Vampire Earth 4 - Saat der Nacht
sechs von denen zu tun hat.«
»Wie viele schaffen es zu Fuß bis zum Fluss?«, fragte Valentine.
»Alle, Sir«, entgegnete Kessey. »Wir haben für den Notfall auch Tragen …«
Ein Schrei aus der Wellblechhütte unterbrach sie. Dem ersten Schrei folgte sogleich ein weiterer.
»Entschuldigen Sie mich«, sagte Valentine und eilte davon, um der Sache nachzugehen. Gebrüll mischte sich in die Schreie.
Es war das, was er befürchtet hatte. Zwei gefangengenommene Turmwachen waren in der Baracke an den Füßen aufgehängt worden. Einem lief Blut über den Leib. Inmitten des Durcheinanders von Becks befreiten Männern, die sich Waffen und alles andere schnappten, was entfernt nützlich schien, hatten ein paar rachsüchtige Gefangene
die Dinge in die eigenen Hände genommen. Zwei Frauen, hager und mit tief in den Höhlen liegenden Augen, standen in einem Kreis johlender Männer. Beide hatten Messer; eine hielt dem noch unverletzten Wachmann die abgetrennten Genitalien seines Kameraden vor die Nase. Einige der männlichen Gefangenen waren gerade dabei, einem anderen Mann mit einer blutenden Beinwunde die Beine zusammenzubinden, um ihn ebenfalls an das Deckengestänge zu hängen, als der kastrierte Mann starb.
»Aufhören!«, brüllte Valentine. »Lieutenant Nail!«
Nail saß auf einem umgekippten Schreibtisch, rauchte eine erbeutete Zigarre und sah sich die Schau an. »Wenn Sie sich mit diesen Wildkatzen anlegen wollen, dann nur zu«, sagte Nail.
»Nail, Sie werden abgelöst. Sergeant Rain!«
»Sie werden mich auch ablösen lassen müssen, Sir«, sagte Rain.
Valentine ging zu der Frau mit dem blutigen Messer. Sie hatte bereits die Hose des nächsten Mannes geöffnet, der stammelnd um Gnade bettelte. Valentine warf einen Blick auf das rote, verzerrte Gesicht und streckte die Hand aus. »Sie da, geben Sie mir das.«
Sie wollte ihm mit einem Lächeln die Trophäe überreichen. Valentine war übel. Es erging ihm wie manchen Leuten, die beim Anblick des Blutes einer anderen Person ohnmächtig werden, eine pulsierende Wunde am eigenen Körper aber ungerührt verbinden können. Es war noch nicht so viele Monate her, da war er derjenige gewesen, der Tote verstümmelt hatte. Er hob die Hand, um das glitschige Ding wegzustoßen, damit die anderen es nicht länger sehen konnten …
Sie zuckte zusammen, und in ihren Augen stand die Furcht eines Menschen, der geschlagen worden war, viele Male. Valentine spürte eine feste Hand auf seinem Arm.
»Mister Bär«, sagte die andere Frau. Sie hatte weit auseinanderstehende, große Augen unter kurzem weißem Haar und einen harten Zug um das Kinn. »Yolanda muss ständig eine Windel tragen. Diese Kerle haben sie zu mehreren vergewaltigt. Sie haben gesagt, ihr Arsch wäre zu eng. Also haben sie ein Messer genommen und ihn weiter aufgeschnitten. Der Mann, der gerade verblutet ist, hat das Messer gehabt, und dieser andere Haufen Scheiße hat geholfen, sie festzuhalten.«
»Ich war das nicht, Sir«, sagte der kopfüber hängende Mann. »Wir haben uns anständig ergeben.«
Valentine schaute in die gehetzt blickenden Augen der Frau, die seinen Arm festgehalten hatte, und dann in Yolandas Gesicht. Er studierte ihr Profil; ihre dunklen, schönen Züge erinnerten ihn an die seiner Mutter an einem anderen Ort zu einer anderen Zeit.
»Das ist Gerechtigkeit, Sir«, sagte Nail.
»Nein. Das ist nicht Gerechtigkeit, es ist Rache.« Er musterte das rot angelaufene Gesicht des Wachmanns. »Sie haben sich entschlossen, wie ein Barbar zu leben, Soldat. Darum werden Sie auch wie einer sterben. Nail, ich gehe raus und rede mit Lieutenant Zhao. In fünfzehn Minuten bin ich wieder da. Ich will, dass alle Gefangenen bis dahin abmarschbereit sind.«
Als Valentine hinausging, hörte er, wie Yolandas Freundin zu dem aufgehängten Mann sagte: »Fünfzehn Minuten. Junge, du kommst leicht davon.«
Sie verließen das Lager. Einer von Zhaos Zügen marschierte vor den befreiten Gefangenen, einer hinter ihnen, und der dritte verteilte sich zu beiden Seiten. Einige von Zhaos Männern hatten es fertiggebracht, ihre Schärpen aus rotem Absperrband zu verlieren. Abseits der Kolonne, in einer Finsternis, die zu Valentines Stimmung
passte, kundschafteten Nail und seine Bären die Umgebung aus.
Valentine ging neben Zhao. Der Lieutenant hatte Mist gebaut, und Valentine war so wütend, dass er ihn gern nach Strich und Faden zusammengeschissen hätte. Das hätte Valentine eine Chance gegeben, etwas Dampf abzulassen,
Weitere Kostenlose Bücher