Vampire schlafen fest
Mormonenmissionar«, erzählte ich. Na, Bob hatte zumindest ausgesehen wie ein Mormone in seiner schwarzen Hose und dem weißen kurzärmligen Hemd, und er war sogar auf einem Fahrrad zu Amelia gekommen. In Wahrheit war er ein Zauberer, so wie Amelia in Wahrheit eine Hexe war. »Er hat als Missionar an ihre Tür geklopft, und sie sind einander in Liebe verfallen.« Na ja, eigentlich miteinander ins Bett gefallen. Aber - ach, ist doch egal für den Zweck dieser Geschichte.
»Wussten seine Eltern davon?«
»Wusste seine Kirche davon?«
»Haben Mormonen nicht mehr als nur eine Ehefrau?«
Die Fragen prasselten derart auf mich nieder, dass ich nicht mehr folgen konnte, und so wartete ich erst mal, bis die Anwesenden wieder erwartungsvoll lauschten. Ich war es nicht gewöhnt, irgendwelche Geschichten zu erfinden, und langsam gingen mir schon die Halbwahrheiten aus, auf die ich sie gründen konnte. »Ich weiß nicht allzu viel über die Kirche der Mormonen«, erwiderte ich auf die letzte Frage, und das war die volle Wahrheit. »Obwohl ich glaube, dass die Mormonen heutzutage auch nicht mehr als eine Ehefrau haben dürfen. Aber den beiden sind dann seine Verwandten auf die Schliche gekommen, und die wurden richtig wütend, weil ihnen Amelia nicht gut genug war. Sie haben sich Bob geschnappt und ihn gezwungen, zurück nach Hause zu kommen. Deshalb wollte sie New Orleans verlassen. Um mal einen Ortswechsel zu haben, um die Vergangenheit zu vergessen, so was eben.«
Alle nickten, absolut fasziniert von Amelias großem Drama. Mich packte das schlechte Gewissen. Einige Minuten lang tat jede ihre Meinung zu dieser traurigen Geschichte kund.
Maxine Fortenberry fasste es schließlich zusammen. »Armes Ding. Er hätte seinen Verwandten die Stirn bieten sollen.«
Ich reichte der Braut ein weiteres Geschenk, das sie öffnen konnte. »Halleigh, so wird's dir garantiert nicht ergehen.« Ich wollte das Gespräch wieder auf den Anlass der Party lenken. »Andy ist ganz verrückt nach dir, das kann jede hier bestätigen.«
Halleigh wurde rot, und ihre Mutter ergriff das Wort. »Wir alle mögen Andy sehr.« Und damit war die Party wieder in den richtigen Gleisen. Die restlichen Gespräche drehten sich um die Doppelhochzeit und wandten sich dann noch den Mahlzeiten zu, die jede Kirchengemeinde reihum für die Evakuierten kochte. Morgen Abend waren die Katholiken dran. Maxine klang ziemlich erleichtert, als sie erzählte, die Anzahl der zu Bekochenden sei bereits auf fünfundzwanzig geschrumpft.
Später auf dem Heimweg fühlte ich mich ein bisschen erschöpft von der ungewohnten Geselligkeit. Und außerdem machte ich mich darauf gefasst, Amelia ihre neu erfundene Vergangenheit erzählen zu müssen. Aber als ich auf meinen Hof fuhr und dort einen gewissen Pick-up stehen sah, waren all diese Gedanken wie weggeblasen.
Quinn war hier - der Wertiger Quinn, dessen Beruf es war, extravagante Veranstaltungen für die Welt der unheimlichen Geschöpfe zu planen und zu organisieren - mein lieber süßer Quinn. Ich fuhr auf die Rückseite des Hauses und sprang beinahe aus dem Auto, nicht ohne einen letzten besorgten Blick in den Rückspiegel zu werfen, ob mein Make-up noch in Ordnung war.
Quinn trat aus der Hintertür, als ich die Stufen hinauf lief, und ich machte einen kleinen Satz. Er fing mich auf, wirbelte mich herum, und als er mich wieder absetzte, nahm er mein Gesicht in seine großen Hände und küsste mich.
»Du bist so schön«, sagte er, als er zwischendurch einmal Luft holen musste. Einen Augenblick später atmete er hörbar ein. »Und du riechst so gut.« Und küsste mich schon weiter.
Aber schließlich legten wir eine Pause ein und sahen uns an.
»Oh, wir haben uns so lange nicht gesehen!«, rief ich. »Wie ich mich freu, dass du hier bist!« Ich hatte Quinn seit Wochen nicht gesehen, und zuletzt auch nur kurz, als er auf dem Weg nach Florida durch Shreveport kam, mit einer ganzen Ladung Requisiten für das Fest zur Volljährigkeit der Tochter irgendeines Rudelführers.
»Wie ich dich erst vermisst habe, Liebling.« Seine großen weißen Zähne schimmerten, und sein kahlrasierter Schädel glänzte in der Sonne, die so spät am Nachmittag bereits ziemlich tief stand. »Ich hatte schon Gelegenheit, von deiner Mitbewohnerin einiges zu erfahren. Wie war's denn auf der Party?«
»Wie's auf solchen Partys eben so ist. Viele Geschenke, viel Klatsch. Das war jetzt schon die zweite für diese Braut. Ich habe dem Hochzeitspaar noch eine
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