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Vampirnacht

Vampirnacht

Titel: Vampirnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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Kelch auf den Tisch stellte und die Kerze entzündete, legte ich den Dolch daneben.
    Der Duft von Ylang-Ylang und Jasmin verbreitete sich im Raum. Roman nahm die Phiole und öffnete sie. Ein seltsamer Geruch stieg daraus auf, schwer und berauschend, und ich fuhr mir unwillkürlich mit der Zunge über die Lippen. Ich hätte gern gefragt, was das war, zwang mich aber zu schweigen. Vorsichtig drehte er die Phiole über dem Kelch um und ließ einen … zwei … drei Tropfen der kupferfarbenen Flüssigkeit in das Blut fallen. Dann rührte er es mit dem Silberdolch um. Er verschloss die Phiole wieder, legte den Dolch beiseite, nahm den Kelch, tauchte den Daumen in das Blut und drückte ihn mir an die Stirn.
    »Ich salbe dich im Namen der Ersten Mutter.« Wieder tauchte er den Daumen ein und bedeutete mir, die Falten meines Gewands über der Brust beiseitezuziehen. Er drückte den Daumen auf meine Brust über dem Herzen.
    »Ich salbe dich im Namen von Blodweyn, meiner Mutter und Meisterin.« Ein drittes Mal nahm der Daumen Blut auf und presste es an meine Lippen.
    »Ich salbe dich in meinem Namen – Roman, Ritter des Vampirischen Reiches, Sohn des Purpurnen Schleiers.« Er hob den Kelch, nickte mir zu und leerte ihn zur Hälfte. Dann reichte er ihn mir mit einem Nicken. »Trink.«
    Ich schluckte, und das Blut schmeckte köstlich, nach Balsam, Zimt und Nelken, Feuer und Kupfer. Als es meine Kehle hinabrann, begann der Raum sich um mich zu drehen. Ich schluckte meine Angst mit dem roten Nektar herunter.
    Ich war schon durch Portale gereist und durch den Tod gegangen. Ich erkannte einen bedeutenden Übergang, wenn ich ihn spürte. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
    Roman stand auf und ließ sein Gewand fallen. Darunter war er nackt, und seine Narben glühten beinahe. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Ich konnte jede einzelne der Narben erkennen, die sich in seinen tausend Jahren angesammelt hatten. Er bedeutete mir, aufzustehen, und auch ich ließ mein Gewand fallen. Ich schaute an mir hinab und erschrak, als jedes Mal, das Dredge in meine Haut geritzt hatte, zu leuchten und zu schimmern begann. Ich funkelte wie ein riesiges Glühwürmchen. Doch aus irgendeinem Grund war mir das hier – an diesem seltsamen Ort – nicht unangenehm.
    Roman nahm meine Hand, und wir traten zurück. Der Altartisch glitt nach links zur Seite, und eine Geheimtür tat sich auf. Dahinter lag ein dunkler Gang. Trommeln dröhnten, und ich hörte Musik, als Roman mich in den Tunnel zog. Er lief schneller, und mir wurde plötzlich bewusst, dass wir uns nicht mehr in seiner Villa befanden, sondern irgendwo zwischen den Welten.
    Dann tauchte am Ende des Gangs ein Lichtschein auf, und wir rasten darauf zu und platzten auf eine weite Lichtung unter dem regnerischen Nachthimmel.
    Vor uns ragte ein kleiner Palast auf, der Romans Villa bescheiden wirken ließ. Er war in Alabaster- und Goldtönen gestrichen und von Wachen umringt, doch sie schienen keine Notiz von uns zu nehmen. In purpurnen Gewändern, Dolche mit goldenen Griffen im Gürtel, standen sie stramm da.
    Wir gingen die Treppe zum Eingang hinauf, Hand in Hand, nackt und glühend, und glitten durch die Tür hindurch wie Geister. Ich sah Roman von der Seite an, doch er wirkte vollkommen gelassen, als täte er das jeden Tag.
    Im Foyer führte er mich nach rechts in einen Nebenraum, der sich als Garderobe entpuppte. Sie war so groß wie unser Wohnzimmer zu Hause. Roman reichte mir eine schlichte weiße Tunika und drapierte einen roten Umhang um seine Schultern, der mit goldenen Bändern und Perlen besetzt war. Ich schlüpfte in das schlichte Baumwollkleid und fragte mich einmal mehr, worauf ich mich da eingelassen hatte.
    Wir gingen wieder hinaus und auf die Flügeltür zu einem Saal zu. Roman nahm meine Hand.
    Er blickte auf mich hinab und blieb einen Moment lang stehen. »Du wirst jetzt dem Purpurnen Schleier vorgestellt. Durch das Ritual bist du meine Erbin und folglich mit meiner Mutter verwandt. Zaudere nicht. Weiche nicht zurück. Du kannst nie wieder die sein, die du warst, ehe du das Blutopfer getrunken hast. Hast du mich verstanden, Menolly? Enttäusche mich nicht.«
    Als ich die gewaltige Bedeutung dessen begriff, was hier geschah, konnte ich nur stumm nicken. Mir blieb nichts anderes übrig, als vorwärtszugehen.
    »Ja.« Jede Faser meines Wesens sträubte sich dagegen, ihm zu gehorchen – nicht, weil er etwas Falsches von mir verlangt hätte, sondern weil ich es verabscheute, mich

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