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Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande

Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande

Titel: Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richelle Mead
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der Familie Ivashkov zusammengebracht wurde –, und ich war dankbar für die Tradition, die ein Begräbnis in Purpurrot vorsah. Ein rotes Kleid hätte zu stark an die blutigen Bilder erinnert, die ich bei meiner Anhörung gesehen hatte, Bilder von ihr, die ich auszublenden versuchte. An ihrem Hals hingen Ketten aus Edelsteinen und weiteren Perlen, und auf ihrem ergrauenden Haar prangte eine goldene Krone, besetzt mit Diamanten und Amethysten. Irgendjemand hatte seine Sache mit Tatianas Make-up sehr gut gemacht, aber nicht einmal diese Person konnte ganz verbergen, wie weiß ihre Haut war. Moroi waren von Natur aus blass. Im Tod sahen sie aber so bleich wie Kreide aus – wie Strigoi. Das Bild traf Lissa so heftig, dass sie leicht ins Wanken geriet und den Blick abwenden musste. Der Duft der Rosen erfüllte die Luft, doch in diese Süße mischte sich ein Hauch von Verwesung.
    Die Zeremonienmeisterin entdeckte Lissa und schickte sie auf ihre Position – nachdem sie zunächst Lissas Kleiderwahl beklagt hatte. Die scharfen Worte rissen Lissa in die Wirklichkeit zurück, und sie schloss sich fünf anderen Royals auf der rechten Seite des Sarges an. Sie wollte den Leichnam der Königin nicht allzu genau betrachten und richtete daher den Blick auf einen anderen Teil des Raums. Bald erschienen die Sargträger und hoben den Sarg an den rosenverzierten Stangen hoch, legten ihn sich auf die Schultern und trugen ihn langsam zu der wartenden Menge hinaus. Die Sargträger waren allesamt Dhampire. Sie hatten formelle Anzüge angezogen, was mich zunächst verwirrte, aber dann wurde mir klar, dass sie alle Wächter bei Hofe waren – mit einer Ausnahme. Ambrose. Er sah so zauberhaft wie immer aus und starrte stur geradeaus, das Gesicht leer und ausdruckslos.
    Ich fragte mich, ob Ambrose wohl um Tatiana trauerte. Ich war ganz und gar auf meine eigenen Probleme fixiert und vergaß daher immer wieder, dass eine Person das Leben verloren hatte, die so viele geliebt hatten. Ambrose hatte Tatiana verteidigt, als ich wegen des Altersgesetzes wütend geworden war. Als ich ihn nun mit Lissas Augen beobachtete, wünschte ich mir, ich wäre dort gewesen und hätte persönlich mit ihm sprechen können. Er musste mehr über den Brief wissen, den er mir im Gerichtssaal zugesteckt hatte. Gewiss war er nicht nur der Botenjunge.
    Die Prozession setzte sich in Bewegung, und ich grübelte nicht mehr länger über Ambrose nach. Vor dem Sarg befanden sich andere Personen, die irgendeine Aufgabe bei der Zeremonie haben mussten. Royals, aufwendig ausstaffiert, blitzend und glitzernd. Uniformierte Wächter mit Bannern. Musiker mit Flöten bildeten die Nachhut und spielten eine traurige Melodie. Lissa machte einen sehr guten Eindruck bei öffentlichen Auftritten und bewältigte das langsame, gemessene Tempo mit Eleganz und Anmut, während ihr Blick Gelassenheit und Zuversicht ausstrahlte. Ich konnte ihren Körper natürlich nicht von außen sehen, konnte mir aber leicht vorstellen, was die Zuschauer wohl sehen mochten. Sie war schön und königlich, eine würdige Erbin des Vermächtnisses der Dragomirs, und hoffentlich würden das immer mehr Menschen begreifen. Wir könnten uns viel Ärger ersparen, wenn jemand auf herkömmlichem Weg das Abstimmungsgesetz änderte, sodass wir uns nicht erst auf die Suche nach einem verschollenen Geschwister begeben mussten.
    Die Begräbnisprozession dauerte lange. Die Sonne sank langsam dem Horizont entgegen, aber auch jetzt hing noch immer die Hitze des Tages in der Luft. Lissa geriet zwar ins Schwitzen, doch sie wusste, dass ihr Unbehagen nichts war im Vergleich zu dem der Sargträger. Wenn die Zuschauer die Hitze spürten, ließen sie es sich jedenfalls nicht anmerken. Sie reckten die Hälse, um einen einzigen Blick auf das Spektakel zu erhaschen, das sich da vor ihnen entfaltete. Lissa beachtete die Zuschauer nicht allzu sehr, aber ich sah deren Gesichtern an, dass sie nicht ausschließlich auf den Sarg konzentriert waren. Sie beobachteten auch Lissa. Wie ein Lauffeuer hatte sich in der Moroi-Welt verbreitet, was sie für Dimitri getan hatte, und während viele Menschen ihrer Fähigkeit zu heilen mit Skepsis begegneten, so gab es doch auch genauso viele, die daran glaubten.
    Ich nahm in der Menge Staunen und Ehrfurcht wahr, und eine Sekunde lang fragte ich mich, wen sie wohl wirklich sehen wollten: Lissa oder Tatiana?
    Schließlich kam die Kathedrale in Sicht, was Lissa mit Erleichterung aufnahm. Die Sonne tötete

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