Vampirsaga 02 - Honigblut
Schönheit verloren hatte.
Sie war sich sicher, den Geruch schon einmal gerochen zu haben – doch nie in dieser Intensität – und das Wissen blieb direkt unterhalb ihres Bewusstseins, trieb auf den Wellen ihrer Vergangenheit und blieb unfassbar.
Xylos hätte unter Sofias argwöhnischem Blick am liebsten die Augen geschlossen. Er hätte sich denken können, dass sie den Geruch erkannte. Doch Sofia begriff offensichtlich nicht. Konnte mit ihrem vampirischen Geruchsinn, der wesentlich besser war als der eines Menschen, die neuen Informationen im Duft nicht ihrem alten Wissen zuordnen.
Jetzt kam es darauf an, die Antwort so zu formulieren, dass sie als Wahrheit zu erkennen war, und Sofia ihn trotzdem nicht erschoss. Er ließ seine Stimme ruhig und normal klingen, als er sagte: „Es war erst, nachdem ich Magnus gefunden hatte. Und du kennst die Vampirin nicht.“ Wahrheit.
Vampirin?! Sofia nickte und versuchte die Information zu verarbeiten. Sie hatte Xylos für intelligenter gehalten, für standhafter. Wenn er tatsächlich eine Frau zu einem Vampir gemacht hatte, musste es ihm ernst sein. Womit auch immer.
Trotzdem wurde Sofia das nagende Gefühl nicht los, etwas übersehen zu haben, während sie die vier Stufen zur Eingangstür hinaufgingen, und die drückende Melancholie sich schwer um ihre Person legte. Wie kann es sein, dass so viele junge Vampire auf einmal trübsinnig werden? Xylos wirkte nachdenklich, als lausche er auf den Kummer im Inneren des Hauses.
Der Callboy klingelte, doch im Haus antwortete niemand. Kein Geräusch war zu hören. Er ahnte, dass inzwischen Hasdrubal verständigt worden war – und mit ihm die Schatten.
„Siehst du, das hast du jetzt davon, dass du einen lockeren Zeigefinger hast! Die Leute haben Angst vor dir!“
„Immerhin lasse ich mich nicht von jedem dahergelaufenen Vampir finden!“, konterte Sofia.
„Autsch!“ Xylos spielte den Gekränkten. Doch Sofia war erfreut darüber, dass ihr endlich einfiel, was sie übersehen hatte. „Du solltest dein Handy ausmachen!“
„Mein Handy?“ Xylos starrte sie verwirrt an.
„Ja, und dir ein neues anschaffen, eine neue Nummer unter einem anderen Namen.“
„Mein Handy?“ Xylos versuchte einen Zusammenhang zwischen Nemesis Angriff, der Präsenz, Sofias Anwesenheit und der Niedergeschlagenheit der jüngeren Vampire herzustellen.
„Ja! Was denkst du denn, wie ich dich gefunden habe?“
Er starrte die Vampirin an, die bis vor Kurzem noch ein Mensch gewesen war. So also hat Nemesis mich aufgespürt – und der unbekannte Vampir?! Ein Plan formte sich in seinem Hirn. Er musste unbedingt mit Hasdrubal und Maeve sprechen! Jennifer Schreiner Honigblut
KAPITEL 16
Maeve starrte in das Wasser und versuchte sich an ihr letztes Bad zu erinnern. Es gelang nicht.
Wenn sie die Augen schloss, sah sie nicht die moderne Technik, nicht die Badanlagen und sich selbst nicht als Vampir. Die Königin versuchte den aufkommenden Schmerz zu unterdrücken, den die Visualisierung mit sich brachte. Sie selbst als kleines Kind beim Bad in einem Tümpel, ihre Schwester Morna, die versuchte, ihre langen roten Haare zu entwirren.
Wie alt mochten sie damals gewesen sein? Wie alt war sie jetzt? Sie konnte sich nicht mehr erinnern. Nicht einmal mehr daran, wann sie gelebt hatte – oder wo.
„Ist es vorher schon so gewesen?“ Sie drehte sich um und überraschte Hasdrubal, der seinen eigenen Erinnerungen nachgehangen hatte, mit ihrer Frage.
„Was genau?“
„Konnte ich mich auch früher nicht erinnern?“ Als Hasdrubal schwieg, fügte Maeve hinzu. „Ich weiß nichts mehr. Meine erste Erinnerung ist der Schmerz meiner Wiedergeburt als Vampir.“
Die Vampirin ließ ihre Hand in ihr Badewasser gleiten und strich dicht über der Oberfläche durch das feuchte Nass. Die Temperatur war perfekt.
„Meine Königin?“ Hasdrubal starrte auf den schlanken Rücken vor sich. Maeve war so schmal und klein, und doch hatte sie alle Schwäche mit einem Schlag verloren, als ihre Schwester gestorben war. Mornas Tod schien ihr die Kraft zu geben, die lange Jahrhunderte verschwunden gewesen war.
Vielleicht traten jetzt die späten Nachwirkungen auf. Von Mornas Zauber, der wahrscheinlich Maeves Wahnsinn verursacht hatte. Zu gerne hätte Hasdrubal erfahren, was in der Nacht in Edwards Tempel geschehen war. Wie und warum Morna tatsächlich ums Leben gekommen war. Und wie Maeve den Verlust ihrer Schwester
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