Vampire küsst man nicht: Argeneau Vampir 12
dort nach unten zu klettern, anstatt vom Balkonrand in den Hinterhof springen zu müssen und einen verstauchten oder gar gebrochenen Knöchel zu riskieren.
Jo war davon sehr angetan, vor allem, da die Balkontür ihrer Wohnung in dem Moment aufgetreten wurde, als sie beide das Geländer erreichten. Mit viel Lärm flog die Holzliege über den Balkon. »Geh!«, drängte Nicholas, als sie am Geländer kurz stehen blieb. »Ich bin direkt hinter dir!« Sie zögerte nicht länger, sondern machte einen Satz über das rostige Geländer und landete mit einem dumpfen Laut auf dem Wagendach. Dann verlor sie den Halt, ihre Füße rutschten über das glatte Metall, und sie landete unsanft auf ihrem Hinterteil. Nicholas überwand das Hindernis mit einem sportlichen Sprung und landete neben ihr, wobei er auch noch Charlie in den Armen hielt.
»Runter!«, befahl er und klemmte sich den Hund wieder unter einen Arm, damit er mit der freien Hand Jo über die vordere Kante des Dachs schieben konnte. Sie war darauf nicht vorbereitet und rutschte über die Windschutzscheibe auf die Motorhaube, auf der sie keinen Halt fand, sodass sie ungebremst weitersauste. Aber dann war auf einmal Nicholas bei ihr und bekam sie so zu fassen, dass sie auf den Füßen im Gras landete. Sie hatte noch gar nicht richtig die Balance wiedererlangt, da schob er sie schon vor sich her zur Beifahrertür des Vans. »Die Tür!«
Jo hätte die Wagentür auch aufgemacht, ohne von ihm dazu aufgefordert zu werden. Kaum saß sie auf dem Beifahrersitz, legte Nicholas ihr Charlie auf den Schoß und warf die Tür zu. Instinktiv griff sie nach dem Sicherheitsgurt, doch als in der gleichen Sekunde die Fahrertür aufgerissen wurde, drehte sie sich erschrocken um, da sie fürchtete, Mr Mundgeruch könnte sie eingeholt haben. Völlig ungläubig starrte sie dann aber in Nicholas’ Gesicht, da es schlicht unmöglich war, dass der so schnell auf die andere Seite des Wagens gelaufen war. Aber so unmöglich es auch sein mochte, es war tatsächlich Nicholas. »Gurt!«, rief er und ließ den Motor an.
Hastig zog sie am Gurt, doch in dem Moment wurde der Van von einem schweren Aufprall durchgerüttelt. Nicholas legte den Rückwärtsgang ein und trat das Gaspedal durch. Mit einer Hand hielt Jo Charlie fest, damit der ihr nicht vom Schoß rutschte, mit der anderen klammerte sie sich an den noch immer nicht angelegten Sicherheitsgurt, der verhinderte, dass sie zusammen mit ihrem Hund gegen das Armaturenbrett geworfen wurde. Ein Poltern von oben ließ sie gerade noch rechtzeitig hochschauen, als Mr Mundgeruch über die Windschutzscheibe nach unten rutschte, von der Haube abprallte und auf dem Boden aufschlug, während der Van weiter rückwärtsraste. Sie hatten fast das hintere Ende des Hofes erreicht, als sie sah, wie Bricker und Anders auf den Balkon stürmten, während Mr Mundgeruch sich schonwieder aufrappelte.
Plötzlich riss Nicholas das Lenkrad herum, sodass sich der Van um die eigene Achse drehte. Das Fahrzeug war noch nicht zum Stehen gekommen, da hatte er bereits den Wählhebel auf D geschoben und gab erneut Gas. Diesmal wurde Jo in den Sitz gedrückt. Im Rückspiegel konnte sie beobachten, wie Bricker und Anders über das Balkongeländer sprangen und im Hof landeten. Bei ihnen sah das so mühelos aus wie ein Hüpfer von der Bordsteinkante auf die Straße. Und dann erkannte sie, dass Mr Mundgeruch hinter dem Wagen herrannte und aus dem Hosenbund eine Pistole zog. Offenbar war Nicholas auch darauf aufmerksam geworden. »Runter!«, rief er, packte sie an der Schulter und gab ihr einen kräftigen Stoß, der sie vom Sitz rutschen und im Fußraum auf dem Boden landen ließ.
Einen Sekundenbruchteil später wurden die Rückfenster des Vans von Kugeln getroffen. Jo biss die Zähne zusammen und gab sich alle Mühe, Charlie an sich gedrückt zu halten, während der Van von irgendwelchen Unebenheiten durchgeschüttelt wurde und weitere Schüsse auf sie abgefeuert wurden. Sie war sich ziemlich sicher, dass nicht nur Mr Mundgeruch auf sie schoss, da die Schüsse in einer viel zu raschen Folge fielen, als dass sie aus einer einzigen Waffe stammen konnten. Plötzlich kehrte Ruhe ein, und einige Augenblicke später sagte Nicholas: »Du kannst jetzt nach oben kommen.« Sie zögerte, da ihr Blick auf Charlie ruhte. Der arme Hund bewegte sich nicht, die Augen hatte er geöffnet, doch das war auch schon das einzige Lebenszeichen, was sie zutiefst beunruhigte. Normalerweise missfiel es ihm, auf
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