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Vampire küssen besser

Vampire küssen besser

Titel: Vampire küssen besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Russe
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langgestreckte Mauer vor mir auf, der ich verzweifelt entgegenschwamm, aber die Wellen schlugen über mir zusammen und drückten mich hinab. Ein ums andere Mal prallte ich gegen dicke Pfeiler aus Beton, bis es mir zuletzt gelang, mich an einem festzuklammern. Er war glitschig – ein schleimiger Belag, der von spitzen Muscheln durchsetzt war. Lange Zeit konnte ich mich nicht daran festhalten. Ich würde mir die Hände aufreißen, die zu allem Überfluss steif und taub vor Kälte waren.
    Ich merkte, dass ich bereits unterkühlt war, denn meine Gedanken wurden träge, meine Glieder schwer und matt. Verträumt bemerkte ich, dass ich meine Hände und Füße nicht mehr spürte, und überlegte, ob sich so der Tod anfühlte. Aber dann wurde ich gegen den nächsten Betonträger geschleudert, und der Schmerz, gepaart mit einem kräftigen Schub Adrenalin, beendete meinen sanft schwebenden Zustand. Hektisch Wasser tretend, schaute ich umher, und endlich erblickte ich vor mir ein Stück Leiter, nicht mehr als fünfzig Meter entfernt. Ich warf mich nach vorn, trat mit den Füßen und benutzte meine Flügel wie Ruder. Mit einem Rums krachte ich gegen den nächsten Pfeiler. Herrgott, Daphne, dachte ich, sieh dich doch vor. Beim nächsten Aufprall könntest du bewusstlos werden, und dann wäre endgültig Feierabend.
    Mit der letzten Energie, die mir noch geblieben war, schwamm ich auf die Leiter zu. Mit einer Hand packte ich eine Stufe und hielt mich krampfhaft fest. Die Wellen wollten mich mit einer Wucht losreißen, die ich bis in die Schultergelenke spürte. Ich verstärkte meinen Griff, zog mich dichter an die Leiter heran und krallte mich mit der anderen Hand an die Stufe. Schwerfällig stieg ich nach oben.
    Mein Fell war klatschnass, ebenso meine Flügel, die schwer an mir herabhingen. Meine Füße waren wie abgestorben, und mir war kalt wie nie zuvor. Ächzend und keuchend nahm ich eine glitschige Stufe nach der anderen, nur noch beseelt von dem Gedanken, nicht auszurutschen. Ich wusste, wenn ich hinunterfiele, konnte ich bis Tagesanbruch im Wasser treiben. Mag sein, dass ich nicht sterben, sondern lediglich in ein Koma fallen würde, aber eine schöne Aussicht war das nicht.
    Weiß der Henker, wie es aussah, als ich langsam am Hafenbecken auftauchte: eine riesenhafte Fledermaus, die sich triefnass an einer Leiter hochhangelte, ein angeschlagenes Ungeheuer aus der Tiefe. Nach gefühlten Stunden trennten mich nur noch zwei Stufen von festem Boden, und ich wollte schon aufatmen, als ich ausglitt, abrutschte und mich nur noch meine festgekrallte Hand vor dem Absturz bewahrte. Ich schrie auf, weil mir der Schmerz von der Schulter aus durch den Körper fuhr. Ich suchte mit strampelnden Füßen nach der Leiter, schaffte es aber nicht, mit der freien Hand an eine Stufe zu gelangen. Ich fing an zu schnattern und fiepen, eindeutig Anzeichen von Stress.
    Mit zusammengebissenen Zähnen hielt ich mich fest, bis mit einem Mal eine Hand kam und mich am Nackenfell packte, dann ein Arm, der sich unter meine Achsel schob. Meine Füße fanden Halt, ich stemmte mich hoch, aktivierte meine letzten Reserven und warf mich mit solch verzweifeltem Schwung auf den Rand des Hafenbeckens, dass ich meinen Retter umstieß. Keuchend lag ich auf dem Bauch, fühlte mich wie geprügelt und war kaum in der Lage, den Kopf nach meinem barmherzigen Samariter umzudrehen. Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Gestalt in Militäruniform wahr, die sich bemühte, wieder auf die Beine zu kommen. Ich hob den Kopf, um mich zu bedanken. Mein Retter drehte sich zu mir um.
    Das ist nicht wahr, dachte ich, das kann nicht meine Mutter sein.
    Ich musste im Delirium liegen und war offenbar dabei zu halluzinieren. Wie sollte meine Mutter zum Hafen von Newark kommen? Und falls sie es war, warum war sie hier? Irgendwie ergab das alles keinen Sinn. Ich rappelte mich auf, kam auf die Knie und entdeckte Lichtkegel. Sie malten Zickzackspuren in die Nacht, und Männerstimmen riefen: »Wo sind Sie? Haben Sie sie gefunden?«
    »Hierher!«, antwortete Mar-Mar, knipste eine Taschenlampe an und begann, sie zu schwenken.
    Gleich darauf stand J vor mir und ließ den Schein seiner Taschenlampe über mich wandern.
    »He«, sagte ich und legte einen Arm über die Augen. »Hören Sie auf, mich mit dem Ding da zu blenden.«
    »Alles in Ordnung?«, flüsterte Mutter mir ins Ohr.
    »Mm«, erwiderte ich. »Aber was …«
    »Darüber reden wir später«, flüsterte sie und richtete sich auf.
    »Können

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