Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
Schrift kunstvoll in den Granit gemeißelt worden. Darunter erkannte ich den Stern der Schlacht, was bedeutete, dass ich mehr Strigoi getötet hatte, als man zählen konnte. Na ja. Unter diesem Stern standen drei Zeilen auf Russisch, Rumänisch und Englisch. Ich brauchte die englische Übersetzung nicht, um zu wissen, was jede Zeile besagte, denn es war der Standard für das Grab eines Wächters: Ewiger Dienst.
Der Priester sprach die üblichen Worte, die bei einem Begräbnis gesprochen wurden, und erteilte mir den Segen einer Religion, von der ich nicht genau wusste, ob ich an sie glaubte. Das war jedoch das am wenigsten Unheimliche an der Szene, wenn man bedachte, dass ich meiner eigenen Beerdigung beiwohnte. Als der Priester fertig war, nahm Alberta seine Stelle ein. Es ist bei der Beerdigung eines Wächters ebenfalls üblich, die Leistungen des Verblichenen zu rühmen – und über meine Leistungen hatte Alberta eine ganze Menge zu sagen. Wäre ich dort gewesen, hätte mich ihre Ansprache zu Tränen gerührt. Sie beendete ihre kleine Rede mit der Beschreibung meines letzten Kampfes – und wie ich bei der Verteidigung Lissas gestorben war.
Das fand ich tatsächlich nicht so unheimlich. Ich meine, verstehen Sie mich nicht falsch – alles, was hier vor sich ging, war doch vollkommener Irrsinn. Aber realistisch gesehen erschien es durchaus sinnvoll, dass ich gestorben war, um sie zu beschützen – wäre dies tatsächlich meine eigene Beerdigung gewesen.
Lissa teilte meine Gefühle nicht. Die Neuigkeit war ein Schlag ins Gesicht für sie. Plötzlich wurde sie sich eines fürchterlichen Gefühls der Leere in ihrer Brust bewusst. Ein Teil von ihr schien verschwunden zu sein. Das Band wirkte zwar nur in einer Richtung, und doch hatte Robert geschworen, dass ihm der Verlust seines Bandgefährten furchtbare Qualen bereitet hatte. Lissa verstand ihn jetzt, diesen grauenhaften, einsamen Schmerz. Sie vermisste etwas, dessen Vorhandensein sie niemals auch nur geahnt hatte. Tränen traten ihr in die Augen.
Das ist ein Traum, sagte sie sich. Nichts weiter als ein Traum. Aber sie hatte noch nie zuvor einen Geisttraum wie diesen gehabt. Bisher hatte sie ihre Erfahrungen immer mit Adrian gemacht, und diese Träume hatten sich eher wie Telefonanrufe angefühlt.
Als die Trauergäste den Friedhof verließen, legte jemand Lissa eine Hand auf die Schulter. Christian. Dankbar warf sie sich ihm in die Arme und versuchte krampfhaft, ihr Schluchzen zu unterdrücken. Er war so wirklich und so fest. Bei ihm war sie geborgen. „Wie ist das passiert?“, fragte sie. „Wie konnte das geschehen?“
Christian ließ sie los, und seine kristallblauen Augen blickten ernster und trauriger drein, als ich es je zuvor gesehen hatte. „Du weißt, wie es passiert ist. Diese Strigoi haben versucht, dich zu töten. Sie hat sich geopfert, um dich zu retten.“
Lissa hatte zwar keine Erinnerung daran, aber das spielte jetzt keine Rolle. „Ich kann nicht .... ich kann nicht glauben, dass das geschieht.“ Diese quälende Leere in ihr schwoll an.
„Ich habe noch mehr schlechte Nachrichten“, sagte Christian.
Erstaunt sah sie auf. „Was könnte es noch Schlimmeres geben?“
„Ich gehe fort.“
„Fort .... wovon? Vom Hof?“
„Ja. Ich lasse alles zurück.“ Die Traurigkeit auf seinem Gesicht nahm zu. „Ich lasse auch dich zurück.“
Ihr fiel beinahe der Unterkiefer herunter. „Was .... was ist denn los? Was habe ich getan?“
„Nichts.“ Er drückte ihr die Hand und ließ sie los. „Ich liebe dich. Ich werde dich immer lieben. Aber du bist eben diejenige, die du bist. Du bist die letzte Dragomir. Es wird immer etwas geben, das dich mir wegnimmt .... ich würde dir nur im Weg stehen. Du musst deine Familie wieder aufbauen. Ich bin aber nicht derjenige, den du dazu brauchst.“
„Natürlich bist du das! Du bist der Einzige! Der Einzige, mit dem ich meine Zukunft aufbauen will.“
„Das sagst du jetzt, aber warte nur ab. Es gibt viel bessere Männer für dich. Du hast doch Adrians Scherz gehört. Kleine Dragomirs. Wenn du in einigen Jahren bereit bist, Kinder zu bekommen, wirst du einen ganzen Haufen brauchen. Die Dragomirs müssen wieder stark werden. Und ich? Dazu bin ich nun wirklich nicht verantwortungsbewusst genug.“
„Du würdest einen großartigen Vater abgeben“, wandte sie ein.
„Ja“, spottete er, „und ich wäre auch ein großer Gewinn für dich – die Prinzessin, die mit dem Typen aus der Strigoifamilie
Weitere Kostenlose Bücher