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Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande

Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande

Titel: Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richelle Mead
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meine Mutter im Zimmer gesessen hatte. Daraus konnte ich ihr keinen Vorwurf machen.
    „Darf ich mich umziehen?“, fragte Lissa.
    „Beeilen Sie sich“, sagte der Wächter.
    Sie packte das erstbeste Outfit, das sie fand, und eilte verwirrt und nervös ins Bad. Als sie wieder herauskam, hatte Christian bereits seine Jeans angezogen und griff nach seinem T-Shirt. Währenddessen musterte Eddie die Wächter, und ich konnte seine Gedanken erraten, da ich die gleichen gehabt hätte. Dieser Weckruf wirkte zwar offiziell, aber er kannte die Wächter nicht und vertraute ihnen auch nicht ganz.
    „Darf ich sie begleiten?“, fragte er.
    „Nur bis zum Prüfungsbereich“, erwiderte der zweite Wächter.
    „Was ist mit mir?“, fragte Christian.
    „Nur bis zum Prüfungsbereich.“
    Die Antworten der Wächter überraschten mich, aber andererseits begriff ich, dass es für Kandidaten wahrscheinlich üblich war, mit einem Gefolge zu ihren Prüfungen zu gehen – selbst wenn es sich um unerwartete Prüfungen handelte, die mitten in der Nacht stattfanden. Oder vielleicht erfolgte die Prüfung auch doch nicht so unerwartet. Das Gelände des Hofes war buchstäblich verlassen, aber als Lissas Gruppe ihr Ziel erreichte – ein kleines, abgelegenes altes Ziegelgebäude –, musste sie an mehreren Gruppen von Moroi vorbeigehen, die die Flure säumten. Offenbar hatte sich die Nachricht herumgesprochen.
    Die versammelten Moroi traten respektvoll zur Seite. Einige – wahrscheinlich Unterstützer anderer Familien – betrachteten sie stirnrunzelnd. Aber viele Leute lächelten ihr zu und riefen Bemerkungen über „die Rückkehr des Drachen“. Einige strichen ihr sogar über die Arme, als wollten sie Glück oder Macht von ihr abnehmen. Die Menge war viel kleiner als diejenige, die Lissa nach der ersten Prüfung begrüßt hatte. Das verringerte zwar ihre Angst, erschütterte jedoch nicht ihre frühere Entschlossenheit, die Prüfungen ernst zu nehmen. Aus den Gesichtern der Zuschauer strahlten Ehrfurcht und Neugier, und sie fragten sich offenkundig, ob Lissa vielleicht die nächste Monarchin sein mochte, die über sie herrschte.
    Eine Tür am Ende des Flurs kennzeichnete auch das Ende ihres Weges. Weder Christian noch Eddie brauchte gesagt zu werden, dass sie hier nicht weiterdurften. Lissa sah sich über die Schulter zu den beiden um, bevor sie einem der Wächter durch die Tür folgte. Die aufmunternden Gesichter der beiden jungen Männer, die ihr so viel bedeuteten, wirkten tröstlich auf sie.
    Nach dem gewaltigen Abenteuer der ersten Prüfung erwartete Lissa etwas gleichermaßen Einschüchterndes. Stattdessen hatte sie eine alte Moroi vor sich, die es sich in einem fast leeren Raum auf einem Sessel gemütlich gemacht hatte. Die Hände hatte sie im Schoß verschränkt und hielt damit einen Gegenstand fest, der in ein Tuch gewickelt war. Die Frau summte vor sich hin und machte einen sehr zufriedenen Eindruck. Wenn ich sage, alt, dann meine ich auch alt. Moroi konnten über hundert Jahre alt werden, und die Frau hatte diese Grenze offensichtlich überschritten. Ihre bleiche Haut war ein Labyrinth aus Runzeln, und ihr graues Haar wirkte strähnig und dünn. Sie lächelte bei Lissas Anblick und deutete mit dem Kopf auf einen leeren Stuhl. Ein kleiner Tisch stand daneben, darauf befand sich ein Wasserkrug. Die Wächter ließen die Frauen allein.
    Lissa sah sich um. In diesem Raum fanden sich keine weiteren Möbelstücke, und gegenüber der Tür, durch die sie gekommen war, führte eine weitere, schlichte Tür wieder aus dem Zimmer hinaus. Sie setzte sich und wandte sich dann der alten Frau zu. „Hallo“, sagte Lissa, um eine kräftige Stimme bemüht. „Ich bin Vasilisa Dragomir.“
    Das kleine Lächeln der Frau wurde breiter und zeigte ihre vergilbten Zähne. Einer ihrer Reißzähne fehlte. „Immer so ein gutes Benehmen in Ihrer Familie“, krächzte sie. „Die meisten treten herein und wollen sofort zur Sache kommen. Aber ich erinnere mich noch an Ihren Großvater. Auch er war bei seiner Prüfung sehr höflich.“
    „Sie kannten meinen Großvater?“, rief Lissa. Er war gestorben, als sie noch sehr, sehr klein gewesen war. Dann wurde ihr eine andere Bedeutung in den Worten der Frau bewusst. „Er hat für den Thron kandidiert?“
    Die Frau nickte. „Hat auch alle seine Prüfungen bestanden. Ich glaube, er hätte die Wahl sogar gewonnen, hätte er die Kandidatur nicht im letzten Augenblick noch zurückgezogen. Danach stand es auf

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