Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
Alchemisten waren eine Geheimgesellschaft von Menschen, die halfen, die Interessen von Moroi und Dhampiren zu schützen, und uns aus der Schusslinie der menschlichen Öffentlichkeit hielten.
Natürlich taten die Alchemisten das nicht aus Herzensgüte. Sie hielten uns für böse und unnatürlich und wollten im Wesentlichen dafür sorgen, dass wir eine gesellschaftliche Randgruppe blieben. Eine entflohene Verbrecherin wie ich wäre gewiss ein Problem, bei dessen Behebung sie den Moroi helfen würden.
Als Dimitri dann erneut das Wort ergriff, klang seine Stimme hart und herrisch, obwohl er den Blick nicht auf mich gerichtet hielt. Er war damit beschäftigt, den Straßenrand im Auge zu behalten. „Was du auch von den Entscheidungen hältst, die andere für dich getroffen haben, wie unglücklich du auch über diese Situation sein magst, du weißt – und ich weiß, dass du es tust –, dass ich dich nie im Stich gelassen habe, wenn unser Leben auf dem Spiel stand. Du hast mir in der Vergangenheit vertraut. Vertrau mir auch jetzt!“
Ich wollte ihm erklären, dass das nicht die volle Wahrheit war. Er hatte mich im Stich gelassen. Als er von Strigoi überwältigt worden war und damit bewiesen hatte, dass er nicht vollkommen war, hatte er mich im Stich gelassen. Denn dadurch hatte er das unmögliche, gottgleiche Bild zerstört, das ich von ihm gehabt hatte. Aber mein Leben? Nein, er hatte mich immer beschützt. Selbst als er ein Strigoi gewesen war, war ich niemals völlig davon überzeugt gewesen, dass er mich töten konnte. Auch in der Nacht des Angriffs auf die Akademie und seiner Verwandlung in einen Strigoi hatte mir Dimitri befohlen, ihm ohne Fragen zu gehorchen. Es hatte zwar bedeutet, ihn allein in den Kampf gegen die Strigoi ziehen zu lassen, aber ich hatte es getan.
„In Ordnung“, sagte ich leise. „Ich werde alles tun, was du sagst. Denk bitte nur daran, mir nicht allzu überheblich zu kommen. Ich bin nun nicht mehr deine Schülerin. Wir sind uns jetzt ebenbürtig.“
Er wandte den Blick gerade lange genug vom Straßenrand ab, um mich überrascht anzusehen. „Du warst mir doch immer ebenbürtig, Roza.“
Der Gebrauch des liebevollen russischen Kosenamens verdutzte mich dermaßen, dass ich gar nicht reagieren konnte, aber es spielte auch keine Rolle. Sekunden später war er schon wieder vollkommen sachlich. „Da! Siehst du das Kinoschild?“
Ich sah die Straße hinunter. Es gab so viele Restaurants und Geschäfte, dass ihre Schilder einen glitzernden Nebel in der Dunkelheit bildeten. Schließlich entdeckte ich, was er meinte. WESTLAND CINEMA.
„Ja.“
„Dort treffen wir uns wieder.“
Wir trennten uns also? Zwar hatte ich meine eigenen Wege gehen wollen, aber doch nicht so. Angesichts der Gefahr schien es mir plötzlich eine schreckliche Idee zu sein, dass wir uns trennen sollten. Ich hatte jedoch versprochen, keine Einwände zu erheben, und hörte weiter zu.
„Wenn ich in einer halben Stunde nicht da bin, rufst du diese Nummer an und gehst ohne mich.“ Dimitri grub einen kleinen Fetzen Papier aus seiner Manteltasche und reichte ihn mir. Darauf war eine Telefonnummer gekritzelt, und zwar eine, die ich nicht kannte.
Wenn ich in einer halben Stunde nicht da bin. Die Worte waren ein solcher Schock, dass ich diesmal nicht umhinkonnte zu protestieren. „Was meinst du damit, wenn du nicht – ah!“
Dimitri bog ein weiteres Mal abrupt ab. Dazu musste er eine rote Ampel überfahren, wobei er nur knapp eine ganze Anzahl Autos verfehlte. Weiteres Hupen folgte, aber das Manöver war zu plötzlich gekommen, als dass unsere Verfolger es uns hätten gleichtun können. Ich sah sie auf der Hauptstraße vorbeirasen, und dann leuchteten die Bremslichter auf, als sie nach einer Stelle zum Wenden suchten.
Dimitri hatte uns auf den Parkplatz eines Einkaufszentrums gebracht. Hier standen dicht an dicht die Autos, und ich sah auf die Uhr, um zu erfahren, wie spät es jetzt für Menschen war. Fast acht Uhr abends. Also noch früh am Tag für die Moroi – und zugleich die Zeit, zu der die meisten Menschen unterwegs waren. Er fuhr an einigen Eingängen zum Einkaufszentrum vorbei, wählte schließlich einen aus und stellte den Wagen auf einen Behindertenparkplatz. Mit einer einzigen fließenden Bewegung hatte er den Wagen verlassen, und ich folgte ihm genauso schnell.
„Hier trennen wir uns“, sagte er und lief auch schon auf eine Doppeltür zu. „Mach rasch, aber renn nicht, wenn wir drin sind. Errege keine
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