Vampire bevorzugt
Vampiren so läuft?« Nervös und trotzig zugleich schaute sie mich erwartungsvoll an.
»Na klar«, erwiderte ich. »Essen Sie keinen Knoblauch.« Und damit wischte ich weiter den Tisch ab.
Als ich sicher sein konnte, dass sie auf die Toilette entschwunden war, drehte ich mich um und trug zwei leere Bierkrüge an die Bar. Und als ich mich erneut umwandte, stand Bill vor mir. Überrascht schnappte ich nach Luft. Bill hat dunkelbraune Haare und natürlich die weißeste Haut, die man sich vorstellen kann. Seine Augen sind genauso dunkel wie seine Haare. Jetzt starrten diese Augen in meine.
»Was wollte sie von dir?«, fragte er.
»Sie hat nach dem Weg zu den Toiletten gefragt.«
Er zog eine Augenbraue hoch und sah zu dem Schild hin.
»Sie wollte wohl einfach mal Maß nehmen«, sagte ich. »Das nehme ich jedenfalls an.« In diesem Augenblick fühlte ich mich in Bills Gegenwart seltsam wohl, ganz egal, was zwischen uns passiert war.
»Hast du ihr Angst eingejagt?«
»Ich hab's nicht mal versucht.«
»Hast du ihr Angst eingejagt?«, fragte er erneut, in ernsterem Ton.
»Nein«, entgegnete ich. »Hätte ich das etwa tun sollen?«
In gespielter Empörung schüttelte er den Kopf. »Bist du eifersüchtig?«
»Ja.« Mit der Wahrheit war ich wenigstens auf der sicheren Seite. »Ich hasse ihre dünnen Oberschenkel und ihre hochnäsige Attitüde. Hoffentlich ist sie ein grässliches Miststück und macht dich so unglücklich, dass du aufheulst, wann immer du an mich denkst.«
»Gut«, sagte Bill. »Es tut sehr gut, das zu hören.« Seine Lippen streiften meine Wange. Die Berührung seiner kühlen Haut rief Erinnerungen wach und ließ mich erzittern. Ihm erging es genauso. Ich sah den feurigen Blick seiner Augen, und seine Fangzähne begannen hervorzutreten. Dann rief Catfish Hunter, ich solle mal endlich in die Gänge kommen und ihm seinen Bourbon mit Coke bringen, und ich ließ meine erste große Liebe stehen.
Es war ein sehr, sehr langer Tag gewesen, nicht nur was körperliche Kraft und Ausdauer betraf, sondern auch emotional, hinsichtlich aller Tiefen und Untiefen. Als ich das Haus meines Bruders betrat, hörte ich Kichern und Quietschen aus seinem Schlafzimmer, und ich schloss messerscharf, dass Jason sich mal wieder auf die übliche Weise tröstete. Jason mochte vielleicht unglücklich sein, weil seine neuen Freunde ihn eines gemeinen Verbrechens verdächtigten, aber so unglücklich, dass es seine Libido beeinträchtigte, war er dann auch wieder nicht.
Ich verbrachte so wenig Zeit wie möglich im Badezimmer, ging ins Gästezimmer und schloss sorgfältig die Tür hinter mir. Heute Abend wirkte das alte Sofa sehr viel einladender als am Abend zuvor. Als ich mich in die Steppdecke wickelte und mich auf die Seite drehte, bemerkte ich, dass die Frau, mit der Jason die Nacht verbrachte, eine Gestaltwandlerin sein musste. Ich konnte es spüren, weil ein leicht pulsierendes Rot von ihrem Gehirn ausging.
Hoffentlich war es Crystal Norris. Hoffentlich hatte Jason sie irgendwie davon überzeugt, dass er mit den Schüssen nichts zu tun hatte. Wenn Jason seine Schwierigkeiten noch vergrößern wollte, brauchte er bloß Crystal zu betrügen, seine Freundin aus der Werpanther-Gemeinde. Aber so dämlich war bestimmt nicht mal Jason. Bestimmt nicht.
Nein, war er nicht. Ich traf Crystal am nächsten Morgen in der Küche, es war bereits nach zehn. Jason war schon lange weg, denn er musste um Viertel vor acht bei der Arbeit sein.
Ich trank gerade meinen ersten Becher Kaffee, als Crystal hereinstolperte, in einem T-Shirt von Jason und noch ganz verschlafen im Gesicht.
Crystal war nicht meine Lieblingsfreundin und ich nicht ihre, aber sie sagte »Morgen«, gerade höflich genug. Ich bestätigte ihr, dass es noch Morgen war, und holte einen Becher für sie aus dem Schrank. Sie verzog das Gesicht, griff nach einem Glas, füllte es mit Eiswürfeln und goss Coca-Cola darauf. Mich schüttelte es.
»Wie geht es deinem Onkel?«, fragte ich, als sie mir etwas wacher zu sein schien.
»Schon besser«, erwiderte sie. »Du solltest ihn besuchen gehen. Er freut sich, wenn du kommst.«
»Du bist hoffentlich davon überzeugt, dass nicht Jason auf ihn geschossen hat.«
»Bin ich«, sagte sie knapp. »Anfangs wollte ich nicht mit ihm sprechen, aber als er mich dann erst mal am Telefon hatte, hat er all meine Zweifel zerstreut.«
Ich hätte sie zu gern gefragt, ob die anderen Leute von Hotshot im Zweifelsfall auch zu Jasons Gunsten
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