und Mark tauschten einen verwirrten Blick. „Das“, sagte sie, „ist etwas, das nicht allgemein bekannt ist.“
„Die meisten Leute glauben, sie hätten sich gar nicht spezialisiert, richtig?“
„Woher wussten Sie Bescheid?“
Weil es für Lissa und mich genauso gewesen war. In den Mythen und Legenden der Moroi hatte es schon immer Geschichten über besondere Bande gegeben, aber ihre Entstehung war stets ein Rätsel geblieben. Man glaubte gemeinhin, dass es „einfach geschah“. Wie Oksana hatte man auch Lissa schlichtweg für eine Moroi gehalten, die sich nicht spezialisiert hatte – eine, die keine besondere Begabung für ein einzelnes Element besaß. Es war uns natürlich klar, dass die Bildung eines solchen Bandes nur bei Geistbenutzern vorkam, wenn sie das Leben der anderen retteten.
Etwas in Oksanas Stimme sagte mir, dass sie nicht allzu überrascht darüber war, dass ich Bescheid wusste. Ich konnte mir jedoch keinen Reim darauf machen, wie sie dahintergekommen sein könnte, und ich war zu verblüfft über meine Entdeckung, um noch irgendetwas zu sagen. Noch nie waren
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