Vampire Academy 05
loslassen und uns zu ihnen umdrehen sollten, Anweisungen, die wir drei bei unserem Tauziehen ignorierten. Dann mussten sie Dimitri zu fassen bekommen haben. Er hielt mich zwar immer noch fest, aber sein Griff erschlaffte so weit, dass ein einziger riesiger Ruck von Eddie genügte, um mich freizubekommen. Eddie und ich blickten nicht einmal zurück, obwohl uns die Sicherheitsleute jetzt anschrien, dass wir es tun sollten.
Sie waren allerdings nicht die Einzigen, die schrien. Kurz bevor ich die Tür aufdrückte, hörte ich Dimitri nach mir rufen. In seiner Stimme schwang Gelächter mit. „Es ist noch nicht vorüber, Roza. Denkst du wirklich, es gäbe irgendeinen Ort auf dieser Welt, an den du gehen könntest und wo ich dich nicht finden kann?“ Dieselbe Warnung, es war immer wieder dieselbe Warnung.
Ich tat mein Bestes, die Furcht zu ignorieren, die diese Worte in mir weckten. Eddie und ich stürzten in die versmogte Wüstenluft hinaus und dann in den Sonnenschein, der dort noch immer herrschte, obwohl es bereits früher Abend war. Wir befanden uns auf dem Parkplatz des Luxor – der nicht bevölkert genug war, um uns dort zu verstecken. Ohne uns mit Worten verständigen zu müssen, rannten wir beide auf den belebten Strip zu; wir wussten ja, dass unsere körperlichen Fähigkeiten die jedes menschlichen Verfolgers überstiegen, und wir tauchten im Gedränge der Leute unter.
Es funktionierte. Ich bekam nicht mit, wie viele Personen uns folgten. Meiner Vermutung nach richtete das Sicherheitspersonal seine Aufmerksamkeit auf den hochgewachsenen Mann, der die Leute in dem Hotel umbrachte. Die Stimmen, die hinter uns herriefen, verklangen, und Eddie und ich verlangsamten schließlich vor New York-New York unseren Schritt. Und wieder, ohne auch nur miteinander zu reden, marschierten wir sofort ins Hotel. Es war eine verwirrende Anlage und überfüllter als das Luxor. Mühelos fügten wir uns in die Menge ein, bis wir auf der gegenüberliegenden Seite des Hotelcasinos ein leeres Stück Wand fanden.
Der Lauf war selbst für uns hart gewesen, und wir brauchten einen Moment, um wieder zu Atem zu kommen. Ich wusste, dass die Situation ernst war, als Eddie sich schließlich zu mir umdrehte und Wut in seinen Zügen zu lesen war. Eddie war immer der Inbegriff von Ruhe und Selbstbeherrschung, seit seiner ersten Entführung durch Strigoi im vergangenen Jahr. Es hatte ihn hart gemacht, hatte seine Entschlossenheit gestärkt, sich jeder Herausforderung zu stellen. Aber oh, jetzt war er ziemlich sauer auf mich.
„Was zur Hölle war das denn?“, rief er. „Du hast ihn gehen lassen!“
Ich setzte die beste unbeirrbare Miene auf, die mir zur Verfügung stand, aber er schien mich heute doch zu übertreffen. „Was, hast du etwa den Teil verpasst, bei dem ich mit dem Pflock auf ihn losgegangen bin?“
„Ich hatte sein Herz im Visier! Ich war fast am Ziel, und du hast mich aufgehalten!“
„Das Sicherheitspersonal war im Anmarsch. Wir hatten keine Zeit. Wir mussten verschwinden, und wir konnten doch wohl nicht zulassen, dass sie sahen, wie wir jemanden töteten.“
„Ich glaube nicht, dass jetzt noch irgendjemand vom Sicherheitspersonal übrig ist, der überhaupt berichten könnte, etwas gesehen zu haben“, erwiderte Eddie ruhig. Er schien zu versuchen, seine Fassung wiederzugewinnen. „Dimitri hat da drüben einen Haufen Leichen zurückgelassen. Du weißt das. Es sind Leute gestorben, weil du mir nicht erlauben wolltest, ihn zu töten.“
Ich zuckte zusammen, denn ich begriff, dass Eddie recht hatte. Es hätte dort zu Ende gehen sollen. Ich hatte nicht genau mitbekommen, wie viele Personen vom Sicherheitspersonal erschienen waren. Wie viele waren denn gestorben? Es spielte auch keine Rolle. Einzig die Tatsache, dass Unschuldige gestorben waren, schien von Belang. Selbst einer war schon zu viel. Und es war meine Schuld.
Mein Schweigen veranlasste Eddie, seinen Vorteil zu nutzen. „Wie konntest ausgerechnet du diese Lektion vergessen? Ich weiß ja, dass er dein Lehrer war – dass er es war. Aber er ist nicht mehr derselbe. Das haben sie uns doch wieder und wieder eingetrichtert: Zögert nicht. Denkt an ihn nicht als an eine reale Person.“
„Ich liebe ihn“, platzte ich heraus, ohne es zu wollen. Eddie hatte das nicht gewusst. Nur eine Handvoll Leute wusste von meiner romantischen Beziehung zu Dimitri, wusste, was in Sibirien geschehen war.
„Was?“, rief Eddie mit einem Keuchen. Seine Entrüstung hatte sich in
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