Vampirjagd: Roman (German Edition)
noch nichts gegessen oder getrunken hatten, warf Daniela einen Geldschein auf den Tisch und eilte zur Tür. Dilia folgte ihr etwas steifbeinig, da sie sich konzentrieren musste, um die Spur nicht zu verlieren.
»Wie weit kann er weg sein?«, fragte Daniela, als sie auf dem Gehsteig standen.
»Einen knappen Kilometer, weiter nicht!«
»Ich rufe ein Taxi!« So rasch wie möglich tippte Daniela die entsprechende Nummer in ihr Handy ein und wartete so unruhig, als säße sie auf glühenden Kohlen, bis ein Taxi um die Ecke bog und wenige Schritte von ihnen entfernt anhielt. Inzwischen war Dilia fast ganz weggetreten. Daher musste sie ihre Freundin führen wie ein kleines Kind.
Der Taxifahrer öffnete die Tür des Fonds und stieg dann selbst ein. »Wo soll es denn hingehen?«
Ein Kilometer – wie weit war das?, überlegte Daniela verzweifelt. »Bis zum Julius-Raab-Platz!« Das war in etwa die Richtung und einen guten Kilometer entfernt.
Mit einem säuerlichen Gesicht startete der Taxifahrer den Wagen. Viel konnte er mit den beiden Frauen nicht verdienen. Er verlängerte die Fahrt jedoch, indem er durch ein paar Einbahnstraßen fuhr, die quer zu der angegebenen Richtung führten.
Dilia schüttelte mehrmals irritiert den Kopf und packte Daniela bei der Schulter. »Es weicht ab, in Richtung Stephansplatz!«
»Halt, wir haben es uns anders überlegt. Wir wollen zum Stephansplatz«, rief Daniela dem Fahrer zu.
»Die paar Meter hätten Sie aber auch zu Fuß gehen können«, antwortete dieser verärgert, bog von der Seilerstätte in die Singerstraße ein und hielt schließlich in einer Seitengasse des Stephansplatzes an.
Während Daniela ihn bezahlte und mit einem guten Trinkgeld versöhnte, ging Dilia taumelnd in Richtung Dom. Plötzlich blieb sie stehen und stieß enttäuscht die Luft aus den Lungen.
»Es ist weg! Ich habe die Spur verloren!«
Daniela starrte sie erschrocken an. »Was sagst du?«
»Die Spur ist weg! Ich fühle gar nichts mehr. Dabei war ich mir vorhin ganz sicher, sie zu haben.«
»Das Mistvieh hat gemerkt, dass du es entdeckt hast, und tarnt sich jetzt so, wie es die Prestl damals gemacht hat!« Danielas Stimme zitterte vor Wut und Angst. Die Aktionen der schwarzen Königin Monique Prestl hätten damals beinahe den ganzen Wiener Vampirclub ins Verderben geführt. Sich nun vorstellen zu müssen, dass es wahrscheinlich einen Vampir gab, der ähnliche Fähigkeiten wie diese Hexe besaß, löste würgende Angst in ihr aus.
6
Stela spürte eine sanfte Berührung, schwach wie ein Windhauch, doch als sie aufblickte, war niemand in der Nähe. Dennoch musste eine Person aufgetaucht sein, die vertraut roch. Im nächsten Augenblick entdeckte sie Daniela und wollte auf sie zulaufen. Gerade noch rechtzeitig fiel ihr ein, dass die nette Frau sie ja nur in ihrer Erscheinung als Hund kannte.
Tränen der Enttäuschung stiegen ihr in die Augen, gleichzeitig aber horchte sie besorgt auf. Ihre große Freundin hatte großen Kummer. War sie bekümmert, weil ihr der kleine Hund entlaufen war?, fragte Stela sich. Sie konzentrierte sich kurz und schüttelte dann den Kopf. Zwar spürte sie eine gewisse Traurigkeit an der freundlichen Frau, die wohl ihr galt, doch diese wurde von stärkeren Gefühlen überdeckt.
Gerne hätte Stela ihre große Freundin getröstet. Doch als kleines Mädchen konnte sie das nicht tun. Trotzdem ging sie auf Daniela zu und sah sie mit leuchtenden Augen an.
»Bittä, mildä Gabä!« Die Worte kamen wie von selbst aus ihrem Mund, und sie schämte sich sofort dafür. Ihr Herr, das fühlte sie, hatte sie bereits dressiert wie ein Tier.
Daniela blieb stehen und betrachtete das Kind in dem viel zu großen Kittel und wunderte sich, weil die Augen der Kleinen ihr seltsam bekannt vorkamen. Eigentlich wollte sie der Bettelei, die hier in Wien überhandnahm, nicht Vorschub leisten, dennoch holte sie ihre Börse hervor und zog eine Fünfeuronote heraus.
»Hier!«, sagte sie und streckte Stela den Schein entgegen.
Diese hatte bislang nur Münzen erhalten und starrte den Schein verwirrt an. Dann griff sie zögernd zu und steckte ihn in den Beutel unter ihrem Kittel. »Dankä!«
»Schon gut!«, sagte Daniela und wandte sich wieder Dilia zu. »Was machen wir jetzt?«
»Ich würde vorschlagen, wir gehen um den Stephansplatz herum. Vielleicht finde ich dann die Spur wieder.« Dilia ging staksend weiter und Daniela folgte ihr.
Stela sah den beiden nach und schnupfte ein paar Tränen. Auch die andere
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