Vampire küssen besser
mehr sehen würde. J rief noch einmal an, um mir zu sagen, dass seine Leute über das ganze Gelände verteilt seien und sich Stoßtrupps an den Ausgängen befanden. Der Wagen mit den Terroristen, setzte er hinzu, würde in zehn Minuten erwartet. Es goss noch immer in Strömen. Ich stellte mich in eine dunkle Ecke und versuchte, mein Bauchgefühl zu ignorieren. Es wollte mir sagen, dass mit Sicherheit irgendetwas schiefgehen würde. Irgendwo da draußen befand sich unter Tausenden von Containern eine Waffe mit verheerender Wirkung, und ich spürte die eiskalte Panik, die mir über die Wirbelsäule hoch zum Nacken kroch.
Ich starrte auf die Kellogg Street und wartete auf Cormac. Viel sehen konnte ich bei dem Regen nicht, und da der Wind mir in den Ohren sang, konnte ich auch nichts hören. Deshalb entgingen mir die Schritte, die von hinten kamen, und der Schlag in den Rücken traf mich wie aus dem Nichts. Ich stürzte zu Boden, versuchte benommen, wieder auf die Füße zu kommen, doch da wurde eine Plane über mich geworfen und etwas Schweres, Metallisches darumgezurrt. Ich konnte mich nicht befreien, ganz gleich, wie sehr ich versuchte, meine Kräfte zu mobilisieren. Himmel noch mal, dachte ich, wer auch immer sich die Operation ausgedacht hatte, war ein Schwachkopf gewesen. Die Terroristen hatten sich keineswegs als einsames Kommando auf den Weg gemacht, sondern im Hafen Leute stationiert, Komplizen, die sie erwarteten – und denen ich ins Netz gegangen war.
Wie ein Sack wurde ich von zwei oder drei arabisch sprechenden Männern hochgehievt. Sie klangen besorgt und aufgeregt und wussten offenbar nicht, was sie mit mir anfangen sollten. Nach einigem Hin und Her beschlossen sie, mich ins Wasser zu werfen, ein Gedanke, der mir nicht sonderlich gefiel. Gleich darauf setzten sie sich mit mir in Trab. Wieder versuchte ich, mich aus der Plane freizukämpfen, und hatte es fast geschafft, als ich merkte, dass ich fiel – und dann schlug ich platschend im kalten, ölverpesteten Hafenwasser der Newark Bay auf.
Ich ging unter wie ein Stein. Es war, als wäre ich in flüssiges Eis gestürzt, in dem ich tiefer und tiefer sank, wie in einem Alptraum, doch leider war er Wirklichkeit. Als ich auf dem Boden auftraf, hatte sich die Plane gelockert. Die Verschnürung, die sich als schwere Metallkette erwies, hatte sich gelöst, doch es dauerte noch einen Moment, bis ich mich aus der Plane gewunden hatte. Meine Lungen schrien nach Sauerstoff, und es kostete mich große Überwindung, nicht nach Atem zu ringen. Zu den Besonderheiten meiner Unsterblichkeit gehört, dass ich mich stets rasch erhole, sei es von Verletzungen oder sonstigen körperlichen Schwierigkeiten, doch währenddessen bin ich außer Gefecht. Hätte ich die Lungen voll mit verdrecktem Meerwasser gehabt, wäre ich vermutlich nicht nur für eine, sondern mehrere Nächte schachmatt gewesen.
Ich trat das letzte Stück Plane fort und schwankte mit der Strömung über den Boden des Hafenbeckens, bis ich mir schließlich befahl, nach oben zu schwimmen, und kurz darauf die Wasseroberfläche durchbrach. Selbst da fiel es mir schwer zu atmen, denn der Regen fiel noch immer wie aus Eimern und floss mir in Augen, Nase und Mund. Auf der Stelle Wasser tretend, reckte ich den Hals so hoch wie möglich, schnappte nach Luft und versuchte mich zu orientieren, aber die Wellen schlugen mir ins Gesicht und schoben mich erbarmungslos zurück. Aus dem Wasser konnte ich mich nicht erheben. Meine einzige Hoffnung war, an den Rand des Hafenbeckens zu gelangen.
Die Strömung der Newark Bay ist jedoch tückisch und stark. Sie zerrte an mir, zog mich von der Stelle fort, an der ich eingetaucht war. Ich paddelte durch Ölpfützen und Unrat, die von den vor Anker liegenden Containerschiffen stammten, und würgte angesichts des Gestanks. Vor mir flimmerte das orangefarbene Licht der Natriumdampflampen, und ich sagte mir, dass am Rand des Hafenbeckens hier und da Stufen sein müssten. Schließlich arbeiteten hier Menschen, von denen gelegentlich gewiss auch mal einer ins Wasser fiel. Angestrengt versuchte ich, irgendwo Anzeichen einer Leiter zu erkennen.
Seit beinahe fünfhundert Jahren hatte ich dank meiner Findigkeit und meines Glücks überlebt, es durfte einfach nicht sein, dass mich beides an diesem Abend verließ. Kostbare Minuten vergingen, während ich versuchte, zum Hafenufer zu gelangen, doch ebenso wie die Wellen mich vorstießen, rissen sie mich auch zurück. Mit einem Mal ragte eine
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