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Vampirzorn

Vampirzorn

Titel: Vampirzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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einem Grubenarbeiter. Sein Blick war der eines in die Enge getriebenen Tieres, und die Tränensäcke unter den rot geränderten, blaugrauen Augen kündeten von zahllosen schlaflosen Nächten. Jedes seiner Worte, jede Bewegung, verriet deutlich sein Misstrauen, das Ianson bereits während ihres kurzen Telefonats zu spüren bekommen hatte.
    Andererseits hatte sich der Inspektor schon immer einiges auf seine Menschenkenntnis zugutegehalten, und an Strachan fand er nichts, was wirklich sein Missfallen erregte – nun ja, abgesehen davon, dass der Mann ihn offenkundig ablehnte! Doch selbst diese Ablehnung schien mittlerweile im Schwinden begriffen, als Strachan ihm mit einer Handbewegung einen Sessel in seinem tristen Wohnzimmer anbot und fragte: »Kaffee? Jetzt, wo Sie schon mal da sind, können Sie auch eine Tasse mittrinken.«
    Auch Strachan hatte sich ein Urteil über seinen Besucher gebildet, und die offene, ehrliche Haltung des Inspektors machte Eindruck auf ihn. Für einen – noch dazu hochrangigen – Polizisten, der es gewohnt war, dass man ihm zumindest ein Minimum an Respekt entgegenbrachte, war er ein recht umgänglicher Mensch. »Ein Kaffee wäre gut«, antwortete Ianson.
    »Vielleicht mit einem kleinen Schuss?«
    »Ja, danke. Aber wirklich nur einen kleinen.«
    »Was denn, im Dienst?« Strachan war in seiner winzigen Küche verschwunden. Der Inspektor konnte ihn zwar nicht sehen, hörte aber sehr wohl die Überraschung in Strachans Stimme. »Sind Sie sicher?«
    »Das ist kein offizieller Besuch, Gavin – ich darf Sie doch so nennen? Wie gesagt, ich bin einfach auf gut Glück hergekommen.«
    Strachan kehrte aus der Küche zurück, stand da und blickt ihn an. Er hielt eine Flasche guten Whisky und zwei Gläser in der Hand, die er auf einen Beistelltisch stellte, der in Reichweite stand. »Gut!«, meinte er. »Denn wenn Sie von mir verlangen, noch einmal über diese Sache zu reden, werde ich mir einen genehmigen! Sie können mithalten oder es bleiben lassen, ganz wie Sie wollen.«
    Weshalb nicht? Ein kleiner Schluck konnte nicht schaden! Während Ianson sich ein Glas einschenkte, pfiff der Kessel, und Strachan verschwand abermals, um den Kaffee aufzugießen. Die Stimmung war mittlerweile schon wesentlich entspannter. Doch ... als Strachan sich zu guter Letzt ihm gegenüber niederließ und ihn anblickte, konnte der Inspektor die Anspannung, unter der der Mann stand, regelrecht spüren.
    »Also«, begann Strachan in einem Ton, der zeigte, dass er sich in sein Schicksal ergeben hatte, »fangen wir an!« Er hob sein Glas und stürzte seinen doppelten Whisky in einem Zug die Kehle hinunter.
    Ianson sah zu, wie er schluckte. Dann fragte er: »Brauchen Sie das dazu?«
    »George«, entgegnete Strachan (erstaunt registrierte der Inspektor, dass Strachan sich an seinen Vornamen erinnerte), »wenn man dreißig Jahre lang versucht, etwas zu vergessen, und trotzdem immer noch Albträume davon hat, fällt es einem nicht leicht, darüber zu sprechen. Sie wollen wissen, was in jener Nacht oben in dem Tierpark geschehen ist, und ich werde es Ihnen erzählen. Aber Sie hören mir besser genau zu, denn was ich zu sagen habe, sage ich nur ein einziges Mal – danach werde ich nie wieder davon reden!«
    Er zwang sich dazu, sich in seinem Sessel zurückzulehnen, und begann mit halb geschlossenen Augen, abwechselnd an seinem Kaffee und seinem Whisky nippend, zu erzählen ...
    Es war eine jener gewissen Nächte.
    Man braucht bloß einen Polizisten zu fragen, ganz gleich wo auf der Welt, und er kann einem sagen, was es mit dieser speziellen Nacht auf sich hat, in der aus heiterem Himmel auf einmal alles gleichzeitig passiert. In so einer Nacht also wurde Constable Gavin Strachan von den Ereignissen im Wildreservat von Kincraig überrascht.
    Doch in den Highlands? Und noch nicht einmal an einem Freitag- oder Samstagabend, wo man davon ausgehen konnte, dass die jungen Burschen auf den diversen Festen oder beim Dorftanz ein paar Gläser zu viel intus und nur noch Augen für die Mädchen der anderen Burschen hatten.
    Tatsache war, es war an einem Mittwoch geschehen, in einer Nacht, in der es selbst Mitte Mai noch eiskalt war, die Art von Nacht also, in der jeder, der auch nur einen Funken Verstand besaß, zu Hause hinter dem Ofen blieb und sich die Füße wärmte. Jeder – nur nicht ein Polizist im Dienst! Das Schlimmste, womit Strachan während der vergangenen drei Monate zu tun gehabt hatte, war ein übler Verkehrsunfall auf eisglatter

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