Vampire's Kiss
waren ältere Guidons wie Masha und Trinity.
Die Russin stand dicht vor mir. Ein boshaftes Lächeln umspielte ihre Lippen. Ihr kurz geschnittenes Haar glänzte selbst im Halbdunkel lackschwarz. »Ich will deine Augen sehen, wenn wir dich quälen.«
Blut tropfte von meinem Wangenknochen, wo sie mich mit ihren spitzen Nägeln gekratzt hatte. Das brachte mich zur Besinnung.
Alcántara hatte gesagt, sie würde Probleme bekommen. Und dass hohe Kampfmoral eine Belohnung verdiente. Ich dachte nicht daran, kampflos aufzugeben … »Es geht hier gar nicht um mich. Es geht um dich , Guidon Masha! Du konntest mich im Speisesaal nicht besiegen, und Alcántara machte dir deswegen die Hölle heiß.«
Sie trat zurück, als sei ich ihr absolut widerwärtig, und wischte sich die Hände ab. Blondes Haar flatterte zu Boden – mein Haar. Dann zog sie einen Folienstift aus dem Stiefel und warf ihn einer ihrer Begleiterinnen zu. »Verziert sie ein bisschen!«
Die Eingeweihten begannen abwechselnd dumme Sprüche auf meinen Bauch, meine Stirn und quer über mein Becken zu kritzeln. Kindisches Zeug wie Kalorienbombe oder Fette Sau , aber auch Dinge, die ein paar Schritte zu weit gingen.
Trinity packte meine Haare, zerrte sie mit einem Ruck zu sich heran und machte sich daran, mir Strähnchen einzufärben. Ich zwang mich, den Kopf gerade zu halten, obwohl mir der Schmerz Tränen in die Augen trieb. »Muss die kleine Acari flennen? Buhu! Jetzt können die dämlichen Jungs dich nicht mehr Blondie nennen.«
Ich hörte jugendliche Stimmen von der anderen Seite des Innenhofs. Also hatte mich Mashas Clique nicht um Mitternacht, sondern erst im Morgengrauen aus dem Bett geholt.
Die Stimmen näherten sich vom Kiesweg her. Ich hatte gedacht, es sei mir mehr als egal, was eine Schar Vampir-Anwärter von mir hielt, aber nun erschauderte ich. Offenbar war Scham fest in meinem Gehirn verdrahtet.
Trinity trat zurück, um ihr Werk zu bewundern. Sie schaute auf, als einige der Mädchen zu lachen begannen. »Da kommen die Jungs«, sagte jemand.
Sie drehte sich um und sah sie im gleichen Moment wie ich – drei Vampir-Anwärter, die auf dem Weg vor uns stehen blieben. Trinity quiekte vor Begeisterung. »Jetzt fängt der Spaß erst an!«
Ich zwang mich, den Blick nicht abzuwenden. Sie gehörten alle zu Yasuos Gruppe. Kevin, Rob … und Josh. Der Anblick eines vertrauten Gesichts brachte mich fast zum Heulen, auch wenn es nur dieser alberne Josh war. Ich presste die Lippen zusammen. Jetzt nur nicht rührselig werden. Ich hatte nicht vor, mir vor den Jungs eine Blöße zu geben.
Masha schlenderte auf das Trio zu. »Los, Jungs, macht mit!«
Rob antwortete als Erster. Er war groß und ein wenig schlaksig, weil er sich erst mal in die Länge entwickelt hatte. »Geht leider nicht«, meinte er mit einem bedauernden Kopfschütteln. »Wir dürfen den Weg nicht verlassen.«
»Oh, ihr könnt ruhig mal eine Ausnahme machen.« Trinity wirkte jetzt erregt. »Wenn wir es sagen …«
»Wir müssen die Regeln befolgen«, warf Kevin ein. »Und eine Regel lautet: Niemals den Weg verlassen! «
»Das war ein Befehl!« Trinitys schriller Ostküsten-Akzent hatte sich in ein bedrohliches Fauchen verwandelt.
Masha strich sich mit einer Hand über die Hüfte, wo sie im Normalfall ein Futteral mit ihrer Peitsche trug. Das Folterding fehlte jetzt. Hatte Alcántara ihr die Peitsche als Teil ihrer Strafe abgenommen? Der Gedanke heiterte mich eine Millisekunde auf – bis sie weitersprach.
»Na los, Jungs, das geht in Ordnung«, drängte sie. »Kommt her und pisst auf unsere Acari!« Mit russischem Akzent ausgesprochen, hatte das Wort pisst einen ganz besonderen Klang.
»Markiert sie als die Hündin, die sie ist«, setzte eine andere Eingeweihte hinzu.
Trinity strahlte die Jungs an. »Die Chance kriegt ihr nie wieder!«
Rob grinste breit. Er verließ den Weg, dicht gefolgt von Kevin, der bereits an seinem Reißverschluss nestelte.
Ich schluckte krampfhaft. Meine Kehle war wie zugeschnürt, so sehr schämte ich mich. Aber ich würde keine Träne vergießen. Nicht vor diesen Idioten.
Jetzt entfernte sich Josh ebenfalls von dem schmalen Pfad am Rande des Innenhofs.
Der nicht auch noch! Ich schluckte und schluckte und kam nicht an dem schmerzhaften Kloß vorbei, der in meinem Hals saß.
Aber dann streckte Josh die Arme aus. Er packte erst Kevin und dann Rob an der Schulter. »Das ist nicht euer Ernst, Leute, oder?«
Rob feixte anzüglich. »Warum nicht, verdammt
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