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Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande

Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande

Titel: Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richelle Mead
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willkommen war ihr die Schulärztin: Dr. Olendzki. Die Ärztin war jedoch nicht allein. Neben Lissa – die auf einer Untersuchungsliege saß – standen eine Therapeutin namens Deirdre und .... das war ich. Mich selbst dort zu sehen, war schon ziemlich abgefahren, aber nach dem Begräbnis gewöhnte ich mich langsam an das Ganze.
    Eine überraschende Mischung aus Gefühlen raste durch Lissa hindurch, aus Gefühlen, die sich ihrer Kontrolle entzogen. Glück darüber, uns zu sehen. Verzweiflung über das Leben. Verwirrung. Argwohn. Sie schien nicht in der Lage, an einem einzelnen Gefühl oder Gedanken festzuhalten. Es war ein ganz anderes Gefühl als das in der Ratssitzung, als sie einfach nicht fähig gewesen war, ihre Gedanken auszudrücken. Ihr Verstand war in Ordnung gewesen – sie hatte lediglich den Faden verloren. Hier gab es aber keinen Faden zu verlieren. Sie war ein geistiges Wrack.
    „Verstehen Sie?“, fragte Dr. Olendzki. Lissa vermutete, dass die Ärztin diese Frage schon einmal gestellt hatte. „Das übersteigt unsere Fähigkeiten. Medikamente helfen da nicht mehr.“
    „Glauben Sie mir, wir wollen nicht, dass Sie sich selbst verletzen. Aber da andere jetzt gefährdet sind .... also, Sie verstehen doch, warum wir etwas unternehmen müssen.“ Das war jetzt Deirdre. Ich hatte sie immer ziemlich selbstgefällig gefunden, vor allem, da ihre therapeutische Methode darin bestand, Fragen mit Gegenfragen zu beantworten. Nun aber lag in ihren Worten kein hintergründiger Humor. Deirdre meinte es todernst.
    Keines ihrer Worte ergab für Lissa einen Sinn, doch der Teil, bei dem es darum gegangen war, dass sie sich selbst verletzen könne, löste etwas in ihr aus. Sie sah auf ihre Arme hinab. Die nackt waren .... und mit Schnittwunden verschandelt. Es waren die Schnitte, die sie sich selbst zugefügt hatte, wenn der Druck durch Geist zu groß geworden war. Sie waren ihr einziges Ventil gewesen, eine schreckliche Art der Linderung. Als sie die Schnitte jetzt so ansah, erkannte Lissa, dass sie doch größer und tiefer waren als zuvor. Solche Schnittwunden waren ein Spiel mit dem Selbstmord. Sie blickte wieder auf.
    „Wen .... wen habe ich denn verletzt?“
    „Sie erinnern sich nicht?“, fragte Dr. Olendzki.
    Lissa schüttelte den Kopf und sah auf der Suche nach einer Antwort verzweifelt von einem Gesicht zum anderen. Ihr Blick fiel auf mich, und mein Ausdruck war jetzt so düster und ernst wie der von Deirdre. „Alles in Ordnung, Lissa“, sagte ich. „Es wird alles gut werden.“
    Diese Worte überraschten mich nicht. Natürlich hätte ich so etwas gesagt. Ich würde Lissa immer beruhigen. Ich würde mich immer um sie kümmern.
    „Es ist nicht wichtig“, meinte Deirdre sanft und beschwichtigend. „Wichtig ist nur, dass niemand sonst je Schaden nimmt. Sie wollen doch niemandem Schaden zufügen, oder?“
    Natürlich wollte Lissa das nicht, aber ihr gequälter Verstand schlug einen anderen Weg ein. „Sprechen Sie mit mir nicht wie mit einem Kind!“ Ihre laute Stimme erfüllte den Raum.
    „Das war auch gar nicht meine Absicht“, entgegnete Deirdre, die der Inbegriff von Geduld zu sein schien. „Wir wollen Ihnen lediglich helfen. Wir wollen, dass Ihnen nichts zustößt.“
    Paranoia drängte sich an die vorderste Front von Lissas Gefühlen. Sie war nirgendwo sicher. Das wusste sie ganz genau .... aber sonst wusste sie nichts. Außer vielleicht etwas über einen Traum. Einen Traum, einen Traum ....
    „Man kann sich in Tarasov gut um Sie kümmern“, erklärte Dr. Olendzki. „Dort wird man dafür sorgen, dass Sie es behaglich haben.“
    „Tarasov?“, sagten Lissa und ich wie aus einem Mund. Diese andere Rose ballte die Fäuste und funkelte wütend in die Runde hinein. Was wiederum eine typische Reaktion für mich war.
    „Sie wird nicht dorthin gehen“, knurrte Rose.
    „Glauben Sie etwa, wir wollen das?“, fragte Deirdre. Es war das erste Mal, dass ich ihre kühle Fassade wirklich hatte bröckeln sehen. „Wir wollen es überhaupt nicht. Aber Geist.... was er bewirkt .... uns bleibt doch keine Wahl .... “
    Bilder von unserem Ausflug nach Tarasov blitzten in Lissas Kopf auf. Diese kalten, kalten Flure. Das Stöhnen. Die winzigen Zellen. Sie erinnerte sich, die psychiatrische Station gesehen zu haben, den Teil der Anlage, in dem andere Geistbenutzer eingesperrt waren. Auf unbegrenzte Zeit eingesperrt.
    „Nein!“, rief sie und sprang von der Liege auf. „Schicken Sie mich nicht nach Tarasov!“

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