Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Nur ein Trop
nächsten, zogen an dicken Zigarren und kippten edlen Champagner herunter.
» Kennen Sie hier irgendjemanden?«, fragte ich, während wir an den exquisit gewandeten Paaren vorbeigingen.
Callie zuckte die Achseln, und ein Schatten glitt über ihre Züge. Sie sah sich im Raum um. » Sie alle hassen Vater. Sie sagen, er sei ein Unionist, der New Orleans mit seinem Geschäft ausnutzt. Und vielleicht ist er das auch, aber seine Show gibt zumindest nicht vor, etwas anderes zu sein, als sie ist«, sagte sie und reckte das Kinn vor.
Unruhig trat ich von einem Fuß auf den anderen. War das nicht genau das, was ich tat? Gab ich nicht vor, jemand zu sein, der ich gar nicht war? Ich konnte sie nicht anschauen– was, wenn sie in meinen Augen das Ausmaß meiner Lügen sah?
Ein Kellner kam mit einem Champagner-Tablett vorbei. Ich nahm zwei Gläser.
» Prost«, sagte ich und reichte eins Callie.
Während wir das prickelnde Gebräu tranken, wurden die Gespräche um uns herum mit jedem Tablett, das die Kellner herbeibrachten, lauter und ausgelassener. Die Männer bewegten sich allmählich träger und die Frauen lachten immer bereitwilliger.
» Plant Ihr Vater bereits die nächste Show?«, fragte ich und zwang einen beiläufigen Ton in meine Stimme.
» Ich nehme es an.«
» Gegen wen wird der Vampir kämpfen?«
» Das weiß ich nicht«, antwortete Callie. » Gegen ein Krokodil oder einen Tiger. Es kommt darauf an, was Vater so kurzfristig besorgen kann.«
Ich zuckte nichtssagend die Achseln. » Ich möchte eine Wette abschließen.«
» Vater will etwas Billiges. Er macht sich Sorgen, dass die Leute bei einem weiteren Kampf gegen ein Tier nicht mehr so viel Geld ausspucken werden. Es scheint, dass das Ungeheuer viel stärker ist als eine Bestie.«
» Oh«, murmelte ich und versuchte, diese Neuigkeit zu verdauen.
» Aber lassen Sie uns nicht über die Arbeit reden. Heute Abend wollen wir Spaß haben! In unserem alltäglichen Leben haben wir weiß Gott nicht genug davon.« Callies Stimme wurde melancholisch. » Apropos Spaß«, fügte sie hinzu und deutete auf eine kleine Gruppe, die durch eine Doppeltür im hinteren Teil des Salons trat, » ich glaube, die Vorstellung findet dort drüben statt.«
» Wollen wir?«, fragte ich und bot ihr meinen Arm.
Im Nebenzimmer, das viel kleiner war als der Salon, standen dicht an dicht zahlreiche Holztische. Vorne war eine Bühne errichtet worden und schwaches Kerzenlicht erhellte die Szene. Statt uns in das Gedränge der ersten Reihen zu mischen, setzten Callie und ich uns weiter hinten auf eine niedrige Bank aus rotem Samt.
Als alle Platz genommen hatten, erschien ein Zeremonienmeister auf der Bühne. Zu meiner Überraschung trug er einen Abendanzug und einen Umhang. Ich hatte damit gerechnet, dass eine Varietévorstellung lauter und größer sei, mit jeder Menge Musik und spärlich bekleideten Frauen.
» Guten Abend! Wie Sie alle sicher gehört haben, befindet sich ein Vampir in unserer Mitte«, begann er dramatisch.
Einige Zuschauer kicherten nervös. Ich warf Callie aus dem Augenwinkel einen Blick zu. War dies eine Art Falle? Wusste sie, was ich war? Aber Callie beugte sich vor, als sei sie völlig fasziniert von den Worten des Mannes.
Der Zeremonienmeister lächelte und genoss sichtlich die Spannung. » Ja, ein Vampir. Unten in diesem zweitklassigen Zirkus am See.«
Gejohle erfüllte den Raum. Callie hatte nicht übertrieben: Ihr Vater war in dieser Stadt wahrlich nicht wohl gelitten. Ich drehte mich zu ihr um, doch obwohl ihre Wangen nun so rot waren wie ihr Haar, schaute sie stur geradeaus, die Ellbogen auf die Knie gestützt.
» Wie Augenzeugen berichten, muss Gallagher seinen Vampir in Ketten legen, damit er nicht davonläuft. Aber hierher zu Madame X ist unser Vampir aus freien Stücken gekommen.«
» Wenn Sie möchten, können wir gehen«, flüsterte ich.
Callie schüttelte den Kopf und umklammerte meine Hand. Sie fühlte sich warm an auf meiner kühlen Haut, und dieses Mal stieß ich sie nicht weg. » Nein, ich will bleiben.«
Ein dünner Mann in einem schwarzen Umhang trat auf die Bühne. Sein Gesicht war weiß gepudert, und von seinen Mundwinkeln zogen sich dünne Linien unechten Blutes bis zu seinem Kinn. Er lächelte die Menge an und stellte seine ebenso unechten Reißzähne zur Schau. Ich rutschte auf meinem Platz hin und her.
» Ich bin ein Vampir und Sie alle sind meine Beute! Kommt zu mir, meine Hübschen!«, gackerte er mit übertriebener Stimme, bei
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