Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Nur ein Trop
stand. Ihre Kühnheit beeindruckte mich– daheim in Mystic Falls wären nur Frauen von zweifelhaftem Ruf in eine Bar gegangen. Aber, das hatte ich schnell gelernt, New Orleans war nicht Mystic Falls.
Der Boden des Miladies war mit Sägespänen bedeckt, und der überwältigend scharfe Geruch nach Schweiß, Whiskey und Rasierwasser ließ mich unwillkürlich zusammenzucken. An den Tischen saßen Männer dicht gedrängt, Schulter an Schulter. Eine ganze Seite des Raumes wurde von Unionssoldaten bevölkert, und in einer anderen Ecke spielte ein bunt zusammengewürfeltes Orchester aus einem Akkordeonspieler, zwei Geigern und einem Flötisten eine heitere Version von » The Battle Hymn of the Republic«.
» Was denkst du?«, fragte Lexi, während sie mich zur Theke führte.
» Ist das eine Bar der Union?«, fragte ich. Die Unionsarmee hatte die Stadt vor einigen Monaten erobert, und die Soldaten sorgten nun an jeder Ecke für Ordnung und erinnerten die Konföderierten daran, dass der Krieg, in dem sie kämpften, offensichtlich verloren war.
» Ja. Du weißt, was das bedeutet, richtig?«
Ich ließ den Blick durch den Raum wandern. Abgesehen von den Soldaten gab es hier nur Einzelgänger. Männer ohne Begleitung ertränkten ihre Einsamkeit und nahmen ihre Nachbarn an den hölzernen Tischen kaum wahr. Die Bedienungen füllten mechanisch Gläser nach und schienen die Gäste, denen sie ihre Getränke ausschenkten, nicht einmal zu bemerken.
Ich verstand sofort. » Alle hier sind Fremde auf der Durchreise.«
» Genau.« Lexi lächelte, offensichtlich erfreut, dass ich begriff.
Buxton räusperte sich missbilligend. Ich wusste, dass er mich nicht mochte– dass er auf einen Fehler meinerseits wartete, damit ich doch noch gepfählt werden konnte, ohne Lexis Zorn zu erregen.
» Hugo, such uns einen Tisch!«, verlangte Lexi. Hugo bewegte seinen knochigen Körper auf einen grob gezimmerten Tisch neben dem Orchester zu. Bevor er auch nur den Mund öffnen konnte, warfen sich die blau uniformierten Soldaten an dem Tisch Blicke zu und standen auf, wobei sie ihre halbvollen Krüge zurückließen.
Lexi rückte zwei Stühle zurecht. » Stefan, setz dich neben mich.«
Ich setzte mich, und es war mir irgendwie peinlich, so fügsam wie ein Kind zu sein. Aber ich rief mir ins Gedächtnis, dass selbst der alte Hugo Lexi folgte. Sie hatte Macht, und sie wusste, wie man damit umging.
Percy, Hugo und Buxton ließen sich ebenfalls nieder.
» Los geht’s«, sagte Lexi erneut, griff nach einem der zurückgelassenen Bierkrüge und schwenkte ihn durch die Luft, gerade als die Kellnerin auf uns zukam. » Wir wollen versuchen, dir beizubringen, wie man sich in der Öffentlichkeit benimmt.«
Mein Ärger ließ meine Wangen erröten. » Ich weiß, wie man sich benimmt«, stieß ich mit zusammengebissenen Zähnen hervor. » Trotz der Tatsache, dass so viele Leute hier sind und man sich kaum konzentrieren kann.«
Percy und Hugo kicherten.
» Er ist noch nicht so weit…«, sagte Buxton säuerlich.
» Doch, das ist er.« Lexis Worte waren leise und leicht drohend. Buxton verkrampfte den Kiefer und versuchte offenkundig, sein Temperament zu zügeln. Ich rutschte auf meinem Stuhl hin und her. Plötzlich fühlte ich mich wieder wie der Zehnjährige, der von Damon gegen die Gebrüder Giffin verteidigt wurde. Nur, dass dieses Mal ein Mädchen für mich eintrat. Ich wollte gerade darauf hinweisen, dass ich Lexi nicht brauchte, um für mich zu antworten, als sie mir eine Hand aufs Knie legte. Die Berührung war sanft und beruhigte mich.
» Es wird leichter«, stellte sie fest und fing für einen Moment meinen Blick auf. » Also, Lektion Nummer eins«, sagte sie und wandte sich an die ganze Gruppe. Das war reine Nettigkeit, schließlich war ich der Einzige am Tisch, der die Finessen des Vampirdaseins noch nicht kannte. » Bei Lektion eins geht es darum zu lernen, wie man einen Bann einsetzt, ohne Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.« Sie lehnte sich zurück und musterte das Orchester. » Mir gefällt dieses Lied nicht. Stefan, welches Lied würdest du gern hören?«
» Ähm…« Ich schaute verwirrt in die Runde. Percy kicherte wieder, hörte jedoch auf, als Lexi ihn anfunkelte. » ›God Save the South‹?«, schlug ich zögernd vor. Es war das Erste, was mir einfiel, eine Melodie, die Damon immer vor sich hin gepfiffen hatte, wenn er von der Armee auf Urlaub nach Hause gekommen war.
Lexi schob ihren Stuhl zurück, wobei die Stuhlbeine die
Weitere Kostenlose Bücher