Vampire Academy 05
hatte plötzlich gesehen, mit wem ich kämpfte, und dieser Schock war zu groß für sie. Zu wissen, dass Dimitri ein Strigoi war, war eine Sache. Es aber auch zu sehen – es wirklich, wirklich zu sehen – nun, das war schon etwas anderes. Ich wusste es ja aus persönlicher Erfahrung. Selbst nachdem ich vorbereitet gewesen war, konnte mich sein Aussehen immer noch aus dem Gleichgewicht bringen. Sie war wie geblendet und nicht mehr fähig, zu denken oder sich zu bewegen.
Ich brauchte nur einen Herzschlag, um ihre Gefühle einzuschätzen, aber bei einem Kampf mit einem Strigoi konnte eine einzige Sekunde den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen. Dimitris Geplauder hatte funktioniert, und obwohl ich ihn beobachtete und auch glaubte, gewappnet zu sein, kam er durch und stieß mich gegen die Wand, dann drückte er meine Arme so schmerzhaft dagegen, dass mir der Pflock entfiel.
Er schob das Gesicht direkt vor meines, und zwar so nah, dass wir uns an der Stirn berührten. „Roza …“, murmelte er. Sein Atem fühlte sich auf meiner Haut warm und süß an. Es schien, als hätte er nach Tod oder Verwesung riechen sollen, aber das war nicht der Fall. „Warum? Warum musstest du so schwierig sein? Wir hätten die Ewigkeit zusammen verbringen können …“
Das Herz hämmerte mir in der Brust. Ich fürchtete mich, ich hatte Angst vor dem Tod, von dem ich wusste, dass er nur noch Sekunden entfernt war. Und gleichzeitig war ich voller Trauer darüber, Dimitri verloren zu haben. Sein Gesicht zu sehen, die gleiche Stimme mit dem russischen Akzent zu hören, die mich selbst jetzt noch wie Samt einhüllte … ich spürte, dass mir das Herz ganz von neuem brach. Warum nur? Warum war uns das widerfahren? Warum war das Universum so grausam?
Es gelang mir, den Schalter erneut umzulegen und einmal mehr die Tatsache auszublenden, dass dies Dimitri war. Wir waren Jäger und Beute – und gerade lief ich Gefahr, gefressen zu werden.
„Tut mir leid“, sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen, stieß hart gegen seine Brust – und schaffte es dennoch nicht, ihn abzuschütteln. „Meine Ewigkeit schließt nicht ein, Teil der untoten Mafia zu werden.“
„Ich weiß“, erwiderte er. Ich hätte schwören können, dass Traurigkeit in seinen Zügen lag, aber später redete ich mir ein, dass ich mir dies eingebildet haben müsse. „Die Ewigkeit wird einsam sein – ohne dich.“
Plötzlich erklang ein durchdringendes Kreischen. Wir zuckten beide zusammen. Geräusche, die Menschen erschrecken sollten, waren für ein empfindsames Gehör – wie wir es besaßen – die Hölle. Trotzdem konnte ich nicht umhin, Erleichterung zu verspüren. Die Feuertür. Endlich hatten diese Idioten – und ja, ich hatte keine Bedenken, meine Freunde Idioten zu nennen, wenn sie sich wie solche benahmen – das Gebäude verlassen. Ich spürte Sonnenlicht durch das Band und fand Trost darin, während sich Dimitris Reißzähne der Arterie näherten, die das Blut aus meinem Hals strudeln lassen würde.
Ich hoffte, der Alarm werde ihn ablenken, aber er war zu geschickt. Ich begann von neuem zu kämpfen und hoffte, ihn überraschen zu können, aber es war sinnlos. Was ihn dann wirklich überraschte, war Eddies Pflock, der sich in die Seite seines Bauches rammte.
Dimitri knurrte vor Schmerz und ließ mich los, um sich Eddie zuzuwenden. Eddies Gesicht wirkte hart, er zuckte mit keiner Wimper. Wenn es ihn durcheinanderbrachte, Dimitri zu sehen, ließ sich mein Freund jedenfalls nichts davon anmerken. Nach allem, was ich wusste, registrierte Eddie nicht einmal, dass dies Dimitri war. Wahrscheinlich war alles, was er sah, ein Strigoi. Genauso wurden wir ja auch ausgebildet. Seht Ungeheuer in ihnen, keine Personen.
Dimitris Aufmerksamkeit war für den Augenblick von mir abgelenkt. Er wollte meinen Tod in die Länge ziehen. Eddie war lediglich ein Ärgernis, das er sich schnell vom Hals schaffen musste, damit er das Spiel fortsetzen konnte.
Eddie und Dimitri begannen einen Tanz, ähnlich dem, den ich zuvor mit Dimitri getanzt hatte, nur dass Eddie Dimitris Kampfweise nicht so gut kannte, wie ich es tat. Daher konnte Eddie es nicht vollkommen vermeiden, dass Dimitri ihn an der Schulter packte und gegen die Wand stieß. Das Manöver war dazu gedacht gewesen, Eddies Schädel zu zerquetschen, aber Eddie gelang es, sich so weit zu bewegen, dass es sein Körper war, der die größte Wucht des Aufpralls aufnahm. Trotzdem tat es weh, aber er lebte immerhin.
Das
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