Vampirgeflüster
sagte Diantha langsam und sorgfältig.
»Diantha, wissen Sie, warum er so viele Feinde hat?« Das war eine Frage, die ich meinem Urgroßvater so direkt nicht stellen konnte, oder zumindest hatte ich den Mut dazu noch nicht aufgebracht.
Diantha musterte mich spöttisch. »Die sind auf der einen Seite und er ist auf der anderen«, sagte sie, als wäre ich etwas zurückgeblieben. »Die-ham-Ihrn-Großvater-erledigt.«
»Die... diese anderen Elfen haben meinen Großvater Fintan getötet?«
Sie nickte heftig. »Er-hat's-also-nich-erzählt.«
»Niall? Er hat nur gesagt, dass sein Sohn gestorben sei.«
Diantha brach in schrilles Gelächter aus. »Kann-man-so-sagn«, rief sie und krümmte sich schier vor Lachen. »Die-ham-ihn-zerhackt!« Ausgelassen vor Vergnügen schlug sie mir die Hand auf den Arm. Ich zuckte zusammen.
»Entschuldigung!« rief sie. »'tschuldigung-'tschuldigung-'tschuldigung!«
»Schon gut, ist ja gleich wieder vorbei.« Ich rieb meinen Arm kräftig, damit ich ihn wieder spürte. Wie schützte man sich eigentlich, wenn marodierende Elfen hinter einem her waren?
»Vor wem genau sollte ich denn Angst haben?«, fragte ich.
»Breandan«, sagte Diantha. »Das-heißt-irgndwas, hab's-vergessn.«
»Ach. Und › Niall ‹ , heißt das auch etwas?« Ja, so war ich, immer leicht abzulenken.
»Wolke«, sagte Diantha, jetzt wieder deutlicher. »Nialls Leute haben alle Himmelsnamen.«
»Aha. Ein Breandan ist also hinter mir her. Aber wer ist das?«
Diantha blinzelte. Dies war ein sehr langes Gespräch für ihre Verhältnisse. »Der Feind Ihres Urgroßvaters«, erklärte sie wieder so langsam, als sei ich völlig unterbelichtet. »Der einzige andere Elfenprinz.«
»Und warum hat Mr Cataliades Sie geschickt?«
»Sie-ham-Ihr-Bestes-getan«, sagte sie, jetzt wieder in einem einzigen Atemzug. Mit weit aufgerissenen grünen Augen sah sie mich an, nickte dann und tätschelte mir sehr sanft die Hand.
Ich hatte wirklich mein Bestes getan, um alle lebend aus der Pyramide zu retten. Aber es hatte nicht funktioniert. Es tat gut zu hören, dass der Rechtsanwalt meine Bemühungen würdigte. Ich war eine Woche wütend auf mich selbst gewesen, weil ich die Verschwörung zu diesem Bombenattentat nicht früher aufgedeckt hatte. Wäre ich aufmerksamer gewesen und hätte mich nicht so sehr von all den anderen Dingen ablenken lassen...
»Und-Sie-bekomm-auch-Ihr-Geld.«
»Oh, prima!« Trotz meiner wachsenden Sorgen über Dianthas andere Nachricht stieg meine Laune sofort. »Haben Sie einen Brief oder so etwas für mich dabei?«, fragte ich, weil ich noch Konkreteres zu erfahren hoffte.
Doch Diantha schüttelte den Kopf, und ihr zu Igelstacheln gegeltes platinblondes Haar umzitterte ihr Haupt so sehr, dass sie aussah wie ein wildgewordenes Stachelschwein. »Mein Onkel muss neutral bleiben«, sagte sie sehr deutlich. »Nix-Schriftliches-kein-Anruf-keine-Mails. Deshalb hat er mich geschickt.«
Cataliades hatte also tatsächlich seinen Kopf riskiert für mich. Nein, er hatte Dianthas Kopf riskiert. »Und was, wenn die Elfen Sie erwischen, Diantha?«
Sie zuckte die knochigen Achseln und sagte mit trauriger Miene: »Kämpfn-bis-zuletzt.« Die Gedanken der Dämonen sind nicht so leicht zu lesen wie die der Menschen, aber jeder Dummkopf konnte erkennen, dass Diantha jetzt gerade an ihre Schwester Gladiola dachte, die durch den Schwerthieb eines Vampirs gestorben war. Doch schon im nächsten Moment wirkte Diantha wieder lebensgefährlich und rief: »Abfackeln!«
Ich setzte mich auf und hob fragend die Augenbrauen, denn ich verstand nicht.
Diantha hob eine Hand, drehte sie herum und starrte auf die Handfläche. Und plötzlich schwebte eine winzige Flamme darüber.
»Ich wusste gar nicht, dass Sie so was können.« Ich war wirklich schwer beeindruckt. Unbedingt immer freundlich sein zu Diantha, ermahnte ich mich.
»Kleinkram«, erwiderte Diantha achselzuckend, was wohl heißen sollte, dass sie keine großen, sondern nur kleine Flammen entzünden konnte. Gladiola musste von dem Vampir, der sie getötet hatte, vollkommen überrascht worden sein, denn Vampire waren leicht entflammbar, viel leichter als Menschen jedenfalls.
»Brennen Elfen genauso schnell wie Vampire?«
Diantha schüttelte den Kopf. »Aber-alles-brennt«, fügte sie dann in bestimmtem, ernstem Ton hinzu. »Früher-oder-später.«
Ich unterdrückte ein Schaudern. »Kann ich Ihnen etwas zu trinken oder vielleicht zu essen anbieten?«
»Nee.« Sie stand auf und
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