Vampirnacht
verschränkte die Finger mit meinen.
Als ich allmählich wieder zu mir kam, raunte ich leise: »Ich liebe dich.« Und dann erst wurde mir bewusst, wo wir waren. Wir setzten uns langsam auf, und ich blickte mich um. Roman war verschwunden.
»Wann ist er denn gegangen?«
»Ich habe keine Ahnung.« Nerissa streckte sich mit einem genießerischen Ausdruck auf dem Gesicht. Sie zog die Knie an die Brust und schlang die Arme um die Beine. »Das war … anders. Aber nicht übel. Und nicht das, was ich erwartet hatte.«
»Finde ich auch.« Ich lehnte mich an ihre Schulter. »Woher hast du das gewusst?«
»Was denn?« Sie zitterte, und ich holte eine Decke von einer der Récamieren und legte sie ihr um die Schultern.
»Dass Roman einsam ist. Ich habe das nicht erkannt. Ich hatte keine Ahnung. Ich dachte, er wollte nur …« Doch dann verstummte ich. Es hatte schon gewisse Gesten gegeben, er hatte Andeutungen gemacht, die mich verwundert hatten. Vielleicht hatte ich es doch gewusst, es aber nicht sehen wollen, weil ich mich dann damit hätte befassen müssen.
»Ich glaube, ich habe es bei dem AB -Treffen bemerkt, als er uns beobachtet hat. Auf der Fahrt zu dir nach Hause haben wir uns unterhalten. Er hat … von unserer Hochzeit gesprochen, also habe ich mich nach seinen Hochzeiten erkundigt. Er hat nicht viel erzählt, aber dann hat er mich angesehen und gesagt: ›Es kann nie genug Liebe auf der Welt geben. Ich bin froh, dass Menolly dich hat.‹ Und er klang so verloren wie ein kleiner Junge, der im Regen herumirrt und nicht weiß, wo es nach Hause geht.«
Es fiel mir schwer, mir vorzustellen, dass Roman das gesagt hatte. Aber Nerissa war eine geschulte Beraterin. Sie wusste, wie sie jemanden dazu ermuntern konnte, sich ihr anzuvertrauen.
Ich nickte. »Wenn ich die geringste Bereitschaft zeigen würde, wirklich seine Freundin zu werden statt nur seine offizielle Gefährtin, wäre er begeistert.« Ich stand auf und verschränkte fest die Arme. Ich wollte unbedingt duschen. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es schon fast vier Uhr früh war. Wir würden bald gehen müssen.
»Ja, ganz sicher. Ich sehe ja, wie er dich anschaut. Menolly, Schatz, er will mich nicht. Hierbei ging es nicht um
mich.
Deshalb habe ich ihm heute Nacht vorgeschlagen. Es geht um das, was du und ich haben und er nicht. Das musste er mit eigenen Augen sehen. Um sich zu beweisen, dass das mit uns beiden echt ist. Dass er uns nie wird auseinanderbringen können. Zum Glück ist Roman zu sehr Gentleman, um sich aufzudrängen und irgendetwas zu erzwingen.«
Ich nickte. »Ja, das ist er. Vielleicht hat er noch mehr Gefühle – Emotionen –, als ich ihm zugetraut habe. Vampire neigen dazu, im Lauf der Jahre ihre Menschlichkeit zu verlieren. Manchen gelingt es, sie zu behalten, aber man muss sich bewusst darum bemühen. Roman hat das sehr gut gemacht, aber ich dachte … ich hätte nicht gedacht, dass er sich je wieder zu diesem Aspekt des Lebens hingezogen fühlen würde. Sex ist eine Sache, Liebe eine ganz andere.«
In diesem Moment ging die Tür auf, und ein Dienstmädchen kam herein. Die junge Frau knickste. »Der Herr lässt ausrichten, dass Sie gern das Bad benutzen dürfen, falls Sie duschen möchten. Er ist indisponiert, aber Sie möchten sich bitte mit der Limousine nach Hause fahren lassen, und ich soll Ihnen das hier geben.« Sie hielt mir ein Päckchen hin, in goldenes Geschenkpapier gewickelt, mit einer großen Schleife obendrauf. »Ich soll Ihnen sagen, dass es zerbrechlich ist, also bitte seien Sie vorsichtig.«
Ich nahm das Geschenk und las die Karte daran.
Menolly und Nerissa,
bitte nehmt dies als Zeichen meiner Wertschätzung im Hinblick auf Eure bevorstehende Hochzeit. Zu meinem Bedauern werde ich nicht dabei sein können. Aber ich danke Euch für den ausgesprochen angenehmen Abend. Auf ewig Dein bescheidener Liebhaber, Menolly – R.
»Ein Hochzeitsgeschenk.« Ich runzelte die Stirn und tippte mit der Karte an das Päckchen. »Duschen wir zu Hause. Der Wayfarer hat schon geschlossen, also holen wir den Jaguar ab und fahren von dort aus heim.«
Nerissa schien etwas fragen zu wollen, doch ich schüttelte den Kopf. Ich bekam allmählich ein sehr sonderbares Gefühl, und ich wollte raus aus Romans Haus. Sie nickte, und wir zogen uns eilig an.
Der Fahrer setzte uns bei meinem Jaguar ab und wartete, bis wir eingestiegen waren, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Dann fuhr die Limousine zurück zu
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