Vampirjagd: Roman (German Edition)
sich, dass Berni kein Mann wäre, wenn er das nicht merken würde.
Kurz überlegte sie, ob die neuen Medikamente, die sie vom Arzt erhalten hatte, endlich Wirkung gezeigt hatten, denn sie fühlte sich auch nach dem Anziehen weder schwach noch schwindelig. Zudem war sie viel zu unternehmungslustig, um einfach nur in der Wohnung zu bleiben. Daher nahm sie eine leichte Sommerjacke vom Haken und machte sich auf den Weg. Berni würde sich sicher freuen, wenn sie ins Büro kam und ihre Aufgaben erledigte.
9
Unterwegs suchte Vanessa ihre Stammfleischhauerei auf und verblüffte die Verkäuferin erneut, indem sie eine dicke Scheibe roten Presssacks kaufte. Für Berni nahm sie warmen Fleischkäse mit. Mehrere Semmeln und eine Flasche Blutorangensaft vervollständigten ihre Einkäufe.
Als sie das Hinterhofbüro in der Biberstraße erreichte, stellte sie ihre Tasche auf ihren Schreibtisch. »Hallo, Berni. Ich habe dir etwas zu essen mitgebracht«, grüßte sie lächelnd.
»Pass auf, das ist doch fettig«, wies ihr Mann sie zurecht.
Das war nicht der einzige Dämpfer, den er ihrem Optimismus versetzte. Ihm passte auch der Fleischkäse nicht, der unterwegs zu kalt geworden sei, und er schimpfte, weil sie beim Getränkekauf nur an sich gedacht hätte.
Vanessa atmete dreimal tief durch, bevor sie Antwort gab. »Ich dachte, der Saft ist für uns beide!«
»Du weißt doch, dass ich keinen Orangensaft mag, und Blutorangensaft schon gleich gar nicht. Aber du denkst ja nie nach«, maulte Berni.
Ich wäre besser im Bett geblieben, dachte Vanessa verärgert. Dort hätte sie wenigstens nicht als Blitzableiter für die schlechte Laune ihres Mannes dienen müssen. Einen Augenblick lang überlegte sie, ihm doch die Meinung zu sagen. Doch sie fühlte sich nicht mehr stark genug und wollte keinen Streit provozieren. Daher nahm sie ihre Handtasche und wandte sich zur Tür. »Was magst du trinken? Ich geh noch einmal los und besorge dir was.«
Berni wies auf ihren Computer. »Erledige lieber die anstehenden E-Mails. Das ist wichtiger.«
»Auch gut!« Da will man seinen guten Willen zeigen und wird deswegen auch noch angeranzt, dachte Vanessa und nahm an ihrem Schreibtisch Platz. Sie fuhr den Computer hoch und rief die aktuellen Dateien auf. Schon auf den ersten Blick sah sie, dass Berni keine einzige E-Mail und auch keinen Brief beantwortet hatte. Zeit dafür hätte er genug gehabt.
Mit einem leisen Schnauben machte sie sich an die Arbeit, und für mehr als eine Stunde war nur das Klappern der Computertastatur zu hören. Während Vanessa schrieb, blickte sie immer wieder zu ihrem Mann hinüber. Berni saß ungewohnt steif und verkrampft auf seinem Stuhl und stierte vor sich hin, statt in den Ordner zu schauen, der aufgeschlagen vor ihm lag.
»So! Mit den wichtigsten Sachen bin ich durch«, meldete Vanessa und druckte die Texte aus.
Als sie die Blätter Berni vorlegte, fuhr dieser wütend auf. »Was soll denn der Schmarrn? Du hast die Briefe vertauscht. Die sechs Paletten aus Antwerpen gehen doch an den Rankmair in Sankt Kanzian!«
Im ersten Augenblick glaubte Vanessa, einen Fehler begangen zu haben. Doch als sie die Unterlagen prüfte, erkannte sie, dass sie richtig gehandelt hatte.
»Das hast du jetzt verwechselt, Berni. Der Rankmair kriegt vier Paletten aus Triest. Die sechs Paletten aus Amsterdam sind für Mittermüller in Wörgl bestimmt.«
»Zeig her!« Berni riss ihr den Ordner aus der Hand, schaute hinein und warf ihn dann mit einem Schnauben auf den Schreibtisch. Auf eine Entschuldigung oder ein »Gut aufgepasst!« wartete Vanessa jedoch vergebens.
Stattdessen nörgelte Berni weiter an ihr herum. »Herrschaftssakra! Warum hast du noch keinen Kaffee gemacht?«
»Weil du gesagt hast, ich soll zuerst die Post erledigen!« Allmählich verlor Vanessa die Geduld und sagte sich, dass sie sich diese Behandlung nicht mehr lange gefallen lassen würde. Dennoch kochte sie Kaffee und stellte Berni eine volle Tasse hin.
Prompt fuhr er auf. »Warum hast du mir nur zwei Stück Zucker dazugelegt?«
»Weil du bis jetzt immer nur zwei Stück in deinen Kaffee getan hast!«
»Heut will ich aber drei haben!«
»Ich bin keine Gedankenleserin!«, gab Vanessa schroff zurück, holte ihm aber das verlangte Zuckerstück.
Dann trank sie ihren eigenen Kaffee. Doch er schmeckte wie Spülwasser, und so schob sie die fast volle Tasse angewidert von sich weg. Dabei hatte sie das Gefühl, als stellte sich ihr Innerstes auf den Kopf.
Das betraf wohl
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