Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
an Lissas Arm, also blieb sie stehen und wäre beinahe mit einem uralten Moroi zusammengestoßen.
„Vasilisa?“ Es war Daniella Ivashkov, Adrians Mutter. Daniella war für eine Royal gar nicht so übel und hatte auch tatsächlich nichts dagegen, dass Adrian und ich eine Beziehung hatten – oder zumindest hatte sie nichts dagegen gehabt, bevor ich des Mordes angeklagt worden war. Dass Daniella unsere Beziehung tolerierte, beruhte im Wesentlichen auf der Tatsache, dass sie glaubte, Adrian und ich würden uns ohnehin trennen, sobald ich meinen Posten als Wächterin bekam. Daniella hatte außerdem einen ihrer Cousins, Damon Tarus, dazu überredet, mein Anwalt zu sein – ein Angebot, das ich jedoch abgelehnt hatte, als ich stattdessen Abe zu meinem Vertreter gewählt hatte. Ich war mir immer noch nicht ganz sicher, ob ich in diesem Punkt die beste Entscheidung getroffen hatte, aber dadurch sank ich wahrscheinlich in Daniellas Wertschätzung, was ich bedauerte.
Lissa lächelte nervös. Sie brannte darauf, sich der Prozession anzuschließen und die ganze Angelegenheit hinter sich zu bringen. „Hallo“, sagte sie.
Daniella trug tiefschwarzen Samt, und in ihrem dunklen Haar steckten sogar Spangen mit kleinen glitzernden Diamanten. Sorge und Aufregung furchten ihr hübsches Gesicht. „Haben Sie Adrian gesehen? Ich konnte ihn nirgendwo entdecken. Wir haben auch in seinem Zimmer gesucht.“
„Oh.“ Lissa wandte den Blick ab.
„Was ist denn?“ Daniella schüttelte sie beinahe. „Was wissen Sie?“
Lissa seufzte. „Ich weiß nicht genau, wo er steckt, aber ich habe ihn gestern Nacht gesehen, als er von einer Party nach Hause kam.“ Lissa zögerte, als wäre es ihr zu peinlich, den Rest auch noch zu erzählen. „Er war .... richtig betrunken. Schlimmer, als ich ihn je gesehen habe. Er war mit einigen Mädchen unterwegs, und ich weiß nicht… Es tut mir leid, Lady Ivashkov. Wahrscheinlich liegt er irgendwo und ist .... na ja, nicht bei Bewusstsein.“
Daniella rang die Hände, und ich teilte ihr Entsetzen. „Hoffentlich hat niemand etwas bemerkt. Vielleicht könnten wir sagen .... er sei von Trauer überwältigt. Es ist so viel los. Gewiss wird niemand etwas bemerken. Sie werden es ihnen so sagen, nicht? Sie werden sagen, wie außer sich er gewesen ist?“
Ich mochte Daniella, aber diese königliche Besessenheit vom eigenen Image nervte mich wirklich allmählich. Ich wusste, dass sie ihren Sohn liebte, aber momentan schien ihre Hauptsorge weniger Tatianas letzter Ruhe zu gelten als der Frage, was sich andere über einen Bruch des Protokolls denken mochten. „Natürlich“, antwortete Lissa. „Ich würde nicht wollen, dass jemand .... na ja, also ich fände es schrecklich, wenn das herauskäme.“
„Vielen Dank. Jetzt gehen Sie aber.“ Daniella deutete auf die Türen, immer noch ängstlich. „Sie müssen Ihren Platz einnehmen.“ Zu Lissas Überraschung tätschelte ihr Daniella kurz den Arm. „Und seien Sie nicht nervös. Sie werden Ihre Sache schon gut machen. Halten Sie einfach die Ohren steif.“
Die Wächter an der Tür erkannten in Lissa jemanden, der Zutritt zum Gebäude hatte, und ließen sie ein. Dort im Foyer stand Tatianas Sarg. Lissa erstarrte, plötzlich überwältigt, und vergaß beinahe, was sie hier eigentlich tat.
Allein der Sarg war schon ein Kunstwerk für sich. Aus Holz, das auf Hochglanz poliert worden war. Die Seiten zierten sorgfältig ausgeführte Gartenszenen in leuchtenden, metallischen Farben aller Schattierungen. Überall glitzerte Gold, auch an den Stangen für die Sargträger. Diese Stangen waren mit Ketten aus malvenfarbenen Rosen behangen. Es sah so aus, als würden es die Dornen und Blätter den Sargträgern schwer machen, richtig zuzufassen. Aber das war ihr Problem.
In diesem Sarg lag, auf einem Bett aus noch mehr malvenfarbenen Rosen, Tatiana selbst. Es war schon merkwürdig. Ständig sah ich Leichen. Verdammt, ich erschuf sie ja geradezu! Aber einen Leichnam zu sehen, der konserviert war und friedlich und dekorativ dalag .... na ja, das war schon unheimlich. Auch für Lissa war es ein seltsames Gefühl, insbesondere, da sie dem Tod nicht so oft begegnete wie ich.
Tatiana trug ein Gewand aus Seide, die in einem dunklen Purpurton schimmerte – das war die traditionelle Farbe für königliche Begräbnisse. Die langen Ärmel des Kleides waren in einem Muster aus kleinen Perlen kunstvoll verziert. Ich hatte Tatiana häufig in Rot gesehen – einer Farbe also, die mit
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