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Vampire's Kiss

Vampire's Kiss

Titel: Vampire's Kiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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Tasche. Besondere Regeln und Gepflogenheiten im Geschäftsdeutsch. Protokoll und Etikette …  graus . Ich hatte noch nie im Leben mit einem Tutor gearbeitet und fand, dass es mein Ego ganz schön runterzog. Ich hatte mir vorgenommen, einen Tag auf das Buch zu verwenden – damit ich den Quatsch hinter mich brachte, wie ich mir einredete, in Wahrheit aber auch, um den beiden ein wenig zu imponieren. Josh und Alcántara.
    Der Inhalt war eher schlicht; die Schwierigkeiten lagen im Detail. Alcántara hatte recht – ich beherrschte Althochdeutsch und modernes Deutsch fließend, doch weder das eine noch das andere hätte mir bei diesem Zeug weitergeholfen. Ich konnte im Schlaf deklinieren, aber woher sollte ich wissen, dass deutsche Wirtschaftsbosse nach einer erfolgreichen Konferenz nicht Beifall klatschten, sondern mit den Knöcheln auf den Tisch klopften?
    Eines stand jedenfalls fest: Ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, warum ich das alles lernen musste. Fand unsere Mission irgendwo in Deutschland statt? Würden wir uns weit von der Insel entfernen?
    Und er hatte erwähnt, dass der Auftrag gefährlich war. Momentan wurde beim Sportunterricht des Sommersemesters großes Gewicht auf Nahkampftechniken gelegt. Ob mir das bei meiner Mission half? Würde ich irgendwann gezwungen sein, eine vornehme Tischgesellschaft aufzumischen?
    Der Vampir mit den Antworten erschien aus dem Nichts, als hätte ich ihn herbeizitiert. Eben noch war ich allein im Raum gewesen, und zack , da lehnte er mit verschränkten Armen an der Wand hinter mir und sah so blasiert und gelangweilt drein, als stünde er schon eine halbe Stunde in der Gegend.
    Ich empfand eine leise Befriedigung – er hatte mich hier gespürt, und er war gekommen. Doch gleich darauf überwog die Angst. Ich durfte nie vergessen, mit wem ich es zu tun hatte. Vampire aufzuspüren war ein gefährliches … ein tödliches Spiel.
    »Acari Drew.« Diese Stimme. Heiser und schwül. Dieses Haar und diese Augen. Glänzend schwarz wie bei einem Panther.
    Ich setzte mich aufrecht hin. Meine Hände zitterten von dem Adrenalinstoß, der jedes Mal durch meine Adern jagte, wenn er so unvermittelt auftauchte. Ich faltete sie züchtig und legte sie in den Schoß. »Master Alcántara.«
    »Weshalb bist du hergekommen?«
    Gute Frage. Da sich seine Räume nur ein Stockwerk höher befanden, wusste auch er, dass ich die Bibliothek nicht rein zufällig aufgesucht hatte. Mir war es darum gegangen, mehr über unsere Mission herauszufinden, aber hatte ich noch andere Fragen? Dass ihn möglicherweise mehr als ein Flirt mit Masha verband, beschäftigte mich sehr, ebenso die Erkenntnis, dass viele Mädchen eine besondere Beziehung zu Vampiren hatten.
    Aber warum versuchte ich ihn hier zu treffen, anstatt in der neutralen Umgebung eines Klassenzimmers? Hatte ich die Absicht, unsere Beziehung irgendwie zu festigen? Und wenn ja, wollte ich so eine Beziehung überhaupt, oder hatte ich nur den Wunsch, Masha zu übertrumpfen?
    Natürlich hätte ich diese abartigen Gedankengänge nie im Leben laut ausgesprochen, und so probierte ich es mit der Halbwahrheit. Ich deutete auf den Buchrücken. »Ich wollte ungestört lernen und mir die Protokollregeln des deutschen Wirtschaftslebens einprägen, wie Sie es gewünscht hatten.«
    »Aber so ganz in meiner Nähe.« Er schien nicht gewillt, das Thema aufzugeben, behielt jedoch seine gelangweilte, gleichgültige und fast ein wenig verstimmte Miene bei, als er durch den Raum glitt und sich in den Sessel mir gegenüber lümmelte. Obwohl Alcántara vor langer Zeit als Hofmathematiker des spanischen Herrschers gedient hatte, wirkte er auf mich wie ein heißer Indie-Rocker. »Hattest du die Absicht, mich zu treffen?«
    Ich ließ diese Frage offen. »Das hier ist mein absoluter Lieblingsplatz auf dem Campus.«
    »Du wusstest sicher, dass du mir hier begegnen würdest.« Er streckte die Beine aus, und seine schwarzen Stiefel kamen mir gefährlich nahe.
    Er machte auf Verführer, und was hatte ich anderes erwartet? Ich war ein dummes, dummes Kind, das mit dem Feuer spielte.
    Ich lachte nervös. »Das ist ziemlich direkt.«
    »Darf ich das nicht sein?« Ein neckendes Lächeln huschte über seine Züge. »Gibt es ein Thema, das ich in deiner Gegenwart eher meiden sollte?«
    Ich wand mich vor Verlegenheit, und der Typ hatte seine helle Freude daran. »Nein, direkt ist schon in Ordnung …« In dem verzweifelten Bemühen, das Thema zu wechseln, begann ich in meinem Buch zu

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