Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
Mikhail zum Parkbereich der Wächter fuhr.
„Was jetzt?“, fragte Jill.
„Jetzt stellen wir die Linie der Dragomirs wieder her und fordern eine Mörderin heraus“, erklärte ich.
„Oh, das ist alles?“ Adrians Sarkasmus war mit Händen zu greifen.
„Sie wissen doch“, bemerkte Mikhail zu mir, „sobald Ihre Illusionen fallen, werden die Wächter Sie ergreifen und wieder ins Gefängnis werfen. Oder Schlimmeres anstellen.“
Dimitri und ich wechselten einen Blick. „Das wissen wir“, sagte ich und versuchte, die Erinnerung an dieses schrecklich klaustrophobische Erlebnis zu verdrängen. „Aber wenn alles funktioniert .... dann werden wir nicht lange dort bleiben müssen. Sie werden zur Kenntnis nehmen, was wir herausgefunden haben, und uns dann schließlich freilassen.“ Ich klang wohl zuversichtlicher, als ich mich fühlte.
Sobald wir den Wagen abgestellt hatten, machten wir uns auf den Weg zu dem Gebäude, in dem sich der Ballsaal befand. So viele Leute drängten sich darum, dass es geradeso gut hätte meilenweit entfernt sein können. Wie seltsam. Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich denselben Weg genommen, mit beinahe denselben Leuten, und damals war ich noch vom Hof weggelaufen. Auch an jenem Tag hatten wir Geistmasken getragen, waren aber auf Flucht bedacht gewesen. Jetzt begaben wir uns wissentlich hinein in die Gefahr. Wenn ich unbemerkt reingelangen und meine Neuigkeiten mitteilen konnte, würde alles wie am Schnürchen ablaufen, davon war ich überzeugt. Sonyas Zauber hatte beim Besuch der Alchemisten perfekt gewirkt. Ich hatte gar keinen Grund, daran zu zweifeln, aber die Angst lauerte trotzdem in meinem Hinterkopf: Was, wenn der Zauber ganz plötzlich aufhörte zu wirken? Was, wenn die Tarnung versagte und ich entdeckt wurde, bevor wir es überhaupt bis in das Gebäude schafften? Würden sie mich verhaften? Oder würden sie einfach gleich schießen?
Die Türen waren für Zuschauer verriegelt, aber Wächtern wurde Zugang gewährt, also gelang es Mikhail wiederum, uns hineinzubringen – wobei er einen verdrossenen Adrian als Grund angab. Den Neffen der verstorbenen Königin konnte man kaum abweisen, und angesichts des Chaos in dem Gebäude waren weitere Wächter – als die Dimitri und ich ja erschienen – sehr willkommen. Adrian hielt einen Arm um Jill gelegt, als sie eintraten, und die Wächter ließen sie passieren.
Wir schlüpften vollkommen unbemerkt in den Ballsaal. Ich hatte ja die Auseinandersetzung durch Lissas Augen mitverfolgt, aber alles persönlich zu erleben, war etwas ganz anderes. Lauter. Entnervender. Meine Freunde und ich wechselten einen Blick. Ich hatte mich gegen eine große Konfrontation mit dem Publikum gewappnet – verdammt, es wäre nicht das erste Mal –, aber dies hier stellte selbst meine Fähigkeiten auf eine harte Probe.
„Wir brauchen jemanden, der die Aufmerksamkeit der Leute erregen kann“, sagte ich. „Jemanden, der sich nicht davor fürchtet, ein Spektakel zu machen – ich meine natürlich jemand anders, nicht mich selbst.“
„Mikhail? Wo sind Sie gewesen?“
Wir drehten uns um und sahen Abe vor uns stehen.
„Na, wenn man vom Teufel spricht“, sagte ich. „Genau das, was wir brauchen.“
Abe musterte mich und runzelte die Stirn. Zauber konnten durchschaut werden, wenn andere wussten, dass sie angewandt wurden. Zauber waren auch weniger effektiv, wenn andere den Träger gut kannten. So hatte mich Victor ja in Tarasov erkannt. Sonya war allerdings zu stark, als dass Abe den Zauber vollkommen hätte durchschauen können, aber er konnte schon erkennen, dass da irgendetwas nicht stimmte.
„Was ist hier los?“, fragte er scharf.
„Das Übliche, alter Herr“, erwiderte ich wohlgelaunt. „Gefahr, wahnwitzige Pläne .... du weißt schon, alles das, was bei uns so in der Familie liegt.“
Er kniff abermals die Augen zusammen, immer noch außerstande, den Zauber vollkommen zu durchschauen. Wahrscheinlich war ich nur verschwommen zu erkennen. „Rose? Bist du das? Wo bist du gewesen?“
„Wir brauchen die Aufmerksamkeit der Leute im Saal“, erklärte ich. Ich fragte mich, ob es sich wohl so anfühlte, wenn Eltern ihre Kinder dabei erwischten, dass sie später als zur vereinbarten Stunde nach Hause kamen. Er zeigte jedenfalls äußerste Missbilligung. „Wir haben eine Möglichkeit, diese Auseinandersetzung zu beenden.“
„Na ja“, warf Adrian trocken ein, „wir haben zumindest eine Möglichkeit, eine andere Auseinandersetzung zu
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