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Vampire bevorzugt

Vampire bevorzugt

Titel: Vampire bevorzugt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Gottesdienst sollte in der Episkopalkirche »Unsere Gnadenreiche« stattfinden, die in einem älteren, gediegenen Stadtviertel von Shreveport stand. Das Kirchengebäude war sehr traditionell gehalten, in grauem Stein und mit spitzem Kirchturm. In Bon Temps gab es keine Episkopalkirche, doch ich wusste, dass die Gottesdienste denen der katholischen Kirche glichen. Alcide hatte erzählt, dass sein Vater ebenfalls zu der Beerdigung kam und uns seinen Wagen überlassen hatte. »Mein Pick-up ist dem würdevollen Anlass nicht angemessen, fand mein Vater«, sagte Alcide. Und seinen Gedanken entnahm ich, dass sein Vater ihn vor allen anderen beschäftigte.
    »Wie kommt dein Vater denn dann dorthin?«, fragte ich.
    »Mit seinem anderen Wagen«, sagte Alcide geistesabwesend, als hätte er mir gar nicht richtig zugehört. Die Vorstellung, dass ein Mann zwei Autos besaß, schockierte mich ein bisschen. Meiner Erfahrung nach hatten Männer allenfalls einen Familienwagen und einen Pick-up oder einen Pick-up und einen mit Allradantrieb. Aber die kleinen Schocks dieses Tages hatten für mich erst ihren Anfang genommen. Als wir die Autobahn erreichten und in Richtung Westen abbogen, hatte sich Alcides schlechte Laune im Auto ausgebreitet. Keine Ahnung, was los war, aber es führte zu anhaltendem Schweigen.
    »Sookie«, begann Alcide plötzlich abrupt und umklammerte das Lenkrad, bis seine Knöchel weiß hervortraten.
    »Ja?« Jetzt würden unschöne Dinge zur Sprache kommen, das war so klar, dass es Alcide auch in blinkenden Buchstaben auf die Stirn hätte geschrieben sein können. Mr Innerer Konflikt.
    »Ich muss mit dir über etwas reden.«
    »Worüber? Ist irgendwas an Colonel Floods Tod suspekt?«
    Sollte mich nicht wundern!, sagte ich zu mir selbst. Aber auf die anderen Gestaltwandler war geschossen worden. Ein Verkehrsunfall war doch etwas ganz anderes.
    »Nein«, erwiderte Alcide. »Soweit ich weiß, war der Unfall einfach bloß ein Unfall. Der andere Typ hat eine rote Ampel überfahren.«
    Ich lehnte mich in den Ledersitz zurück. »Also, worum geht's?«
    »Gibt es irgendetwas, was du mir erzählen möchtest?«
    Ich gefror. »Was ich dir erzählen möchte? Was meinst du?«
    »Jenen Abend. Der Abend, an dem der Hexenkrieg stattfand.«
    Meine jahrelange Selbstkontrolle war meine einzige Rettung. »Nein, gar nichts«, sagte ich ruhig, obwohl ich meine Hände zu Fäusten geballt hatte, während ich sprach.
    Alcide sagte kein weiteres Wort. Er parkte den Wagen und kam an meine Tür, um mir herauszuhelfen, was zwar unnötig, aber sehr aufmerksam war. Ich hatte beschlossen, dass ich meine Tasche in der Kirche nicht brauchen würde, legte sie unter den Sitz, und Alcide schloss ab. Gemeinsam gingen wir auf die Kirche zu. Alcide ergriff meine Hand, eine ziemliche Überraschung für mich. Ich mochte ja eine Freundin des Rudels sein, aber offensichtlich wurde von mir erwartet, dass ich einem bestimmten Rudelmitglied noch mehr war als nur eine Freundin.
    »Da ist Dad«, sagte Alcide, als wir uns ein paar zusammenstehenden Trauernden näherten. Alcides Vater war etwas kleiner, aber er war ein ebenso bärenstarker Mann wie sein Sohn. Jackson Herveaux hatte stahlgraues statt schwarzes Haar und eine kühnere Nase. Seine Haut war olivenfarben, wie Alcides. Jackson wirkte nur viel dunkler, weil er neben einer blassen, zierlichen Frau mit schimmerndem weißem Haar stand.
    »Vater«, sagte Alcide förmlich, »darf ich vorstellen, das ist Sookie Stackhouse.«
    »Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen, Sookie.« Jackson Herveaux machte mit dem Vorstellen gleich weiter. »Das ist Christine Larrabee.« Christine, die genauso gut siebenundfünfzig wie siebenundsechzig sein konnte, sah aus wie ein Gemälde ganz in Pastelltönen. Ihre Augen waren von einem ausgewaschenen Blau, ihre feine Haut war magnolienweiß mit einem verschwindenden Anflug von Rosé und ihr weißes Haar war makellos frisiert. Sie trug ein hellblaues Kostüm, das ich persönlich erst angezogen hätte, wenn der Winter endgültig vorbei war. Aber es stand ihr hervorragend, so viel war sicher.
    »Freut mich, Sie kennen zu lernen.« Ich fragte mich tatsächlich, ob ich einen Knicks machen sollte. Alcides Vater hatte ich die Hand gegeben, aber Christine streckte ihre nicht aus. Sie nickte mir zu und lächelte liebenswürdig. Wahrscheinlich wollte sie mir keine blauen Flecken verpassen mit ihren großen Diamantringen, schloss ich nach einem verstohlenen Blick auf ihre Finger.

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