Vampirgeflüster
mit diesem Bluthund, den du dabei hattest?«
»Das war Sam.« Ich stand vom Küchentisch auf, um meinen Kaffeebecher auszuspülen.
»Aber im Merlotte's hat er sich doch in einen Collie verwandelt.«
»Collies sind süß«, sagte ich. »Er dachte wohl, damit könnten die Leute am meisten anfangen. Und es ist seine liebste Tiergestalt.«
Lattesta verdrehte entnervt die Augen. Er war einer dieser leicht reizbaren Menschen. »Kommen wir zurück zum Thema.«
»Das Alibi deines Bruders scheint zu stimmen«, erzählte Andy. »Wir haben zwei-, dreimal mit Jason gesprochen, und zweimal mit Michele Schubert, und sie beharrt darauf, dass sie die ganze Nacht mit Jason verbracht hat. Sie hat uns sogar in allen Einzelheiten geschildert, was sie in dieser Nacht getrieben haben.« Andy lächelte leicht schief. »In zu vielen Einzelheiten.«
Tja, so war Michele, immer freimütig und geradeheraus. Und ihre Mutter war genauso. Als ich in den Sommerferien mal in der Bibelschule war, unterrichtete Mrs Schubert meine Altersklasse. »Sagt die Wahrheit und beschämt den Teufel«, lehrte sie uns. Michele hatte sich diesen Rat wahrlich zu Herzen genommen, wenn auch vielleicht nicht ganz so, wie ihre Mutter es gemeint hatte.
»Ich bin froh, dass du ihr glaubst«, sagte ich.
»Wir haben auch mit Calvin gesprochen.« Andy stützte sich auf den Ellenbogen. »Er hat uns über die Hintergründe von Crystals Affäre mit Dove aufgeklärt. Laut Calvin wusste Jason davon.«
»Stimmt.« Ich presste die Lippen aufeinander, denn mehr würde ich dazu nicht sagen, wenn ich es verhindern konnte.
»Und wir haben mit Dove gesprochen.«
»Natürlich.«
»Dove Beck«, las Lattesta von seinem eigenen Notizblock ab. »Sechsundzwanzig Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder.«
Da ich all das schon wusste, gab's dazu nichts zu sagen.
»Sein Cousin Alcee bestand darauf, bei dem Gespräch dabei zu sein«, fuhr Lattesta fort. »Dove behauptet, er sei den ganzen Abend zu Hause gewesen, und seine Frau bestätigt diese Aussage.«
»Ich glaube nicht, dass Dove es getan hat«, erwiderte ich, und die beiden sahen mich verdutzt an.
»Aber du selbst hast uns doch den Hinweis gegeben, dass Crystal eine Affäre mit Dove hatte«, warf Andy ein.
Ich wurde rot und wäre am liebsten im Boden versunken. »Tut mir leid, das hätte ich besser bleiben lassen. Aber ich konnte es nicht ertragen, dass alle auf Jason starrten, als wäre er auf jeden Fall der Mörder. Ich bin sicher, dass er es nicht getan hat. Und ich glaube auch nicht, dass Dove Crystal umgebracht hat. Sie war ihm einfach nicht wichtig genug, um ihr so was anzutun.«
»Aber vielleicht hat sie seine Ehe zerstört?«
»Trotzdem, so was würde er nicht tun. Dove wäre auf sich selbst sauer, nicht auf Crystal. Und sie war schwanger. Dove würde nie eine Schwangere töten.«
»Wie kannst du da so sicher sein?«, fragte Andy.
Weil ich seine Gedanken lesen kann und weiß, dass er unschuldig ist, dachte ich. Aber nicht ich, sondern die Vampire und die Wergeschöpfe waren an die Öffentlichkeit getreten. Schließlich war ich keine Supra. Ich war nur eine Spielart der menschlichen Natur. »So etwas traue ich Dove nicht zu«, sagte ich stattdessen. »Der Typ ist er einfach nicht.«
»Und das sollen wir als Beweis akzeptieren?«, fragte Lattesta.
»Es ist mir egal, was Sie damit machen«, sagte ich und konnte mir gerade noch verkneifen, ihm zu erklären, was genau er tun könnte. »Sie haben mir Fragen gestellt, und ich habe sie beantwortet.«
»Sie halten es also für ein Verbrechen aus Hass und Vorurteilen?«
Jetzt senkte ich meinen Blick auf die Tischplatte. Ich hatte zwar keinen Notizblock, von dem ich ablesen konnte, doch ich wollte mir gut überlegen, was ich sagte. »Ja«, begann ich schließlich. »Ich glaube, es war ein Verbrechen aus Hass und Vorurteilen. Auch wenn ich nicht weiß, ob es aus persönlichem Hass geschah, weil Crystal so eine Schlampe war ... oder aus rassistischem Vorurteil, weil sie zu den Werpanthern gehörte.« Ich zuckte die Achseln. »Falls ich was höre, werde ich es Ihnen sagen. Ich will, dass dieser Mord aufgeklärt wird.«
»Könnten Sie denn irgendwo was hören? Im Merlotte's?«, hakte Lattesta mit lebhaftem Interesse nach. Endlich mal ein Mann, der kein Supra war und mich als höchst wertvoll einschätzte. Pech nur, dass er verheiratet war und mich für eine Verrückte hielt.
»Ja«, sagte ich. »Im Merlotte's könnte ich was hören.«
Danach gingen die beiden, worüber ich
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