Vampirnacht
dass ich ihn als beengend empfand. Aber hübsch, das musste ich ihm lassen. Zwei Récamieren standen im rechten Winkel zueinander um einen verschnörkelten Couchtisch, und der Raum war ein Mischmasch aus schwerem Samt, Brokat und Jacquardstoffen. In dieser Hinsicht hatten er und Carter viel gemeinsam, aber Carters Geschmack war minimalistischer.
Nerissa hatte offenbar meine Gedanken gelesen. »Du magst es nicht gerade minimalistisch, oder? Kannst du hier drin atmen?«
Er lachte. »Ich brauche nicht zu atmen. Und ja, mir ist bewusst, dass mein Geschmack, nun, der einer anderen Epoche ist. Aber dies ist mein Zuhause, also …« Er zuckte wieder mit den Schultern, und ich sah ihm an, dass das hier nicht ganz so lief, wie er es sich vorgestellt hatte.
Sie lachte und schlang einen Arm um meinen Hals. »Schon gut – ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen. Es ist wunderschön, nur so gar nicht mein Geschmack. Ein bisschen klaustrophobisch.«
Ich blinzelte. Nerissa gab sich immer die größte Mühe, höflich und diplomatisch zu sein. Ich konnte mir nicht erklären, was in sie gefahren war – oder versuchte sie, Roman abzutörnen?
Sie beugte sich vor und küsste mich auf den Mund, und ich erwiderte den Kuss und ließ mich an ihren weichen, herrlichen Körper sinken. Ihre Haut war so zart wie ein seidenes Laken, absolut unwiderstehlich. Ich rieb das Gesicht an ihrem Arm.
Roman räusperte sich und zog sich etwas zurück. Ich blickte kurz zu ihm hinüber. Er ging zu einem Ohrensessel, ohne uns dabei aus den Augen zu lassen, und seine Fangzähne fuhren langsam aus. Er fing meinen Blick auf, und ich sah in seinen Augen etwas Überraschendes. Ich hatte einen hochmütigen Ausdruck erwartet, reservierte Überlegenheit, doch ich sah Begehren. Hunger, aber nicht den Hunger des Raubtiers.
Und Einsamkeit.
Verwundert zögerte ich einen Moment lang. Dann schlang ich die Arme um Nerissa, küsste die Haut zwischen ihren Brüsten und sank dann auf die Knie, um die Lippen auf ihren Bauchnabel zu pressen. Sie nahm meine Hand und bedeutete mir, wieder aufzustehen. Dann schaute sie zu Roman hinüber, und anscheinend sah sie, was ich auch gesehen hatte, denn ihre Miene wurde weich. Sie beugte sich vor, küsste mich auf die Stirn, die Nase, den Mund, aber sehr zart, beinahe keusch, und streichelte meine Wange.
Sie wandte sich Roman zu und lächelte ihn an. »Das hier ist das, was du eigentlich willst, nicht wahr? Du bist nicht nur scharf auf einen Dreier. Ausschweifungen langweilen dich schon seit vielen Jahren. Was du suchst …«
Er starrte sie an, und seine Miene wurde finster. »Sprich es nicht aus, Mädchen.«
Da traf es mich wie ein Schlag. Roman hatte mir gesagt, dass er im Begriff war, sich in mich zu verlieben, und ich hatte ihn gewarnt, das nicht zu tun. Er war im Lauf der Jahrhunderte mehrmals verheiratet gewesen … so vieler Jahrhunderte. Und er hatte die meisten seiner Frauen an den Tod verloren – die meisten waren keine Vampirinnen gewesen. Und die Vampirinnen unter seinen Frauen hatten sich irgendwann anderen zugewandt. Er wollte jemanden, der bis zum Ende mit ihm zusammen sein würde, für immer.
»Roman, bitte … mach dir keine Hoffnungen.«
Zwing mich nicht dazu, dich zu verletzen. Zwing mich nicht, dir zu sagen, dass ich dich nicht liebe.
»Ich weiß«, sagte er langsam. »Aber … ihr beiden … ihr habt etwas, das ich vielleicht berühren kann, und sei es nur einen Augenblick lang. Eine Blume, zart und empfindlich und dennoch stärker als Stahl.« Er richtete sich auf, als wollte er aufstehen, zögerte aber dann. »Wenn ihr möchtet, dass ich gehe, werde ich euch allein lassen.«
Ich sah Nerissa an. Das war ihre Entscheidung. Sie blieb einen Moment lang schweigend stehen, dann ging sie langsam zu Roman hinüber.
»Komm.« Sie hielt ihm die Hand hin. Er betrachtete sie, drehte sie um und küsste ihr Handgelenk. »Komm mit uns.«
Als er zögerlich aufstand, beugte sie sich vor und küsste ihn auf die Wange. »Wir können dir nicht geben, was du dir am meisten wünschst, aber zumindest das Nächstbeste.« Sie öffnete den Gürtel seines eleganten Hausmantels und schob ihn von seinen Schultern.
Ich zog mir Stiefel, Shirt und Jeans aus. Nackt ging ich zu der Chaiselongue hinüber, auf der die beiden Platz genommen hatten. Nerissa streichelte zärtlich seine Schulter, und ihm schien es die Sprache verschlagen zu haben – das war Blodweyns Sohn sicher noch nicht oft passiert.
Ich schlüpfte mit
Weitere Kostenlose Bücher