Vampirsaga 02 - Honigblut
ausschließt, oder auf Xylos, weil er derjenige ist, dem die Königin traut?
Hasdrubal starrte den jüngeren Vampir an. Mitleid. Er blinzelte, als er endlich das Gefühl zuordnen konnte, das ihn jedes Mal überfiel, wenn er Xylos ansah. So sehr er die Meinungen und Lebenseinstellungen des Vampircallboys missbilligte, es war nicht Hass oder Verärgerung, was er empfand, es war Mitleid.
Wieso bin ich dann so wütend? Hasdrubals Blick glitt zurück zu Maeve. Die Königin lächelte. Ein Lächeln, welches Trauer und Verständnis zu gleichen Teilen enthielt und seine stumme Wut erneut anfachte.
„Kümmere dich bitte um die Vorbereitungen für die Sitzung“, Maeves wohlklingende Stimme versetzte seinen Körper in Schwingungen, die er längst vergessen geglaubt hatte – und auch diese Tatsache verärgerte ihn. Jennifer Schreiner Honigblut
Xylos beobachtete, wie Hasdrubal und der junge Vampir Philip den Raum verließen und wartete, bis sie sich weit genug entfernt hatten, um den weiteren Verlauf des Gespräches nicht mehr hören zu können.
„Wieso die Ketten? Und wieso jetzt?“, erkundigte er sich sanft.
„Weil ich jetzt wieder ich selbst bin, und ich weiß, wie es sich anfühlt, nicht mehr Herr über sich selbst zu sein. Es wird keine gefangenen Sklavinnen mehr geben.“
„Was wird mit den Frauen geschehen?“ Xylos erinnerte sich an das Versprechen, welches er Gorgias gegeben hatte, und er hoffte, es halten zu können.
„Sie werden sich aussuchen dürfen, ob sie aus den Ketten wollen …“
„… um zu sterben?!“ Xylos sah Maeve mit großen Augen an.
„… oder erst einmal abwarten wollen. Eine andere Alternative kann ich ihnen nicht anbieten.“
„Doch!“, meinte Xylos. Sein Blick verhakte sich mit dem Maeves. Beide wussten, dass es einen dritten Weg gab, abseits von Tod oder dem verschwundenen Elixier der Hexe, welches die Frauen befreien und Vampire in Menschen verwandeln konnte. Wenn Joel es doch nur endlich finden würde!
„Sie in unsterbliche Vampire zu verwandeln, wäre verheerend.“ Maeves Blick richtete sich nach innen.
„Untote!“, korrigierte Xylos und versuchte ihren Gedanken zu folgen.
„Selbst wenn sich nicht allzu viele von ihnen rächen wollten … es wären einfach zu viele in viel zu kurzer Zeit. Eine viel größere und umfassendere Veränderung in der Vampirgesellschaft als alles jemals Geschehene!“
Xylos nickte. Nichts war schlimmer als die Rache einer gekränkten Frau. Selbst auf ihre Loyalität wegen der Befreiung durch die Königin durfte Maeve nicht hoffen, da sie selbst eine große Mitschuld daran trug, dass die Frauen überhaupt auf diese Art und Weise gefangen gehalten werden konnten.
Schließlich hatte Maeve das Gesetz erlassen, das weibliche Vampire verbot – und nur wegen dieses Gesetzes, welches ihre Zwillingsschwester Morna schützen sollte, hatte die Hexe die Ketten erschaffen, in denen die Frauen jetzt gefangen waren.
„Es muss eine andere Lösung geben“, meinte Xylos. Seine Hand glitt wie von selbst in seine Hosentasche und fand dort Gorgias Kette. Seine Finger schlossen sich um die Glieder des Schmuckstücks, als sei es realer als seine derzeitige Situation.
Ich kann sie nicht hergeben, nicht, wenn ich Wort halten will. Was soll ich Gorgias erzählen, wenn sich seine Frauen für den Tod entschieden? Er konnte es nicht riskieren, ihnen diese Option zu bieten.
„Ruf Edward und Sofia!“, befahl Maeve. Ihr musste plötzlich eine Idee gekommen sein, doch ihre Stimme klang ruhig, und auch in ihrem Gesicht konnte Xylos nicht lesen, was die Königin plante.
„Wieso?“ Im selben Moment, in dem er das Wort ausgesprochen hatte, hätte er sich am liebsten selbst getreten. Man widersprach seiner Königin nicht, und man fragte sie auch nicht nach ihren Gründen für einen Befehl. Trotzdem lächelte Maeve.
„Sie haben die Suppe eingebrockt, sie löffeln es aus!“, vereinfachte sie.
Xylos fühlte sich unter Maeves eindringlichem Blick unbehaglich. Er mochte Sofia wirklich. Deswegen wählte er auch nicht ihre Handynummer, sondern die von Edward. Edward würde vorsichtig sein und eine unterschwellige Warnung verstehen. Jennifer Schreiner Honigblut
Mit wenigen Worten berichtete Xylos von der einberufenen Sitzung, zu der alle Schatten und die Ältesten eingeladen waren. Als er betonte, dass Edward – der ja ohnehin ob seines Amtes anwesend sein würde – auch Sofia mitbringen sollte,
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