Vampirmelodie
weise den Mund. »Da frage ich mich doch, warum sie nicht gleich an meine Tür gekommen ist, wenn sie das alles wissen wollte?«, sagte ich bloß.
»Ich glaube, sie sammelt diese Informationen, weil sie irgendwelche eigenen Absichten verfolgt.«
Tja. Manchmal verstand ich Vampire einfach nicht.
»Es gibt aber ein paar Dinge, die du wissen solltest über Karin«, fuhr Bill rasch fort, als ich darauf nichts laut erwiderte. »Sie nimmt Anstoß an jeder noch so geringfügigen … Impertinenz Eric gegenüber … an jeder Diffamierung. Und sie hat viele Jahre mit ihm verbracht, als so eine Art Wachhund.«
Ich war nur froh, dass ich immer einen Kalender mit dem Wort des Tages auf dem Küchentresen hatte. Sonst hätte ich das Fremdwörterbuch aus dem Regal ziehen müssen, um diesen Satz zu verstehen. Ich wollte Bill schon fragen, warum ich Karin denn nie kennengelernt hatte, wenn sie so versessen war auf Eric, ließ das aber fallen und sagte stattdessen lieber: »Ich renne ja nicht herum und diffamiere Eric. Ich liebe Eric. Und es ist nicht mein Fehler, dass er sauer auf mich ist. Oder dass dieser Arsch von einem Schöpfer ihn mit einer Vampirin verlobt hat,die er kaum kennt.« Ich klang genauso bitter, wie ich mich fühlte. » Daran sollte sie mal Anstoß nehmen.«
Bill blickte nachdenklich drein, was mich sehr nervös machte. Gleich würde er etwas sagen, von dem er wusste, dass es mir nicht gefallen würde. Ich drückte meinen Fußknöchel noch fester.
»Alle Vampire des Bezirks Fünf wissen, was auf der Versammlung des Reißzahn-Rudels passiert ist«, sagte er.
Das war nicht wirklich schockierend. »Eric hat’s dir erzählt.« Ich suchte nach irgendetwas, das ich auf seine Feststellung noch erwidern konnte. »Es war eine furchtbare Nacht«, fügte ich schließlich aufrichtig hinzu.
»Er ist rasend wütend ins Fangtasia zurückgekommen, hat sich aber nicht dazu geäußert, was genau ihn derart wütend gemacht hat. Er sagte nur ein paar Mal: ›Verdammte Wölfe!‹« Hier hielt Bill wohlweislich inne. Eric hatte vermutlich auch noch ein paar Mal »Verdammte Sookie!« hinzugefügt. Dann fuhr Bill fort. »Palomino ist immer noch mit diesem Werwolf zusammen. Diesem Roy, der für Alcide arbeitet.« Er zuckte die Achseln, wie um auszudrücken, dass sich über Geschmack eben nicht streiten lasse. »Und da wir natürlich alle neugierig waren, rief sie Roy an, um die Details zu erfahren. Sie hat uns die Geschichte dann erzählt. Es war wichtig für uns, Bescheid zu wissen.« Bill schwieg einen Moment. »Wir haben Mustapha gefragt, da nicht zu übersehen war, dass er einen Kampf hinter sich hatte. Aber er wollte sich nicht äußern. Er ist sehr verschlossen, wenn es um das Geschehen in der Werwolfwelt geht.«
Eine Weile lang herrschte Schweigen. Ich wusste einfach nicht, was ich darauf sagen sollte, und Bills Miene konnte ich in diesem Augenblick auch keinen Hinweis entnehmen. Vor allem empfand ich Hochachtung für Mustapha, den Werwolf, der Erics Mann für tagsüber war.Mustapha gehörte einer raren Spezies an, er konnte den Mund halten.
»Also«, zwang ich mich zu sagen. »Und du denkst … was?«
»Macht das irgendeinen Unterschied?«, fragte Bill.
»Du gibst dich ja sehr geheimnisvoll.«
»Du bist hier diejenige, die ein großes Geheimnis gehütet hat«, betonte er. »Du bist diejenige, die die Elfenversion eines Wunschbrunnens in ihrem Besitz hatte.«
»Eric wusste es.«
»Was?« Bill war ehrlich schockiert.
»Eric wusste, dass ich es hatte. Obwohl ich es ihm nicht erzählt habe.«
»Woher wusste er es dann?«
»Von meinem Urgroßvater«, sagte ich. »Niall hat es ihm erzählt.«
»Warum sollte Niall so etwas tun?«, fragte Bill nach einer merklichen Pause.
»In Nialls Logik ist es so«, begann ich. »Niall meinte, dass ich herausfinden müsse, ob Eric mich zwingen würde, das Cluviel Dor zu seinem eigenen Vorteil zu benutzen. Niall wollte es selbst haben, doch er hat es sich nicht genommen, weil es dafür gedacht war, dass ich es benutze.« Ich schauderte in Erinnerung daran, wie Nialls unglaublich blaue Augen vor Begierde nach dem magischen Objekt geglüht hatten, wie sehr er hatte an sich halten müssen.
»Aus Nialls Sicht war es also ein Test von Erics Liebe zu dir, dass er Eric sein Wissen mitgeteilt hat.«
Ich nickte.
Bill starrte ein, zwei Minuten lang zu Boden und dachte nach. »Es liegt mir wirklich fern, Eric zu verteidigen«, sagte er schließlich mit dem Anflug eines Lächelns, »aber jetzt
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