VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
belastet. Ich möchte nicht aus mehr als einem Grund an deiner Tür kratzen müssen und betteln, dass du mich hereinlässt.« In der Hand ein Päckchen sterile Kompressen und eine Flasche mit Jodtinktur, kommt er wieder zu mir herüber. »Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie gut du schmeckst.«
Mit ausgestrecktem Arm fordere ich seine Mitbringsel von ihm ein. Näher als eine Armeslänge will ich ihn nicht an mich heranlassen. »Wahrscheinlich schmecke ich wie Salsa-Sauce – nach dem Burrito zum Frühstück.«
Shane probiert ein Lächeln, rückt aber das Verbandszeug nicht heraus. »Leg dich besser hin! Im Liegen hört die Blutung schneller auf.«
Mit der unverletzten Seite lege ich mich auf die Couch. Shane setzt sich in Höhe meiner Füße auf die Sofakante und öffnete die Verpackung der Mullkompresse. Seine Hände zittern. Dann tauscht er das blutige Stück Verbandsmull gegen das neue aus. »Drück fest mit der Hand drauf!«
Skeptisch beäuge ich die Flasche mit Jodtinktur. »Jod auf meiner frischen Wunde tut bestimmt schlimmer weh als der Biss selbst.«
»Lass uns lieber auf Nummer sicher gehen! Wir haben den Hautbereich nicht desinfiziert, bevor Noah dich gebissen hat.«
Nachdem das Autsch nachgelassen hat, rutscht Shane tiefer ins Sofa und legt sich meine Füße in den Schoß. Er zieht mir die Schuhe aus und massiert meine Füße. Die Anspannung löst sich ein wenig.
Shane tätschelt mir das Knie und sagt leichthin: »Und: Sieht dieser Typ Ned gut aus?«
Ich zucke mit den Schultern. »Er hat eine Glatze.«
»Oh, okay.« Mit mehr Elan, weil sich jetzt seiner Position sicher, massiert Shane meine Füße weiter.
Kerle mit schönen Haaren sind wie schlanke Mädchen: Ganz automatisch gehen sie davon aus, dass der mögliche Rivale ohne dieses körperliche Merkmal keine Chance mehr gegen sie hat. Aber wenn ich die Wahl zwischen einem Glatzkopf mit einem scharfen Körper und einem aus dem Leim Gegangenen mit schönen Haaren habe, weiß ich ganz genau, wen ich mir schnappe. Ganz schön oberflächlich von mir, ich weiß.
Ich blicke Shane direkt ins Gesicht. Denn ich will seine Reaktion auf meine Frage sehen. »Du beißt, seit wir zusammen sind, keine anderen Frauen mehr, weil das schließlich ein ziemlich intimer Akt ist. Warum hast du dann Noah erlaubt, mich zu beißen?«
Shane lächelt, sein Blick ist zärtlich. »Ihm wird der Geschmack deines Blutes nicht Lust auf mehr machen. Je älter ein Vampir wird, desto eher kann er zwischen seiner Nahrung und seiner Nahrungsquelle unterscheiden.« Er zuckt mit den Schultern. »Wenn ich so alt bin wie Noah, bin ich wahrscheinlich auch in der Lage, in einem Menschen nur eine wandelnde Blutbank zu sehen.«
»Oh!«
»Das gilt natürlich nicht für dich!«, beeilt er sich hinzuzufügen. »Viele ältere Vampire haben menschliche Freunde.«
Mein Mund ist mit einem Mal staubtrocken. »Freunde? Nur Freunde?«
Shane seufzt. Er reibt sich den blonden Stoppelbart. »Ich habe mich, fürchte ich, nicht sonderlich gut ausgedrückt: Was ich eigentlich gemeint habe, als ich ›Freunde‹ sagte, sind Beziehungen zu Menschen ganz allgemein. Also, ich wollte sagen, dass Vampire in Menschen immer noch mehr als nur zweibeiniges Melkvieh zu sehen vermögen. Nimm doch nur Monroe und David, beispielsweise. Gegenseitiger Respekt, Zusammengehörigkeitsgefühl und der ganze Kram eben.«
Mein Herz fühlt sich an, als hätte es Platz in einer Espresso-Tasse. Wenn ich vierundvierzig bin, möchte ich dann immer noch, dass mich mit Shane mehr als gegenseitiger Respekt und Zusammengehörigkeitsgefühle verbinden? Wird er dann überhaupt noch ein Teil meines Lebens sein?
»Verlieben sich ältere Vampire in Menschen?«
»Beziehungsweise können sie sie lieben und mit ihnen in Liebe verbunden zusammenleben?« Die Decke wirft das Licht der Halogen-Lampe so auf Shanes Gesicht, dass sein Gesichtsausdruck schwierig zu erkennen ist. »Das ist es doch, was du eigentlich wissen möchtest, oder nicht?«
Ich nicke, bringe aber kein Wort heraus.
Shane nimmt meine Hand. »Ganz ehrlich? Ich weiß von keiner einzigen langfristigen Beziehung zwischen einem Vampir und einem Menschen. Je älter wir werden, desto weniger menschlich sind wir. Das heißt, dass es uns immer schwerer fällt, Beziehungen zu euch aufrechtzuerhalten. Aber das heißt nicht, dass es nicht möglich ist.« Er streichelt meine Hand mit dem Daumen. »Du hältst mich jung und machst mich menschlich.«
»Ich versuch’s zumindest.«
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