Vampire küsst man nicht: Argeneau Vampir 12
Moment Freude in ihr, weil offenbar die Möglichkeit bestand, dass sie Nicholas wiedersehen würde. Diese Freude wich aber gleich darauf einer eindringlichen Sorge um ihn, da Lucian hinzufügte: »Setz zwei unserer Männer auf sie an, wenn sie morgen abreist, Mortimer. Früher oder später wird er sich bei ihr blicken lassen.«
»Du willst meine Schwester als Köder benutzen?«, warf Sam wutentbrannt ein, was Jo mit großer Erleichterung zur Kenntnis nahm. In den letzten Minuten war ihr ihre Schwester ungewöhnlich besorgt und unsicher vorgekommen, und das, wo sie sich doch den Ruf einer knallharten Anwältin erarbeitet hatte. Diese unsichere Sam hatte Jo in Sorge versetzt, doch jetzt wäre sie ihr am liebsten um den Hals gefallen, als Sam mit Nachdruck erklärte: »Das werde ich nicht zulassen.«
»Dann ist es dir lieber, wenn wir ihre Erinnerung löschen und dir verbieten, sie je wiederzusehen?«, konterte Lucian und brachte Jo damit wieder in Rage. Für wen hielt sich der Kerl denn? Niemand würde sie davon abhalten, sich mit ihrer Schwester zu treffen! Sie hörte Sam fluchen, dann sagte Lucian: »Wir sollten diese Unterhaltung in der Bibliothek fortsetzen. Jo hat schon mehr als genug gehört.« Diese Worte kamen so überraschend, dass Jo sich nicht davon abhalten konnte, ans Geländer zu gehen und nach unten zu schauen. Alle drei standen sie dort und sahen sie an. »Gehen Sie ins Bett!«, forderte Lucian sie energisch auf. »Sie sind sehr müde.«
Mit einem Mal war sie tatsächlich müde, und das Bett erschien ihr als der verlockendste Ort auf der Welt. Gehorsam drehte sie sich um, ging in ihr Zimmer, zog sich um und legte sich ins Bett, ohne sich darüber Gedanken zu machen, wieso sie gerade eben noch so angespannt und wütend gewesen war und weshalb sie jetzt vor Müdigkeit die Augen nicht mehr offen halten konnte. Ehe sie sich versah, war sie fest eingeschlafen.
5
Die Sonne schien hell in Jos Zimmer, als sie am Morgen aufwachte. Stöhnend hielt sie sich die Augen zu und hoffte, so die rasenden Kopfschmerzen zu lindern. Verdammt, was war das für ein mörderischer Kater? Zu schade, dass sie am Abend nicht so ausgelassen gefeiert hatte, um einen solchen Kater rechtfertigen zu können. Tatsächlich hatte sie kaum etwas getrunken, weshalb sie diese Kopfschmerzen wohl eher dem Umstand zu verdanken hatte, dass sie mit dem Kopf gegen die Hauswand geschlagen worden war.... oder womöglich dem Umstand, dass sie ihre Erinnerung zurückerlangt hatte.
Immerhin war da dieser unerträgliche Stich gewesen, der sich durch ihr Gehirn gebohrt hatte, als alles angeblich Gelöschte wieder zurückgekehrt war. Seufzend nahm Jo die Hand weg und zwang sich, die Augen zu öffnen. Sie verzog den Mund und atmete tief und gleichmäßig durch, bis die Schmerzen ein wenig nachließen. Langsam setzte sie sich auf und kletterte aus dem Bett. Eines musste sie ihrer Schwester lassen: Die Partys, die Sam veranstaltete, waren meistens unvergesslich. Nur schade, dass es nicht auch zwangsläufig tolle Partys waren, an die man noch lange zurückdenken wollte. Jo fürchtete, für den Rest des Tages von diesen Kopfschmerzen geplagt zu werden. Gleichzeitig hoffte sie, dass ihr in diesem Fall auch ihre Erinnerungen erhalten blieben.
Sie schleppte sich ins Badezimmer, da sie dringend duschen musste, dann würde sie sich anziehen und so schnell wie möglich von dort verschwinden. Diesem Typ namens Lucian traute sie nicht bis zur nächsten Ecke, und insgeheim befürchtete sie, er könne versuchen, ihre Erinnerungen zu löschen. Die Vorstellung, dass sich jemand an ihrem Gehirn zu schaffen machte, war äußerst beunruhigend, schließlich war sie so wie jeder Mensch auf einen funktionierenden Verstand angewiesen. Die Aussicht, dass Teile davon hinter einem »Schleier« verschwinden sollten, wie Nicholas es formuliert hatte, machte ihr schreckliche Angst.
Sie stellte sich unter die Dusche und drehte das Wasser auf, während der Schmerz bewirkte, dass sie die ganze Zeit über mit verkniffener Miene dastand. Eigentlich hatte sie gedacht, die Kopfschmerzen würden beim Duschen etwas nachlassen, doch das Rauschen des Wassers schien alles nur noch schlimmer zu machen. Kaum war sie fertig, musste sie feststellen, dass sie sich mit einem ziemlich klein geratenen Handtuch abtrocknen musste, während sie zu Hause immer ein riesiges Badelaken zur Hand hatte.
Beim Gedanken an zu Hause musste sie seufzen. Wie gern wäre sie jetzt daheim in ihrem kleinen
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