VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
ich mich bei Shane, während ich meine siebte Tasse Kaffee schlürfe. »War das der Grund, warum du das College aufgegeben hast? Weil dir einfach das Leben dazwischengekommen ist?«
»Nö.« Shane spannt an einem der Wirbel eine Saite nach. Dann schlägt er sie mit dem Plektrum an. »Mir sind die Drogen dazwischengekommen.«
Meine Finger erstarren über der Tastatur. Ich wusste, dass er süchtig gewesen ist, als er noch lebte. Aber ich habe nicht gewusst, dass die Sucht das Ende seines Musikstudiums war. Ich habe nicht gewusst, dass Drogen sein Leben ruiniert haben. Wir reden nie über die Vergangenheit. Vielleicht sollten wir jetzt damit anfangen.
»Das tut mir leid«, sage ich zu Shane.
»Schon okay.« Er verändert ein klein wenig seine Sitzposition. Dann schlägt und zupft er das Intro zu einem Song von Steve Earle. Ich komme nicht auf den Titel, bis Shane die erste Zeile singt, hypnotisch wie Earle. Es ist CCKMP , was für Cocaine Cannot Kill My Pain steht. Nein, Kokain nimmt niemandem den Schmerz. Ironischerweise aber geht es in dem Song gar nicht um Kokain.
Shane singt es, the only gift the darkness brings , und Melodie und Text hüllen ihn ein wie einen Kokon, den ich nicht zu durchdringen vermag. Genau in dem Moment, in dem Shane zugeben kann, dass Heroin das einzig Wahre ist, die einzige Gabe, die die Dunkelheit bringt, scheint dessen Macht über ihn gebrochen.
Ich stelle ihn mir vor: in einem dunklen, schäbigen Zimmer, völlig fixiert auf den nächsten Schuss oder, die Nadel noch im Arm, völlig losgelöst im Rauschnirwana. Es tut weh, ihn so zu sehen, auch wenn es nur ein Bild in meinem Kopf ist. Es tut weh, weil ich ihn liebe, zum Teil aber auch, weil dieses Bild meine Vorstellungskraft an ihre Grenzen bringt. Dank der Musik ist Shane im Hier und Jetzt voller Leben. Der traurige, von Verzweiflung zerfressene Teil seiner Persönlichkeit aber lauert irgendwo tief in ihm vergraben. Nur ist für mich, weil ich so tief nicht zu blicken vermag, dieser Teil nicht sichtbar.
Aber dennoch existiert dieses sein schwarzes Ich und wird immer existieren. Für mich ist es schwer, die Leerstellen im Bildteppich seiner Vergangenheit mit Farbe zu füllen. Denn schließlich muss ich sie in das Bild integrieren, das ich mir bereits von Shane gemacht habe.
Als Shane aufhört zu singen, nachdem die letzten Noten verklungen sind, und das Lied zu Ende ist, schließe ich den Deckel meines Laptops. »Darf ich dir eine persönliche Frage stellen?«
Er lächelt mich schief an. »Du bist die Frau, mit der ich zusammenlebe. Du darfst mich alles fragen.«
»Aha.« Ich zwirbele an dem ausgefransten Ende meiner Schlinge herum. »Mit wie vielen Vampirfrauen hast du geschlafen? Mal abgesehen von Regina.«
Seine linke Augenbraue zuckt, aber ansonsten nimmt er die Frage gelassen. »Ein paar. Oder besser vielleicht: so einige.«
»Sind sie besser?«
»Besser als was?«
»Besser als ich.«
»Keine Frau ist besser als du«, erwidert er, ohne zu lächeln.
»Sind sie an sich besser als Menschen? Also im Allgemeinen?«
»Nicht besser, nein.« Er hält meinem Blick nicht stand, sondern schaut hinüber zur Wand, wo Elizabeths Stereoanlage steht. »Nur anders.«
»Inwiefern anders?« Mein Puls erhöht sich, als ich daran denke, was David mir erzählt hat: warum menschliche Männer es nicht riskieren können, mit weiblichen Vampiren Sex zu haben.
»Sie sind kälter.« Shane klopft mit den Fingerspitzen auf den Körper seiner Gitarre. »Stärker. Wilder. Normalerweise wird viel gebissen.«
Ich fahre mir mit der Hand über die Stirn. Seine Offenheit und Ehrlichkeit bringt mich ins Schwitzen. »Vermisst du es?«
Shanes Blick kehrt zu mir zurück. »Willst du wissen, was ich vermisse?«
Meine Kehle ist wie zugeschnürt. Also nicke ich nur.
»Manchmal passiert es mitten in der Nacht«, sagt er. »Ich bin im Studio. Ein Song lässt mich an dich denken, eine Textzeile oder nur ein Riff, das meinen Rücken hinauf und hinunter wandert wie sonst nur deine Finger. Da, ganz plötzlich, vermisse ich den Duft deiner Haut an den verborgenen, den intimsten Stellen. Ich vermisse dein leises Seufzen, wenn ich in dich eindringe, und die Art, wie dann deine Lider flattern. Oder ich vermisse einfach die Art, wie du über einen meiner blöden Witze lachst. Manchmal passiert das auch mitten am Tag. Ich bin im Sender, und ich weiß genau, du bist oben im Büro, nur eine Treppe höher. Es wäre eine Sache von nicht mehr als einer Minute: Ich könnte
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