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Vampire schlafen fest

Vampire schlafen fest

Titel: Vampire schlafen fest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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wenigstens nicht blickdicht. Das Zimmer ging nicht auf den Michigansee hinaus, wie schade. Stattdessen sah ich mir neugierig die umliegenden Gebäude an. So oft kam ich ja nicht in die Großstadt, geschweige denn, in eine so weit nördlich gelegene Region. Der Himmel wurde so rasch dunkler, dass ich schon nach zehn Minuten nicht mehr allzu viel unterscheiden konnte. Bald würden die Vampire erwachen, und mein Arbeitstag würde beginnen.
    Obwohl ihr Geplauder nur sporadisch abriss, fragte Carla nicht nach meiner Aufgabe auf dieser Konferenz. Vermutlich sah sie in mir auch so eine Art »reizende Begleiterin«. Was mir im Moment nur recht war. Früher oder später würde sie sowieso von meinem besonderen Talent erfahren und noch nervös genug werden. Allerdings war sie mir im Moment doch ein bisschen zu entspannt.
    Carla zog sich an (endlich!) und verwandelte sich in eine Nobelnutte (anders kann ich's leider nicht nennen). Sie trug ein glänzendes grünes Cocktailkleid, dessen Top aus einem Hauch von nichts bestand - dafür war der Rock nur halb durchsichtig -, und echte High Heels. Okay, sie hatte eben ihre Arbeitskleidung und ich meine. Mir gefiel's ja selbst nicht, dass ich sie so aburteilte. Vielleicht war ich auch nur neidisch, weil meine eigenen Sachen so konservativ waren.
    Für heute Abend hatte ich das Cocktailkleid aus brauner Spitze herausgesucht. Ich steckte meine großen goldenen Ohrringe an und schlüpfte in braune Pumps, legte etwas Lippenstift auf und bürstete mein Haar, bis es glänzte. Dann griff ich nach meiner kleinen Abendhandtasche, verstaute diese Schlüsselkarte darin, und schon eilte ich zur Rezeption, um nach der Zimmernummer der Königin zu fragen, denn Mr Cataliades hatte mir gesagt, dass ich mich dort einfinden solle.
    Ich hatte gehofft, Quinn auf dem Weg zu begegnen, konnte ihn jedoch nicht mal von weitem sehen. Tja, ich war mit einer Zimmergenossin gesegnet und Quinn mit jeder Menge Arbeit. Diese Konferenz würde wohl kaum so viel Spaß nebenbei erlauben, wie ich erhofft hatte.
    Der Portier wurde bleich, als er mich kommen sah, und blickte sich sofort ängstlich nach Diantha um. Während er mit zitternden Händen nach der Zimmernummer der Königin suchte und sie auf einen Notizzettel schrieb, sah ich mich etwas aufmerksamer als zuvor in der Lobby um.
    An einigen Stellen waren Überwachungskameras angebracht, die auf den Eingangsbereich und die Rezeption zeigten. Und beim Fahrstuhl meinte ich auch noch eine zu erkennen. Wie üblich liefen bewaffnete Wachmänner herum - üblich für Vampirhotels, meine ich. Genau das war ja der unschlagbare Vorteil solcher Hotels: dass sie den untoten Gästen Sicherheit und Diskretion garantierten. Denn Vampire konnten natürlich auch günstiger und zentraler absteigen, jedes normale Mittelklassehotel bot inzwischen spezielle Vampirzimmer an. (Selbst Motel 6 hatte ein Vampirzimmer in nahezu jeder Niederlassung.) Wenn ich an die Demonstranten draußen dachte, konnte ich nur hoffen, dass die Sicherheitsleute der Pyramide auf Zack waren.
    Ich nickte einer anderen Menschenfrau zu, als ich quer durch die Lobby zu den Fahrstühlen ging. Vermutlich wurden die Zimmer immer nobler, je höher man kam, denn es wurden ja mit jedem Stockwerk weniger. Die Königin bewohnte eine Suite in der vierten Etage, da sie für diese Konferenz bereits lange im Voraus gebucht hatte, schon vor Katrina - wahrscheinlich war zu der Zeit sogar ihr Ehemann noch am Leben gewesen. Auf der vierten Etage gab es nur acht Zimmertüren. Ich musste nicht mal auf die Nummern achten, um sofort Sophie-Annes Suite zu finden. Sigebert stand davor, ein Fels von einem Mann, der die Königin schon seit Hunderten von Jahren bewachte, genau wie Andre. Der uralte Vampir wirkte einsam ohne seinen Bruder Wybert. Allerdings war er immer noch haargenau derselbe angelsächsische Krieger wie bei unserer ersten Begegnung - mit struppigem Bart, einem Gebiss, dem an allen Ecken und Enden die Zähne fehlten, und von gedrungener Gestalt wie ein wilder Eber.
    Sigebert lächelte mich an, ein gruseliger Anblick. »Miss Sookie«, sagte er zur Begrüßung.
    »Sigebert«, erwiderte ich und sprach jede Silbe mit Bedacht aus. Eine amerikanische Version seines Namens hätte einiges erleichtert. »Geht es ihnen gut?« Ich wollte Mitgefühl vermitteln, aber nicht zu rührselig werden.
    »Bruder tot, gestorben als Held«, sagte Sigebert stolz. »Im Kampf.«
    Ich wollte schon sagen: »Nach eintausend Jahren vermissen Sie ihn

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