Vampire trinken ex
hätte, und daß er die Rechnung an Horace Chase schicken könnte.
Oder, wenn sich Mrs. Delgardos Genesung länger hinziehen sollte, an den Nachlaßverwalter von Horace Chase. Er schien nicht gerade entzückt, als ich auflegte.
10
Als ich vor dem Haus von Horace
Chase hielt, war es kurz vor Mitternacht, kurz vor Beginn der Geisterstunde,
und ich fragte mich einigermaßen nervös, ob ich mich nicht besser mit einem
Kruzifix ausgerüstet hätte als mit meinem .38er.
Die Glocke bimmelte
durchdringend und dünn wie immer, und ich mußte, wie mir schien, endlos lange
warten, ehe sich das Portal endlich öffnete.
»Sie!« Chastitys empörte Stimme machte eine Beschimpfung aus dem Wort. »Schon wieder?«
»Sie werden eintönig, wissen
Sie das ?« versetzte ich. »Das letztemal ,
als ich hier war, sagten Sie genau das gleiche .«
»Was wollen Sie denn jetzt
schon wieder, mitten in der Nacht ?«
»Ich möchte mich noch einmal im
Keller umsehen. Er hat mich einfach fasziniert«, entgegnete ich.
»Sind Sie vielleicht irgendwann
im Lauf der letzten Stunden auf den Kopf gefallen ?«
»Nein«, knurrte ich. »Haben Sie heute abend Besuch gehabt ?«
»Besuch?« Sie verdrehte
dramatisch die Augen. »Hier? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein .«
»Reine Neugier«, erklärte ich.
»Keine heiligen Opfer mehr oder ähnliches?«
»Seitdem Sie zuletzt hier waren,
hat sich kein Mensch blicken lassen. Großvater ist vor einer Stunde zu Bett
gegangen, und ich wollte eben desgleichen tun, als Sie hier auftauchen mußten .«
»Schön, dann sehe ich mich ganz
rasch noch einmal im Keller um«, meinte ich, »und wenn Sie wirklich so müde
sind, dann werde ich mich nicht beschweren, wenn Sie diesmal meine ängstlichen
Schreie einfach überhören .«
Sie öffnete die Tür ein Stück
weiter, mit unverkennbarem Widerstreben, und ich trat in die trübe erleuchtete
Halle.
»Ich habe Großvater nach seinem
Testament gefragt«, bemerkte sie. »Er weigerte sich, mir Auskunft zu geben. Ich
denke mir, er ist wütend auf Sie, weil Sie mir gesagt haben, daß er mit Ihnen
darüber gesprochen hat .«
»Plappermaul«, sagte ich
vorwurfsvoll.
Wir erreichten die Tür unter
der Wendeltreppe. Chastity öffnete sie und schaltete
das Licht ein.
»Als ich das letztemal hier unten war, hat Ihr Großvater mehr Licht
gemacht. Es war so hell, daß man tatsächlich die Hand vor den Augen sehen
konnte«, bemerkte ich hoffnungsvoll.
»Gleich unten am Fuß der Treppe
ist der erste Lichtschalter«, erwiderte sie, »und wenn Sie den Keller betreten
haben, befindet sich an der Wand links ein weiterer Schalter .«
»Das haben Sie mir aber, als
ich das erstemal hinunterging, nicht verraten .«
»Vielleicht wollte ich Sie in
den Genuß der ganzen gruseligen Unheimlichkeit kommen lassen«, versetzte sie
gelassen. »Damals hatte ich ja noch keine Ahnung, daß Sie so zartbesaitet sind .«
»Machen Sie nur so weiter«,
sagte ich. »Wenn Sie dann wirklich einmal ein echt durchsichtiges Kleid tragen,
werde ich mir nicht die Mühe machen, auch nur einen Blick an Sie zu
verschwenden .«
»Irgendeine Art von Frau wird
es ja wohl geben, der Sie gefallen«, meinte sie nachdenklich. »Wahrscheinlich
dick, von Torschlußpanik gepeinigt, und sehr, sehr
kurzsichtig.«
»Und Sie sind nicht von Torschlußpanik gepeinigt ?« erkundigte ich mich in überraschtem Ton.
»Ich gehe jetzt zu Bett«,
versetzte sie gereizt. »Machen Sie Ihre Besichtigungstour durch den Keller, und
vergessen Sie nicht, die Tür zu schließen, wenn Sie wieder heraufkommen. Und zu
schreien brauchen Sie diesmal gar nicht erst, ich stecke mir nämlich Watte in
die Ohren .«
Sie machte kehrt und schritt
entschlossen davon. Ich bewunderte jedes Auf und Ab ihres Hinterteils, bis sie
aus meinem Blickfeld verschwand, dann begann ich den Abstieg in den Keller. Ich
schaltete unten am Fuß der Treppe den ersten Lichtschalter ein und trat in das
Gewölbe. Meine linke Hand fuhr an der Wand entlang und fand den zweiten
Lichtschalter, drückte ihn nach oben. Nichts geschah. Ich versuchte es noch
mehrmals, aber kein warmes Licht flammte auf, das das Innere der Gruft mit
tröstlich goldenem Glanz erleuchtet hätte.
Da stand ich nun im
altvertrauten, gruseligen Dämmerschein, und die verhaßten Figuren warteten schon auf mich. Mein alter Freund, der Vampir, kauerte mit
erregt glühenden Augen vor mir. Es war Zeit zu überlegen, das Unternehmen noch
einmal zu überdenken, kreischten meine Nerven, und ich
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