Vampirwelt
sich einfach in Luft aufgelöst.«
»Da haben Sie gar nicht mal so unrecht.«
»Moment – wie? In Luft aufgelöst?«
»Ja.«
»Das ist doch nicht möglich.«
»Doch, sie kann es, und es hängt mit ihrem Mantel zusammen, der magische Kräfte besitzt.« Er wollte mehr wissen, das las ich an seinem Gesicht ab, doch ihm alles genau zu erklären, hätte keinen Sinn gehabt, weil es einfach zu viel Zeit verschlungen hätte.
Er sah es ein und meinte: »Es hat wohl keinen Sinn, wenn ich mir darüber Gedanken mache. Ich würde nur die Übersicht verlieren.« Er lächelte. »Jetzt hocken wir hier, und ich denke darüber nach, was es nicht alles gibt. Es ist kaum zu fassen. Vor einigen Tagen stand ich noch mit den Beinen auf dem Boden. Jetzt komme ich mir vor, als hätte man mich in eine fremde Welt hineingestoßen, obwohl es noch immer dieselbe ist. Was habe ich mich über Menschen amüsiert, die bestimmten Vorstellungen nachhingen oder an sie glaubten. Jetzt gehöre ich selbst dazu. Man hat mich in den Pool hineingestoßen, wobei ich nicht einmal weiß, ob ich schwimmen kann oder nicht.« Er fragte mich direkt. »Was meinen Sie, Mister Sinclair, werden wir aus dieser Sache herauskommen?«
»Das ist schwer.«
»Und klingt für mich nicht beruhigend.«
Ich sprach davon, daß es keinen Sinn hatte, wenn wir uns etwas vormachten. »Wissen Sie, Mister Hayer, diese Gestalten sind schrecklich. Sie gehören zu denen, die an der Spitze stehen, die gewisse Regeln setzen, die etwas wollen und ihre Pläne auch durchsetzen, und zwar rücksichtslos. Sie haben das Pech gehabt, ausgerechnet einem schrecklichen Vampir zu begegnen und auch einer Vampirhexe. Beide haben sich verbündet, beide sind tödlich…«
»Aber ich lebe.«
»Sicher.«
»Warum?«
Ich hob die Schultern, um anzuzeigen, daß ich ratlos war.
»Vielleicht deshalb, weil sie ihnen auf eine besondere Art und Weise begegnet sind, Mister Hayer.«
»Muß ich das verstehen?«
Ich lächelte. »Ich begreife es auch nicht. Ich denke nur darüber nach, daß sie etwas versuchen und sich noch in diesem Stadium befinden. Sie haben sich für einen neuen Weg entschlossen und stehen erst am Anfang. Ich denke, daß sie probieren.«
»Deshalb meine Schmerzen?«
»Auch. Sie suchen den Kontakt mit Menschen. Sie befinden sich in ihrer Welt, von der sie ja nicht direkt geträumt, sondern sich praktisch rückerinnert haben. Es ist ihre Vampirwelt. Dort haben sie die Sicherheit gefunden, die sie brauchen.«
»Eine Basis?«
»Sehr gut, ja.«
Tommy Hayer überlegte. Er war ratlos, denn zu einem Resultat kam er nicht. Auf seinem Gesicht zeichnete sich eine Gänsehaut ab. Er spürte, daß das Grauen tief saß und auch gleichzeitig die Furcht vor der Zukunft.
»Warten, nicht wahr?«
Ich nickte.
»Worauf? Auf den Tod?«
»Das hoffe ich nicht, Mister Hayer. Ich denke vielmehr, daß sich unsere Freunde noch einmal melden werden. Wir sind jedenfalls darauf vorbereitet.«
Er wollte lächeln, es mißlang ihm. Er wollte auch aufstehen, wie ich seiner Bewegung entnahm, auch das gelang nicht. Tommy blieb sitzen, die Stirn in Falten gelegt, er sah aus, als würde er über ein Problem nachdenken.
»Haben Sie etwas? Ist Ihnen nicht gut?«
»Das weiß ich auch nicht.« Hayer runzelte die Stirn. Wie schon so oft wollte er über sein Haar streichen, aber seine Hand blieb auf halbem Wege hängen. Für einen Moment pausierte er, dann traf die Hand die Stirn.
Und ich sah die beiden dünnen Blutfäden, die aus den Nasenlöchern rannen…
***
Barry F. Bracht erwachte und hatte das Gefühl, auf weicher Graberde zu liegen. Dabei war es nur die Matratze des Bettes, die er unter sich spürte, aber er tastete sie genau ab, um sich zu vergewissern. Erst dann war er zufrieden.
Bracht lag auf dem Rücken. Er war in Schweiß gebadet. Es lag nicht nur am schwülen Wetter, sondern auch an der vergangenen Nacht und natürlich an seinen Träumen.
Der Mond war verschwunden. Das Grau der Morgendämmerung lag wie ein schmutziger Schatten über der Stadt. Barry hörte die Außengeräusche. Sie drangen ungewöhnlich klar an seine Ohren. Die Welt kam ihm nicht mehr normal vor, sondern mehr als eine Zwischenstation zwischen der Realität und seinen Träumen. Diese waren schlimm gewesen. Sie hatten ihn wieder in seine zweite Existenz hineingepreßt. Er war zu Zebuion, dem Schattenkrieger, geworden, und er war dabei durch eine düstere, angsterfüllte Welt geschwebt, in der das Grauen Gestalt angenommen
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