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Vampirmelodie

Vampirmelodie

Titel: Vampirmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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um, die an einem Haken hingen. Ich war früh dran. Wenn Sam mit mir reden wollte, war Zeit genug dafür.
    Doch als ich nach vorn kam, war die Person, die hinter dem Tresen stand, Kennedy Keyes. Enttäuschung ergriff mich. Nicht dass irgendetwas mit Kennedy nicht stimmte; ich hatte sie immer gemocht. Und heute glänzte sie so strahlend hell wie ein neuer Penny. Ihr volles braunes Haar schimmerte und fiel in Locken lose auf ihre Schultern, sie war mit großer Sorgfalt zurechtgemacht, und ihr ärmelloses rosa Tanktop, das in die Leinenhose hineingezogen war, saß wie angegossen. (Sie hatte immer darauf bestanden, dass Barkeeper keine Arbeitsuniform tragen sollten.)
    »Gut siehst du aus, Kennedy«, sagte ich, und sie drehte sich herum, den Ohrstöpsel ihres Handys im Ohr.
    »Ich hab grad mit meinem Schatz geredet und dich gar nicht kommen hören«, sagte sie leicht vorwurfsvoll. »Wie geht’s denn? Haste die Grippe überstanden? Ich wollt dir schon ’ne Hühnersuppe von Campell’s vorbeibringen.« Kennedy konnte nicht kochen und war stolz darauf, was meine Großmutter ziemlich schockiert hätte, das ist mal sicher. Und sie hätte auch keine Sekunde lang geglaubt, dass ich krank war.
    »Mir ging’s miserabel. Aber jetzt ist es schon viel besser.« Das stimmte tatsächlich. Ich war erstaunlich froh, zurück im Merlotte’s zu sein. Hier arbeitete ich schon viel länger als in jedem anderen Job. Und inzwischen war ich sogar Sams Geschäftspartnerin. Die Bar war zu einem Zuhause für mich geworden. Es kam mir vor, als wäre ich einen ganzen Monat lang weg gewesen. Aber alles sah noch genauso aus wie immer. Terry Bellefleur war früh am Morgen schon da gewesen und hatte alles blitzblank geputzt. Ich begann die Stühle von den Tischen zu nehmen, wohin er sie bugsiert hatte, um den Fußboden zu wischen. Mit ein paar raschen Handgriffen, die Effizienz langjähriger Routine, hatte ich die Tische vorbereitet und fing an, Besteck in Servietten einzurollen.
    Einige Minuten später hörte ich, wie die Eingangstür für Angestellte aufging. Ich wusste, dass der Koch gekommen war, denn ich hörte ihn singen. Antoine arbeitete jetzt schon seit Monaten im Merlotte’s, länger als viele andere Imbissköche es je durchgehalten hatten. Wenn nicht so viel zu tun war (oder auch einfach, wenn es ihn überkam), sang er. Und da er eine wunderbar tiefe Stimme hatte, machte es keinem etwas aus, und mir schon gar nicht. Ich konnte auf Teufel komm raus keinen einzigen Ton richtig treffen und freute mich immer, wenn ich seine Lieder hörte.
    »Hey, Antoine«, rief ich.
    »Sookie!«, rief er zurück, und sein Kopf tauchte in der Küchendurchreiche auf. »Schön, dass du wieder da bist. Wie fühlst du dich?«
    »Pudelwohl. Wie sieht’s mit deinen Vorräten aus? Gibt’s irgendwas, das wir besprechen müssen?«
    »Wenn Sam nicht bald zurückkommt zur Arbeit, müssen wir mal zum Großhandel in Shreveport fahren«, sagte Antoine. »Ich hab schon angefangen, ’ne Liste zu machen. Ist Sam noch krank?«
    Ich machte Anleihen bei Bill und zuckte einfach bloß die Achseln. »Wir hatten beide ein Virus«, sagte ich. »In null Komma nichts wird alles wieder so sein wie immer.«
    »Das wär prima.« Er lächelte und machte sich dann daran, die Küche vorzubereiten. »Ach, gestern war übrigens eine Freundin von dir hier.«
    »Ja, das hab ich ganz vergessen«, warf Kennedy ein, »die hat, glaub ich, mal hier gekellnert.«
    Es gab so viele ehemalige Kellnerinnen, dass ich eine halbe Stunde gebraucht hätte, um ihren Namen zu erraten. Und es interessierte mich auch nicht so sehr, dass ich mich sofort damit beschäftigt hätte, zumindest nicht jetzt, da noch genug Arbeit zu erledigen war.
    Genug Personal fürs Merlotte’s aufzutreiben war immer ein Problem. Der beste Freund meines Bruders, Hoyt Fortenberry, würde bald eine langjährige Kellnerin der Bar heiraten, Holly Cleary. Und jetzt, da die Hochzeit kurz bevorstand, hatte Holly ihre Arbeitsstunden reduziert. Also hatten wir in der Woche zuvor die zierliche, spindeldürre Andrea Norr angestellt, die sich »An« nennen ließ (ausgesprochen Ahn ). An war erstaunlich prüde, zog die Männer aber an wie eine Limodose die Wespen. Obwohl ihre Röcke länger, ihre T-Shirts weiter und ihre Brüste kleiner waren als die aller anderen Kellnerinnen, folgten die Augender Männer der neuen Angestellten bei jedem ihrer Schritte. An schien das völlig normal zu finden; und wir hätten gewusst, wenn das nicht der Fall

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