Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
nichts. Wir verschwenden bloß Zeit – und davon haben wir wirklich nicht genug. Wir brauchen mehr. Die Monarchenwahlen werden doch jetzt bestimmt jeden Tag beginnen, und Tatianas Mörder könnte da ebenfalls seine Hand im Spiel haben, falls er tatsächlich einen bestimmten Plan verfolgt. Wir müssen die Wahlen verzögern – nicht nur, um dem Mörder einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen, sondern auch, um uns allen Zeit zu verschaffen, damit wir unsere Aufgaben erledigen können.“
Ich wurde dieser ganzen Geschichte allmählich müde. „Ach ja? Und wie sollen wir das anfangen, was schlagen Sie vor?“
Victor lächelte. „Wir werden Vasilisa als Kandidatin für den Thron vorschlagen.“ Angesichts dessen, dass wir es hier mit Victor Dashkov zu tun hatten, hätte mich eigentlich nichts überraschen sollen. Es war wohl tatsächlich ein Beweis für das Ausmaß seines Wahnsinns, dass er mich ständig unvorbereitet erwischte.
„Das“, erklärte ich, „ist unmöglich.“
„Eigentlich nicht“, antwortete er.
Entnervt warf ich die Hände hoch. „Haben Sie denn gar nicht auf das geachtet, wovon wir gerade gesprochen haben? Der ganze Sinn der Übung ist doch der, Lissa bei den Moroi volle Familienrechte zu verschaffen. Sie darf nicht einmal abstimmen! Wie könnte sie als Königin kandidieren?“
„Dem Gesetz nach kann sie es. So, wie es in den Statuten für die Nominierung steht, darf eine Person jeder königlichen Linie für die Position des Monarchen kandidieren. Mehr steht da nicht. Es wird nicht erwähnt, wie viele Leute in ihrer Familie sein müssen, wie beim Stimmrecht im Rat. Sie braucht lediglich drei Nominierungen – und das Gesetz sagt nicht konkret, aus welcher Familie diese Nominierungen kommen müssen.“
Victor sprach so präzise und energisch, dass er geradeso gut aus einem Gesetzbuch hätte zitieren können. Ich fragte mich, ob er eigentlich alle Gesetze auswendig gelernt hatte. Vermutlich musste man, wenn man eine Karriere als Gesetzesbrecher anstrebte, die Gesetze sogar besonders gut kennen.
„Wer auch immer dieses Gesetz verfasst hat, ist wahrscheinlich davon ausgegangen, dass die Kandidaten Familienmitglieder haben würden. Sie haben sich nur nicht die Mühe gemacht, es auch auszusprechen. Das werden die Leute sagen, wenn Lissa kandidiert. Sie werden dagegen ankämpfen.“
„Sie können dagegen ankämpfen, so viel sie wollen. Jene, die ihr einen Platz im Rat verwehren, begründen dies mit einer einzigen Zeile in den Gesetzbüchern, die ein weiteres Familienmitglied erwähnt. Wenn ihr Argument ist, dass jedes Detail zählen muss, dann werden sie bei den Wahlgesetzen ebenso genau sein müssen – die, wie ich bereits sagte, keine familiäre Unterstützung erwähnen. Das ist doch das Schöne dieses Schlupflochs. Ihre Gegner können nicht beides haben.“ Ein Lächeln verzerrte Victors Lippen, und zwar war es ein überaus zuversichtliches Lächeln. „Ich versichere Ihnen, es gibt im Wortlaut absolut nichts, was sie hindert, das zu tun.“
„Was ist mit ihrem Alter?“, bemerkte ich. „Die Prinzen und Prinzessinnen, die kandidieren, sind doch immer alt.“ Der Titel eines Prinzen oder einer Prinzessin ging an das älteste Mitglied einer Familie, und traditionellerweise war es diese Person, die für den Thron kandidierte. Die Familie konnte entscheiden, eine passendere Person zu nominieren, aber selbst dann war es – meines Wissens nach – immer jemand, der älter war – und erfahren.
„Die einzige Einschränkung in Bezug auf das Alter ist Volljährigkeit“, sagte Victor. „Sie ist achtzehn Jahre alt. Sie hat die nötige Voraussetzung. Die anderen Familien sind wesentlich zahlreicher und können somit aus einem größeren Fundus einen Kandidaten wählen. Daher nehmen sie natürlich jemanden, der erfahrener erscheint. Im Fall der Dragomirs? Na ja, das ist keine Option, nicht wahr? Außerdem hat es durchaus schon junge Monarchen gegeben. Es gab eine sehr berühmte Königin – Alexandra –, die nicht viel älter war als Vasilisa. Sehr beliebt, sehr ungewöhnlich. Ihre Statue steht neben der Kirche bei Hofe.“
Unbehaglich trat ich von einem Fuß auf den anderen. „Eigentlich .... ähm, steht sie nicht mehr dort. Sie ist irgendwie in die Luft geflogen.“
Victor starrte mich nur an. Er hatte anscheinend von meiner Flucht gehört, aber nicht von allen Einzelheiten.
„Es ist nicht besonders wichtig“, sagte ich hastig und hatte ein schlechtes Gewissen, dass ich indirekt
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