Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Nur ein Trop
deren Klang es mich schüttelte. Der » Vampir« stolzierte mit gebleckten Zähnen auf der Bühne herum, während er seinen Blick über das Publikum gleiten ließ. Im vorderen Teil des Raumes stand eine Frau in einem mit Perlen bestickten Gewand von ihrem Tisch auf und ging wie in Trance zur Bühne hinüber, wobei sie bei jedem Schritt ein leises Stöhnen ausstieß.
» Der Vampir hat besondere Augen, die durch Kleidung sehen können. Und diesem Vampir, meine Damen und Herren, gefällt, was er sieht!« Der Zeremonienmeister grinste das Publikum lüstern an.
Daraufhin applaudierte die Menge begeistert.
Ich sah erneut zu Callie hinüber. Hatte sie gewusst, dass dies eine Vorstellung über Vampire war?
» Aber jetzt ist der Appetit des Vampirs geweckt. Und Sie werden kaum glauben, was er tun wird, um diesen Appetit zu stillen«, fuhr der Zeremonienmeister fort, während der Vampir auf der Bühne mit den Händen in Richtung der Frau wedelte, als dirigiere er ein Orchester. Dabei intonierte ein Trompetenspieler eine langsame, klagende Melodie. Die Frau bewegte die Hüften, zuerst langsam und dann immer schneller, bis es schien, als würde sie gleich stürzen.
» Vielleicht sollte Vater unserem Vampir Tanzstunden geben«, flüsterte Callie und ihr Atem strich heiß über meine Wange.
Dann hörte der Vampir plötzlich auf zu wedeln. Die Musik brach ab und die Frau blieb stehen. Der Vampir wankte auf sie zu, ergriff den Ärmel ihres Kleides, riss ihn ab und entblößte ihren milchig weißen Arm.
» Möchten Sie heute Abend ein wenig unartig sein?«, rief der Vampir dem Publikum zu und schwenkte den Stoff in Richtung der Menge. Dann riss er den anderen Ärmel ab.
Mir krampfte sich der Magen zusammen.
» Ich frage Sie: Möchten Sie heute Abend ein wenig unartig sein?«, wiederholte er und warf den Stoff ins Publikum.
Die Menge johlte, während die Musik wieder einsetzte und die Tänzerin die Hüften erneut zu wiegen begann und ihren Rücken an dem Vampir rieb. Langsam streifte sie ihre Kleider Teil für Teil ab und warf einen Seidenstrumpf oder gar ihren Unterrock ins Publikum.
Die Musik spielte schneller, während sich auch die Tänzerin immer schneller bewegte, bis ihr Körper fast nackt war. Schließlich setzte sie sich auf einen Stuhl auf der Bühne, und der Zeremonienmeister zog ihr das letzte Stück des Oberteils herunter, sodass sie sich nur noch mit den Händen bedeckte.
» Da er eine Bestie aus der Hölle ist, kann man einen Vampir nur durch einen Pflock ins Herz aufhalten. Aber man kann ihn auch mit einem Kruzifix vertreiben…«
Daraufhin vollführte die Tänzerin pantomimisch die vergebliche Suche nach Taschen, die einen Pflock oder ein Kruzifix enthalten könnten.
Ich sackte auf der Samtbank zusammen und dachte an meine eigenen Angriffe. An Alice, an Clementine, an Lavinia, an die Krankenschwester, deren Namen ich nie erfahren würde. Diese Angriffe waren frei von Schönheit oder Romantik gewesen. Schnell, blutig, tödlich. Ich hatte ohne zu zögern ihr Leben beendet, mit roher Gewalt und Hunger nach mehr.
» Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte Callie.
Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass ich ihre Hand fest umklammert hielt. Ich lockerte meinen Griff, und sofort schmiegte sie sich enger an mich. Ihr Blut pulsierte wie süße Musik durch ihren Körper, und ihre Wärme besänftigte meine Wut. Ich entspannte mich und lehnte mich an sie und registrierte die Weichheit ihrer Stimme, als sie über die Vorstellung lachte. Callie war warm und weich und so sehr lebendig. Ich wollte, dass dieser Moment für die Ewigkeit erstarrte, dass er immer fortdauerte, nur ich und Callie und ihr schlagendes Herz. In diesem Moment brauchte ich nichts anderes, kein Blut, keine Macht, keinen D…
Mein Körper verkrampfte sich und ich richtete mich auf. Was tat ich hier? Hatte ich etwa meinen Bruder vergessen, hatte ich so schnell vergessen, was ich ihm angetan hatte?
Ich stand auf.
» Runter da vorne!«, blaffte eine Stimme einige Reihen hinter mir.
» Es– es tut mir leid. Ich muss gehen«, erklärte ich und stolperte auf die Tür zu.
» Stefan, warten Sie!«, rief Callie hinter mir her.
Aber ich lief weiter bis zur Straße und rannte den ganzen Weg bis zum Flussufer, weg von den regen Menschenmassen, weg von dem spätabendlichen Treiben. Als ich auf das kreiselnde Wasser des Mississippi hinunterstarrte, hallten Percys Worte in meinem Kopf wider. Du wirst sie entweder töten oder küssen wollen, und beides
Weitere Kostenlose Bücher