Vampire bevorzugt
überwältigt, wie unglaublich nah ich am Tod vorbeigeschrammt war.
Claudine hatte nicht nur höchstwahrscheinlich mein Leben gerettet, sondern mich auch vor so qualvollen Schmerzen bewahrt, dass ich wohl lieber gestorben wäre. Ich stand in ihrer Schuld und würde nie in der Lage sein, das wieder gutzumachen.
Womöglich war sie wirklich mein Schutzengel.
Ich stand auf und schüttelte mich. Dann griff ich nach dem Plastikwäschekorb und machte mich auf den Weg in mein neues Zuhause.
Kapitel 12
Mit dem Schlüssel, den Sam mir gegeben hatte, schloss ich auf. Ich hatte die rechte Hälfte eines Doppelhauses, die spiegelverkehrt identisch war mit jener nebenan, in der zurzeit Halleigh Robinson wohnte, die junge Grundschullehrerin und Freundin von Andy Bellefleur. Dann würde ich wohl zumindest zeitweise Polizeischutz genießen, dachte ich. Halleigh war allerdings fast den ganzen Tag nicht da, was wiederum bestens mit dem Umstand harmonierte, dass ich meist abends arbeitete.
Das Wohnzimmer war klein, und es standen ein geblümtes Sofa, ein niedriger Tisch und ein Sessel darin. Das nächste Zimmer war die Küche, die natürlich winzig, aber immerhin mit Herd, Kühlschrank und Mikrowelle ausgestattet war. Ein Geschirrspüler fehlte, aber ich hatte ohnehin noch nie einen gehabt. An dem kleinen Tisch standen zwei Kunststoffstühle.
Nachdem ich einen Blick in die Küche geworfen hatte, ging ich den kleinen Flur entlang, von dem auf der rechten Seite das größere (aber dennoch kleine) Schlafzimmer abging und auf der linken Seite das kleinere (winzige) Gästezimmer sowie das Bad. Die Tür am Ende des Flurs führte auf eine kleine Hinterveranda.
Ein Wohnhaus, das nur das Notwendigste bot, aber es war alles sehr ordentlich. Es gab Zentralheizung und eine Klimaanlage, und die Fußböden hingen nirgends durch. Ich fuhr mit der Hand die Fensterritzen entlang. Sie waren dicht. Prima. Ich durfte nur nicht vergessen, die Jalousien herunterzulassen, da ich ja jetzt Nachbarn hatte.
Ich bezog das Doppelbett im größeren Schlafzimmer und legte meine Kleider in die Schubladen der frisch gestrichenen Kommode. Dann machte ich mir eine Liste mit Dingen, die ich unbedingt brauchte: Mopp, Besen, Eimer, ein paar Putzmittel ... das hatte ich alles auf meiner hinteren Veranda aufbewahrt. Den Staubsauger würde ich von zu Hause holen. Der stand immer im eingebauten Wandschrank des Wohnzimmers und müsste also noch funktionieren. Eins meiner Telefone hatte ich bereits mitgebracht, und am besten sollte ich noch heute die Telefongesellschaft beauftragen, alle Anrufe für mich auf diesen Anschluss umzuleiten. Auch den Fernseher hatte ich mit dem Auto hertransportiert, aber mein Kabelanschluss musste ebenfalls erst freigeschaltet werden. Die Telefonate würde ich alle vom Merlotte's aus erledigen. Seit dem Brand ging ziemlich viel meiner Zeit dabei drauf, Dinge des alltäglichen Lebens zu organisieren.
Ich saß auf dem hart gepolsterten Sofa, starrte ins Leere und versuchte, an etwas Schönes zu denken, an etwas, auf das ich mich freuen konnte. Ja, in zwei Monaten würde ich schon in der Sonne liegen und mich bräunen können. Ein Lächeln trat auf meine Lippen. Ich lag sehr gern in einem knappen Bikini in der Sonne, gut eingecremt und immer nur eine Zeit lang, damit ich keinen Sonnenbrand bekam. Ich liebte den Geruch von Kokosnussöl, rasierte gern meine Beine und auch allen anderen Haare am Körper, bis meine Haut so glatt war wie ein Babypopo. Und ich will keine Vorträge darüber hören, wie schlecht das Sonnen für die Haut ist. Das ist eben mein Laster. Schließlich hat jeder eins.
Sehr viel früher schon würde ich in die Bücherei gehen und mir einen neuen Stapel Romane ausleihen; die letzte Tasche voll Bücher hatte ich heute aus meinem Haus mitgenommen und sie alle hier auf der kleinen Hinterveranda zum Lüften ausgelegt. O ja, in die Bücherei gehen - das würde mir Spaß machen.
Ehe ich zur Arbeit ging, wollte ich in meiner neuen Küche noch etwas kochen. Das erforderte eine Fahrt zum Lebensmittelladen, was länger dauerte als geplant, da ich immer wieder Dinge entdeckte, die ich sicher benötigen würde. Als ich dann die Lebensmittel in den Küchenschränken meiner Doppelhaushälfte verstaute, kam es mir so vor, als würde ich tatsächlich schon hier wohnen. Ich briet zwei kleine Schweinekoteletts braun an und stellte sie warm, erhitzte eine Ofenkartoffel in der Mikrowelle und kochte ein paar Erbsen. Wenn ich abends
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