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Vampire's Kiss

Vampire's Kiss

Titel: Vampire's Kiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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den Rücken zukehren.
    »Vielleicht bin ich gar nicht dämlich.« Er zog die Augenbrauen hoch. »Vielleicht bin ich nur stärker als sie.«
    Ich gönnte mir eine Pause zum Nachdenken. Hatte er diese vage Theorie getestet, um mich davor zu bewahren, angepinkelt zu werden? Ich konnte es nicht glauben.
    »Außerdem hätten sie sich niemals unbemerkt anschleichen können. Ich bin nämlich auch schneller als sie.« Er zog seinen Pullover aus. Dabei rutschte sein T -Shirt hoch und gab den Blick auf Bauchmuskeln frei, die sämtliche vernünftigen Gedankengänge im Ansatz stoppten.
    Er ertappte mich, als mein Blick nach oben wanderte, und lächelte geschmeichelt.
    Ich lief rot an. Jetzt erst kam mir – und wohl auch ihm – zu Bewusstsein, wie dürftig ich bekleidet war. Ich verschränkte verlegen die Arme vor dem Körper.
    Er warf mir lachend seinen Pullover zu. »Sosehr ich den Anblick schätze – du solltest etwas anziehen, bevor du dich erkältest.«
    »H-hast du das im M-medizin-Praktikum gelernt?« Ich beeilte mich, den Pullover überzustreifen. Er reichte mir fast bis zu den Knien und war noch warm von seinem Körper. Meine Dankbarkeit kannte keine Grenzen.
    »Nein«, erwiderte er. »Dort habe ich einiges über Schockzustände gelernt.«
    Ein heftiger Schüttelfrost hatte mich erfasst. Josh legte einen Arm um mich und hielt mich ganz fest. »Du zitterst, weil du unter Schock stehst. Du brauchst jetzt eine heiße Dusche und einen starken Kaffee. Komm, ich bringe dich zurück.«
    Er führte mich zum Wohntrakt der Acari. Der Schüttelfrost wurde allmählich schwächer.
    »Weshalb hast du mir geholfen?«
    »Yas bat mich, ein wenig auf dich aufzupassen.«
    »Ach so. Klar.« Meine Stimme klang wohl nicht übermäßig begeistert. Jedes Mädchen wünschte sich, dass ihr Held ganz von selbst auf die Idee kam, sie zu retten.
    »Jetzt hör aber auf, hier rumzuspinnen!« Er tippte mir ans Kinn. »Ich habe dir geholfen, weil ich helfen wollte.«
    Ich nickte verlegen, nicht ganz überzeugt, dass er die Wahrheit sagte, aber doch erleichtert. Verstohlen schaute ich zu ihm auf und merkte, dass er mich beobachtete.
    »Bitte sehr, gern geschehen«, sagte er mit einem schiefen Grinsen.
    Ich lächelte ihn an und ließ dramatisch die Schultern sinken. »Ach, verdammt noch mal!«
    Er ließ mich los und schaute mich ehrlich betrübt an. »Weshalb der Fluch?«
    Ich seufzte. »Weil ich dir jetzt ewig dankbar sein muss, und das ist bei einem Vampir eine sehr, sehr lange Zeit.«
    Lachend zog mich Josh an sich.
    Aber meine gute Laune verflog rasch, da es nur zwei Möglichkeiten gab, das Geschehen von vorhin einzuordnen. Entweder täuschte sich Yasuo und Vampir-Anwärter konnten sich sehr wohl den Guidons widersetzen, oder Josh bekam meinetwegen jede Menge Ärger.

Es war ein grauer, stürmischer Samstagvormittag. Aber mir tat alles weh, ich hatte schlechte Laune und jede Menge nachzulernen, und da kam mir das Scheißwetter irgendwie gerade recht.
    Ich humpelte über den Innenhof, so schnell ich konnte. Meine Hüfte war wundgescheuert und mein Hintern blau geschlagen von dem blöden Stockkampf-Training, das der blöde Sucher Otto in der Turnhalle abgehalten hatte. Mit halb geschlossenen Augen in den Nebel blinzelnd, zog ich mit einer Hand die Kapuze in die Stirn und presste mit der anderen die Umhängetasche eng an mich, damit dieses verdammte Geschäftsdeutsch-Lehrbuch nicht ständig gegen meine Rippen knallte.
    Unbehelligt erreichte ich mein Ziel, den weichen Polstersessel vor dem Kamin der Wissenschaftlichen Bibliothek, und ließ mich mit einem Seufzer der Erleichterung nieder. Ich packte den Zwiebel-Bagel aus, den ich mir vom Buffet im Speisesaal geangelt hatte, und streckte die Beine dem Kamin entgegen. Ein dienstbarer Geist hatte bereits ein Feuer entfacht, was ich sehr begrüßte, da meine Leggings ziemlich durchweicht waren.
    Ich liebte diesen Leseplatz am Kamin, obwohl sich Alcántaras Amtsräume nur ein Stockwerk höher befanden und ich allein durch meine Anwesenheit in der Bibliothek das Schicksal herausforderte. Ein wenig fürchtete ich mich davor, ihm über den Weg zu laufen, aber eine Art innerer Zwang drängte mich, seine Nähe zu suchen. Deutsch, Gesellschaftstanz … unzählige Fragen geisterten durch mein Gehirn, wenn ich über diesen bizarren Lehrplan nachdachte – und ich hoffte, dass ich irgendwann den Mut fand, Alcántara diese Fragen zu stellen.
    Ich fischte das alberne Buch, das mir Josh mitgebracht hatte, aus der

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