Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
jedoch unversehrt, und ich sah anerkennend, dass irgendwer den schwachen Versuch unternommen haben musste, den Raum zu schmücken, indem er ein paar schlechte Gemälde aufgehängt hatte, auf denen Birnen zu sehen waren. Es gab ein kleines Fenster, das sehr traurig aussah. Und nur ein einziges Bett.
Dimitri verriegelte die Tür, legte die Kette vor und setzte sich dann auf den einzigen Stuhl des Raums. Er war aus Holz und hatte auch eine gerade Rückenlehne, aber Dimitri fand ihn offenbar ungeheuer bequem. Er zeigte zwar noch immer diesen ewig wachsamen Ausdruck, aber ich erkannte ebenfalls Spuren von Erschöpfung auf seinem Gesicht. Es war auch für ihn eine lange Nacht gewesen.
Ich setzte mich auf die Bettkante. „Was jetzt?“
„Jetzt warten wir“, sagte er.
„Worauf?“
„Darauf, dass Lissa und die anderen deinen Namen reinwaschen und herausfinden, wer die Königin getötet hat.“
Ich erwartete zwar weitere Erklärungen, erhielt jedoch lediglich Schweigen. Unglauben stieg in mir auf. Ich war heute Nacht so geduldig gewesen, wie es mir nur möglich war, und war immer davon ausgegangen, dass Dimitri mich zu einer mysteriösen Mission führen würde, die bei der Aufklärung des Mordes helfen mochte. Als er sagte, dass wir warten müssten, meinte er doch gewiss nicht, dass wir einfach nur.... also lediglich warten müssten?
„Was werden wir tun?“, wollte ich wissen. „Wie werden wir ihnen helfen?“
„Wir haben es dir ja früher schon gesagt: Du selbst kannst bei Hofe doch kaum auf die Suche nach Hinweisen gehen. Du wirst dich also wohl oder übel fernhalten müssen. Du solltest in Sicherheit bleiben.“
Mir klappte der Unterkiefer herunter, und ich machte eine winkende Bewegung über den trostlosen Raum hinweg. „Was denn? Und das ist er also? Das ist der Ort, an dem du mich wegschließt? Ich habe gedacht .... Ich hatte gedacht, hier gäbe es etwas zu tun. Etwas, um zu helfen.“
„Das hilft“, erwiderte er mit dieser verdammten Gelassenheit. „Sydney und Abe haben den Ort ausgekundschaftet und sind zu dem Schluss gekommen, dass er entlegen genug ist, dass dich hier keiner bemerkt.“
Ich schoss vom Bett hoch. „Okay, mein Freund. Deine Logik hat aber einen ernsthaften Haken. Ihr benehmt euch ständig so, als würde ich helfen, indem ich mich fernhielte.“
„Ein ernsthafter Haken ist die Tatsache, dass wir dieses Gespräch wieder und wieder durchkauen. Die Antworten auf die Frage, wer Tatiana ermordet hat, liegen bei Hofe, und genau dort sind auch deine Freunde. Sie werden es schon herausfinden.“
„Ich habe doch keine Hochgeschwindigkeitsjagd mitgemacht und Staatengrenzen übersprungen, nur um mich in irgendeinem schäbigen Motel zu verkriechen! Wie lange hast du vor, mich fernzuhalten?“
Dimitri verschränkte die Arme vor der Brust. „So lange, wie es eben dauert. Wir haben die finanziellen Mittel, um auf unbegrenzte Zeit hierzubleiben.“
„Ich habe wahrscheinlich genug Wechselgeld in der Tasche, um auf unbegrenzte Zeit hierzubleiben! Aber das wird nicht passieren. Denn ich muss etwas tun. Ich werde nicht einfach so herumsitzen.“
„Das Überleben ist auch gar nicht so einfach, wie du glaubst.“
„Oh Gott“, stöhnte ich. „Du hast dich mit Abe unterhalten, nicht wahr? Weißt du, als du noch ein Strigoi warst, hast du mir geraten, mich von ihm fernzuhalten. Vielleicht hättest du lieber deinen eigenen Rat beherzigen sollen.“
Ich bedauerte die Worte, sobald sie mir über die Lippen gekommen waren, und sah in seinen Augen, dass ich ihn ernsthaft verletzt hatte. Er mochte sich bei dieser Flucht wie der alte Dimitri benehmen, aber seine Zeit als Strigoi quälte ihn noch immer.
„Tut mir leid“, murmelte ich. „Ich wollte nicht .... “
„Wir sind mit dieser Diskussion fertig“, sagte er schroff. „Lissa will, dass wir hierbleiben, also bleiben wir auch hier.“
Wut schob meine Gewissensbisse beiseite. „Deswegen tust du das? Weil Lissa es dir gesagt hat?“
„Natürlich. Ich habe geschworen, ihr zu dienen und ihr zu helfen.“
In diesem Augenblick, da rastete ich einfach aus. Es war schon schlimm genug gewesen, dass Dimitri, nachdem Lissa ihn wieder zum Dhampir gemacht hatte, geglaubt hatte, es sei in Ordnung, in Lissas Nähe zu bleiben und mich zu verschmähen. Ungeachtet der Tatsache, dass ich diejenige gewesen war, die nach Sibirien gegangen war, und dass ich diejenige gewesen war, die in Erfahrung gebracht hatte, dass Viktors Bruder Robert wusste, wie
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