Vampirjagd: Roman (German Edition)
Blutstropfen von Bernis aufgeplatzter Lippe über das Kinn lief. Gleichzeitig zog sich ihr Magen zu einem schmerzhaften Klumpen zusammen, und sie überhörte beinahe, wie Erwin ihren Mann fragte, wo er sein Bargeld versteckt hätte.
Da Berni nicht sofort antwortete, schlug Rainer erneut zu.
»Was ist jetzt?«, fragte er scharf.
Berni begriff, dass Erwin ihn zum Krüppel schlagen lassen würde, wenn er nicht gehorchte, und senkte den Kopf. »Der Safe ist dort hinter dem Bild.«
Bei dem Gemälde handelte es sich um einen kitschigen Akt, den er auf einem Flohmarkt gekauft hatte, um sein Büro wohnlicher zu gestalten. Erwin strich mit der rechten Hand über die nackten Brüste der gemalten Frau. »Nicht übel, Berni! Aber wenn du mir jetzt noch sagst, wie ich den Safe aufbringe, wärst du mein bester Freund.«
Berni taumelte zu ihm hin, nahm das Bild ab und gab die Codenummer ein. Danach öffnete er den Safe und sah hilflos zu, wie Erwin sämtliche Geldbündel herausholte und auf seinem Schreibtisch stapelte.
»Das ist ja schon einmal ein Anfang«, meinte der Bandit spöttisch, wurde aber gleich wieder ernst. »Mehr Geld hast du nicht zusammengebracht?«
Berni schüttelte den Kopf. »Das ist alles, was ich besitze!«
»Und wie viel hast du in deiner Wohnung versteckt?«
»Da ist nichts! Nur das Haushaltsgeld meiner Frau«, rief Berni. Doch er konnte den ausgebufften Ganoven nicht täuschen.
»Wir werden nachschauen, Berni«, antwortete Erwin und stopfte das Geld in eine Plastiktüte.
Vanessa sog noch immer den Geruch des Blutes ein, das ihrem Mann über das Kinn lief, und wäre am liebsten zu ihm hingegangen, um es abzulecken. Unwillkürlich strich sie sich mit der Zunge über die Zähne und zuckte zusammen, als sie sich an ihren Eckzähnen schnitt, die sich mit einem Mal rasiermesserscharf anfühlten. Auch kamen sie ihr länger vor als früher.
Jetzt dreh nicht durch, sagte sie sich, um sich zur Ordnung zu rufen. Immerhin sind wir von üblen Schurken überfallen worden. Denk lieber nach, wie wir den Kerlen entkommen können. Leicht würde das nicht werden. Doch sie hoffte, unterwegs oder spätestens in ihrem Wohnhaus jemand auf sich aufmerksam machen zu können.
11
Die Banditen waren keine heurigen Hasen, das begriff Vanessa in dem Augenblick, in dem die Kerle Bernis Hände mit Kabelbindern an dessen Gürtel und die ihren an zwei Gürtelschlaufen ihrer Jeans befestigten. Auf diese Weise konnten sie zwar noch die Ellbogen bewegen, waren aber Erwin und seinen Leuten hilflos ausgeliefert. Dazu klebten die Kerle ihr und ihrem Mann breite Klebstreifen über den Mund, um zu verhindern, dass sie um Hilfe rufen konnten.
Auch die Art, wie die Banditen sie aus dem Büro hinausschafften und nach unten brachten, bewies, dass sie Erfahrung in solchen Dingen hatten. Als Erster verließ Rubanter junior den Raum, und diesem folgte einer der Zwillinge. Als Ferdinand von unten das Zeichen gab, dass die Luft rein war, winkte Rainer seinem Bruder, ihm mit Vanessa zu folgen, während Erwin Berni vor sich herschob. Innerhalb kürzester Zeit hatten sie das Erdgeschoss erreicht und verließen das Haus durch den Hinterausgang, der im Schatten der umliegenden Gebäude lag. Daher konnte jemand, der aus einem der Fenster herabschaute, nur erkennen, dass ein paar Leute in einen nahe der Tür parkenden Kleinbus einstiegen.
Während Vanessa verzweifelt überlegte, wie sie jemand auf diese Entführung aufmerksam machen konnte, spürte sie deutlich, dass Berni sich aufgegeben hatte. Aber hätte er, als er Erwin damals um die Beute betrogen und an die Polizei verraten hatte, nicht mit dessen Rachsucht rechnen müssen?, fragte sie sich.
Nach einer Weile hielt Ferdinand den Wagen an. Erwin stieg nach hinten. »Okay, Berni. Ich nehme dir jetzt das Klebepflaster ab, dann kommst du mit mir. Wehe, du machst einen Mucks! Dann steche ich dich ab wie ein Schwein!« Als Berni furchtsam nickte, zog Erwin ihn vom Sitz hoch und führte ihn aus dem Wagen. Einer der Zwillinge folgte ihnen.
Vanessa sah den dreien nach und hoffte, dass Berni Manns genug war, die Nachbarschaft zu alarmieren. Gleichzeitig packte sie die Angst. Es war Donnerstag, und da kam Stephanie früher aus der Schule nach Hause. Lieber Herrgott, sorge dafür, dass sie noch nicht in der Wohnung ist, flehte sie in Gedanken und verging in den nächsten Minuten vor Angst um ihre Schwester.
12
Die Schläge, die Rainer ihm versetzt hatte, aber auch die eiskalte Art, mit der Erwin
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