Vampyr
auf.
Blinzelnd betrachtete sie Daeron, der im Schein des Kaminfeuers über ihr kniete. Er musste eben erst zurückgekehrt sein, denn er trug noch immer seinen Mantel und das Schwertgehenk. Sie glaubte schon, er hätte die Vorhänge erneut vorgezogen, als sie jedoch zum Fenster sah, starrte ihr die Schwärze der Nacht durch die Scheiben entgegen.
»Martáinn!« Sie fuhr abrupt hoch und geriet ins Wanken. Sofort griff Daeron nach ihr um sie zu stützen.
»Bei Gott, Catherine, was ist passiert? Bist du verletzt? Wo ist –«
Seine Worte gingen in einem Rauschen unter. Ihr Kopf schmerzte und sie spürte eine eigenartige Schwäche in ihren Gliedern. Ein vertrautes Gefühl, das sie während der vergangenen Tage auf Schritt und Tritt begleitet hatte.
Nein! Sie wollte nicht wahrhaben, dass sie so kurz nachdem sie Daerons Blut gehabt hatte, schon wieder den Drang danach verspüren sollte. Musste sie wirklich erst einen Menschen aussaugen, um ihren Blutdurst wenigstens für eine Weile zu stillen? Die bloße Vorstellung ließ sie erschauern. Sie zwang sich, den Gedanken an Nahrung von sich zu schieben und ihre Aufmerksamkeit auf die Probleme zu richten, die unmittelbar vor ihr lagen.
»War er das?« Catherine wandte sich ihm zu. »Roderick«, wiederholte er, während sie noch versuchte den Sinn seiner Worte zu erfassen. »Hat er das getan?«
Sie nickte und machte sich darauf gefasst, dass der Schmerz ihren Körper durchzucken würde, doch er blieb aus. Erstaunt schöpfte sie neuen Mut. »Er ist –«, setzte sie an und brach schlagartig ab, als die Qual wie ein heißes Eisen durch ihren Leib fuhr. »Er will –« Keuchend krümmte sie sich zusammen. Brennender Schweiß rann ihren Rücken hinab. Ihre Haut schien in Flammen zu stehen. Dennoch versuchte sie es erneut. Dieses Mal wollte es ihr nicht einmal mehr gelingen, den Mund zu öffnen.
»Um Gottes willen, hör auf!«
Die Angst in seiner Stimme griff nach ihr. Catherine hielt sich daran fest, als wäre sie ein Seil, das sie vor dem Absturz bewahren konnte. Ihre Finger gruben sich in Daerons Schultern, während sie verzweifelt nach einem Weg jenseits des Schmerzes Ausschau hielt. Auf seine erste Frage hatte sie ihm ohne Schwierigkeiten geantwortet. Warum? Fieberhaft suchte sie nach einer Erklärung, als ihr klar wurde, dass sie ihm gar nicht geantwortet hatte.
»Frag mich noch einmal!«, verlangte sie, kaum dass sie wieder zu Atem gekommen war.
»Ich werde nicht –«
»Tu es!«
In seinen Augen kämpften Sorge und der Wunsch, ihr zu helfen, gegeneinander an. Es dauerte einen Moment, bevor seine Lippen erneut eine Frage formten. »War dein Vater hier?«
Catherine nickte. Nichts geschah. »Frag weiter!«
»Du kannst …« Er stieß erleichtert den Atem aus. »Hat Martáinn die Nachricht bekommen?«
Sie schüttelte den Kopf. Wieder kein Schmerz. Nur der Schrecken in Daerons Zügen angesichts der schlimmen Neuigkeiten.
»Wo ist er? Wo ist Martáinn?« Sobald er begriff, dass sie die Frage nicht beantworten konnte, fragte er: »Ist er noch in der Burg?«
Wieder schüttelte sie den Kopf.
Daeron sprang auf und riss sie mit sich auf die Beine. »Du bleibst bei mir, solange ich nicht weiß, wo er ist und ob auch du in Gefahr bist. Komm mit!« Er packte sie bei der Hand und zog sie mit sich auf den Flur hinaus.
Catherine mochte eine Möglichkeit gefunden haben, seine Fragen zu beantworten, von dem Medaillon jedoch konnte sie ihm auf diese Weise nichts erzählen. Noch immer wusste sie nicht, welchen Zweck es erfüllen sollte, doch ebenso wenig ließ sich die Erinnerung daran abschütteln, wie bedrohlich es sich angefühlt hatte.
Sie rannten den Gang entlang, nach unten in die Eingangshalle. Nirgendwo begegnete ihnen eine Menschenseele. Dun Brònach war wie ausgestorben, denn bis auf ein paar Wachen hatten sich die Bewohner in die Kirche zurückgezogen, um Schutz vor der Ushana zu erflehen, ehe sich alle um Mitternacht am Marktplatz versammeln würden, wo die Feierlichkeiten ihren Höhepunkt fanden, wenn Martáinn den Scheiterhaufen entzündete.
In der Halle stieß Daeron die Tür auf und zog Catherine mit sich in die Kälte der Nacht hinaus. Er überquerte den Burghof so schnell, dass sie Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten. Erst am Tor hielt Daeron inne und wandte sich an einen der Clanskrieger, die hier Wache hielten.
»Hast du den Earl gesehen?«
Der Krieger nahm Haltung an. »Ja, Herr! Er hat die Burg noch vor Einbruch der Dämmerung verlassen.«
Für einen
Weitere Kostenlose Bücher