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Vampire's Kiss

Vampire's Kiss

Titel: Vampire's Kiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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gründlichem Nachdenken auch andere Mittel gegeben, aber etwas tief in meinem Innern wollte diesen Weg gehen. Vielleicht lag es an der Entdeckung, dass sich die meisten Mädels hier heimlich mit Vampiren vergnügten. Dazu kam die Geschichte mit Ronan und Amanda, die in mir die Frage nach meiner Anziehungskraft auf Männer – und gewaltige Zweifel an eben dieser – geweckt hatte. Wie dem auch sein mochte, ich fand es an der Zeit, mein Schicksal herauszufordern.
    Wie gingen Mädchen in einem solchen Fall vor? Ich versuchte Alcántaras lässige Pose nachzuahmen und schlug die Beine möglichst sexy übereinander. Aber das Feuer in seinem Blick hielt sich in Grenzen.
    Na dann. Weiter zu Stufe zwei. Laszives Lächeln anknipsen.
    Ich gab mir größte Mühe, aber Alcántara blieb eine Granitstatue – ausdruckslos, emotionslos, aber sehr attraktiv. Dabei wusste ich, dass ich ihm eine Steilvorlage gegeben hatte. Irgendeine Reaktion musste er doch zeigen. Oder war dieses ganze Gerede von Vampiren, die Affären mit Mädchen hatten, nichts als Quatsch?
    Also schön. Stufe drei. Ich musste die schweren Geschütze auffahren. Mein Haar. Ein schimmerndes Blond, auf das fast alle Männer ansprangen. Ich wickelte lässig eine Strähne um den Zeigefinger. So machten das doch die Mädels, wenn sie einen Typen anschmachteten, oder? Sie spielten mit ihrem Haar.
    Aber erst als ich die Hand hob, um es aus dem Gesicht zu streichen, begannen Alcántaras Augen zu funkeln. Im nächsten Moment kniete er vor mir. Und das hatte nichts mit meiner blonden Mähne zu tun, sondern mit dem großen blauen Fleck, den mein Haar bis jetzt verdeckt hatte.
    Er sah sich meinen Wangenknochen sehr genau an. »Was ist da passiert?«, presste er schließlich im Flüsterton hervor.
    »Stockkampf-Training.« Ich rutschte tiefer in den Sessel, peinlich berührt und mehr als verlegen. »Sucher Otto täuschte links an und attackierte dann rechts.«
    Er beugte sich vor, um den Abstand, den ich zwischen uns gelegt hatte, zu verkürzen. Dann fuhr er mit einem Finger sanft meinen Wangenknochen nach. »All das Blut – so dicht unter der Haut.«
    Natürlich. Natürlich machten ihn nicht mein sexy Lächeln und nicht mein Blondhaar an. Was ihn aufgeilte, war mein Blut.
    »Das ist keine große Sache«, beschwichtigte ich. Meine Stimme klang ruhig, obwohl ich am liebsten die Flucht ergriffen hätte. Nun, zumindest hatte ich ihn von Josh abgelenkt.
    Er atmete tief ein. »Schwarz, blau, grün, purpur, gelb … jede Farbe. Nur kein Rot. Und doch so nah an der Oberfläche, all die geborstenen Gefäße, all das Blut.«
    Ich schmiegte mich in die Polster, total fertig. »Passiert immer wieder mal.«
    »So tapfer, meine kleine Acari. Wusstest du, dass man solche Verletzungen früher mit Blutegeln behandelte? Die Tierchen saugten sich an der Haut fest und nahmen das überschüssige Blut auf.« Seine Blicke wanderten von dem blauen Fleck zu meinen Lippen. »Heute haben wir andere Methoden.«
    Alarmglocken schrillten in meinem Kopf. Flieh, flieh, flieh. Aber ich konnte jetzt nicht davonlaufen. Das hatte nichts mit Josh oder mir zu tun. Was mich wie mit Klebstoff in meinem Sessel festhielt, war das Schreckgespenst Masha. Ich brauchte Alcántara auf meiner Seite, wenn ich verhindern wollte, dass Masha mich im Schlaf überfiel und umbrachte.
    Er zeichnete mit der Fingerspitze die Konturen meiner Wange nach. Dann hob er mein Kinn an und schaute mir tief in die Augen. » Mi acarita , ich frage mich, ob du auch in anderen Dingen so tapfer bist.«
    Ich wusste, dass er vom Küssen sprach. Und ich hatte geglaubt, ich könnte tapfer sein, wenn es dazu käme. Aber jetzt erkannte ich, dass meine Antwort ein entschiedenes Nein war. Zumindest in seinem Fall.
    Das hier war ganz allein meine Schuld. Ich hatte mit dem Feuer gespielt, ich hatte das Schicksal herausgefordert – sämtliche Klischees trafen auf mich zu.
    Wie schnell er vom Blut auf Küsse gekommen war. Innerlich wich ich zurück. Aber ich setzte eine Maske der Gelassenheit auf. Ich hielt völlig still, wich seinem Blick nicht aus.
    Etwas geschah – die Welt ringsum veränderte sich. Meine Haut fühlte sich eiskalt an. Meine Ohren rauschten, und im Raum wurde es dunkel, als sei ich einer Ohnmacht nahe. Und dann stürzte ich in seine Augen. Sie waren schwarz und abgrundtief, wie glänzende Obsidiansplitter.
    Ich zitterte, kämpfte gegen den Sog an. Ich wollte ihn nicht küssen. Aber warum bewegte ich mich auf ihn zu?
    Es war ein Fehler

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